Das letzte Mal (German Edition)
ab.
»Du lebst!«, ruft Mama aus. So übertrieben ich es auch finde, sie hört sich verdammt erleichtert an.
»Natürlich lebe ich«, gebe ich gelassen zurück, als sei es völlig normal, dass ich mich nach Trillionen Anrufen erst einen Tag später bei ihr melde. Wie kann Mama daran zweifeln? Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas Dummes angestellt, ich schwöre. Und dass ich noch vor der 30 damit anfange, glaube ich einfach nicht. Dafür bin ich zu glücklich.
Upps, was hat sie grad gesagt?
Ich bin abgedriftet, aber Mama holt mich sofort in die Realität zurück und packt fünf Fragen in eine: »Was ist passiert, wo hast du gesteckt, geht es dir gut, wann kommst du, du kommst doch?«
Ich gerate ins Trudeln: »Ich komme wohin?«, frage ich vorsichtig nach und denke für einen Augenblick, dass ich mich vielleicht an noch mehr nicht erinnern kann. Ich schließe die Augen und gehe in Gedanken zurück ins alte Jahr: Ich sehe mich im Club mit Kate, ich sehe mich die Mascara nachtuschen für den Abend, ich sehe mich die Tage davor bei Energy Solutions Verträge ablegen, den letzten Status der Projekte vermerken und aufräumen und ich sehe mich beim Weihnachtsessen meiner Eltern. Nein, alle Tage sind da, nur dieser eine nicht, wie ich mir widerstrebend eingestehen muss. Wovon redet Mama?
»Das Neujahrstreffen, in einer Woche«, plaudert Mama weiter, als sei das die natürlichste Antwort von allen.
Bei mir macht es nicht mal ein superleises Klick. »Ach ja«, sage ich vage.
»Elizabeth Schneider, mein liebes Fräulein, du wirst doch wohl nicht das Essen vergessen haben! Die ganze Familie kommt, in einer Woche, und es gibt Pute und du hast versprochen, dass du uns ebenfalls endlich einmal wieder mit deiner Anwesenheit beehren wirst.« Keine Frage, Mama regt sich wahnsinnig auf. Doch ich bin mir immer noch keiner Schuld bewusst. Seit wann verspreche ich, bei so vielen Unds dabei zu sein? Ich blättere hektisch in meinem Jahreskalender. Kein Eintrag.
»Ach, DAS Treffen«, schauspielere ich Erinnern und trage mir dick mit einem Seufzen den Tag nach. Ich habe immer noch keine Ahnung, aber das muss Mama ja nicht erfahren. »Natürlich komme ich.« Erster Anruf erledigt. Jetzt muss ich mich unbedingt bei Kate melden, schießt mir durch den Kopf. Wenn sie nicht weiß, was passiert ist, wer der Latino ist und welche anderen Typen noch dabei waren, wer sonst?
Summend krame ich in meinem Kleiderschrank und schlüpfe endlich in Jeans und Pulli. Dann mache ich mir Kaffee und tippe auswendig Kates Nummer.
»Wo zum Henker hast du gesteckt?! Alle haben sich Sorgen gemacht. Alle haben mich angerufen. Was sollte das denn?«, sind Kates erste Worte an mich im neuen Jahr, noch bevor ich überhaupt ,hallo‘ sagen kann. So als hätte sie nur auf einen Anruf von mir gelauert. Sie klingt absolut vorwurfsvoll und absolut nicht nach der Kate, die ich, seit ich denken kann, kenne und meine beste Freundin nenne.
»Kate?«, frage ich zögerlich, weil ich nicht weiß, ob sie gleich noch einen Schwall loslässt und ich besser den Hörer etwas beiseite nehme, oder ob ich jetzt etwas sagen kann.
»Ja?«, meint Kate knapp, nur einen Deut weniger muffelig.
Ich imitiere die Taktik meiner Mama: »Du bist zu Hause, bleibst zu Hause und hast mein Handy?«
Für einen Moment bleibt es still und ich ertappe mich dabei, wie ich an einem meiner todschick manikürten Silvester-Fingernägel herumkaue. Dann höre ich sie durch den Hörer lächeln. Ich sehe Kate förmlich vor mir. Ihre Mundwinkel ziehen sich erst in die entgegengesetzten Richtungen, dann springen die Lippen auf, die Zähne blitzen hervor, die Augen bekommen Fältchen und leuchten warm. »Gleich drei Fragen auf einmal, das geht aber wirklich nicht!« Gottseidank, sie hat ihren Humor wieder!
»Die Antwort lautet also ‚Ja‘?«, dränge ich Kate zu einem Statement, während ich schon versuche in meine Stiefel zu steigen und dabei den Hörer nicht fallen zu lassen.
»In guten wie in schlechten Zeiten: Ja!«
Was für Kate nur ein Scherz ist, dreht mir aus irgendwelchen Gründen den Magen um. Mir wird heiß und kalt. Mein Herz rast plötzlich. Je schneller ich erfahre, was überhaupt los ist, desto besser, denke ich. Ich sprinte los, als würde jede Sekunde zählen. Ich habe nie im Leben Mist gebaut. Also lass sich bitte alles ganz schnell aufklären!
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