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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Weinglas und sagt: »Ein großes, altes, fest geba u tes Haus. Nicht auf dem Festland, sondern auf der Insel?«
    Und Angel Delaporte sieht sie über die Schulter an, ihre Hü f ten, dann ihre Brüste in der rosa Arbeitskleidung, dann ihr G e sicht. Er blinzelt, schüttelt leicht den Kopf und sagt: »Keine So r ge, so grau ist Ihr Haar doch gar nicht.«
    Wange und Schläfe, alles um sein Auge herum ist mit weißem Gipsstaub bepudert.
    Und Misty, deine Frau, hält ihm die offene Hand entgegen, Handfläche nach oben, die Haut entzündet und rot. Sie sagt: »He, wenn Sie nicht glauben, dass ich ich bin«, sagt sie, »kö n nen Sie an meiner Hand riechen.«

30. Juni
    Deine arme Frau, sie rennt vom Speiseraum zum Musikzi m mer, packt silberne Leuchter, kleine vergoldete Kam i nuhren und Meißner Porzellanfigürchen und stopft das alles in einen Kop f kissenbezug. Misty Marie Wilmot hat die Frühstücksschicht hi n ter sich, und jetzt plündert sie das große Haus in der Birch Street. Wie ein verdammter Einbrecher rafft sie im eigenen Haus silbe r ne Zigarettenetuis und Pillen-und Schnupftabakdosen zusa m men. Von Kaminsimsen und Nachttischen nimmt sie Salzstreuer und Krimskrams aus Elfenbein. Hinter sich schleift sie den schwereren Kissenbezug her, in dem Saucieren mit Goldbro n zenrand und handbemalte Porzellanta b letts klappern.
    Noch immer in ihrer rosa Arbeitskleidung, dicke Schweißfl e cken unter den Armen. Namensschildchen an die Brust gehe f tet, und schon reden alle Fremden im Hotel sie mit Misty an. Deine arme Frau. Sie hat denselben b e schissenen Restaurantjob wie ihre Mu t ter.
    Unglücklich bis ans Ende aller Tage.
    Anschließend rennt sie nach Hause zum Packen. Ihr Schlüsse l bund rasselt wie Ankerketten. Ein Schlüsselbund wie ein Büschel aus eisernen Weintrauben. Lange und kurze Schlüssel. Fanta s tisch gekerbte Dietriche. Messing-und Stahlschlüssel. Hoh l schlüssel, hohl wie Gewehrläufe, manche groß wie Pistolen, die eine stinksaure Frau sich ins Strumpfband steckt, um ihren schwachsinnigen Mann zu erschießen.
    Misty stößt Schlüssel in Schlösser, um zu sehen, ob sie sich öf f nen lassen. Sie probiert die Schlösser an den Türen von Schrä n ken und Schränkchen. Sie probiert einen Schlüssel nach dem a n dern. Reinstecken und drehen. Und immer, wenn ein Schloss aufspringt, stopft sie etwas in den Kissenbezug, vergoldete K a minuhren und silberne Serviettenringe und Kompot t schalen aus Bleikristall, und schließt die Tür dann wieder ab.
    Heute ist Auszugstag. Wieder ein längster Tag des Ja h res.
    In dem großen Haus an der Birch Street sollten eigentlich alle packen. Aber nein. Deine Tochter kommt mit insg e samt nichts die Treppe runter, was sie für den Rest ihres Lebens anziehen könnte. Ihre verrückte Mutter ist immer noch am Putzen. I r gendwo im Haus schleift sie den alten Staubsauger herum, auf Händen und Knien zupft sie Fädchen und Fusseln aus den Te p pichen und hält sie vor die Staubsaugerdüse. Als ob es irgende i ne Sau interessiert, wie die Teppiche aussehen. Als ob Familie Wilmot hier jemals noch mal wohnen wird.
    Deine arme Frau, dieses dumme Gör, das vor einer Million Ja h ren aus irgendeiner Wohnwagenkolonie in Georgia hierher g e kommen ist, sie weiß nicht, wo anfangen.
    Natürlich hat Familie Wilmot das kommen sehen. Du wachst nicht einfach eines Tages auf, und plötzlich sind alle Konten leer geräumt. Das ganze Geld der Familie ve r schwunden.
    Es ist erst Mittag, und sie versucht ihren zweiten Drink noch hinauszuschieben. Der zweite ist nie so gut wie der erste. Der erste, der bringt's. Eine kleine Verschnaufpause. Ein Schlüc k chen, das ihr Gesellschaft leistet. Nur noch vier Stunden, bis der Mieter w e gen der Schlüssel kommt. Mr. Delaporte . Bis sie das Haus räumen müssen.
    Es ist nicht mal ein richtiger Drink. Sondern ein Glas Wein, und auch davon nur höchstens ein, zwei Schlucke. Man will nur wi s sen, dass es in der Nähe ist. Wissen, dass das Glas noch halb voll ist. Das ist schon ein Trost.
    Nach dem zweiten Drink nimmt sie ein paar Aspirin. Noch ein paar Drinks, noch ein paar Aspirin, damit kommt sie durch den Tag.
    In dem großen Wilmot-Haus an der East Birch Street, gleich hinter der Haustür, erblickst du etwas, was wie Graffiti au s sieht. Deine Frau schleppt das Kopfkissen mit ihrer Beute he r um, und da sieht sie es plötzlich - etwas ist an die Innenseite der Haustür gekritzelt. In Bleistift, Namen und Daten auf dem weißen A n strich.

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