Das Letzte Ritual
wollte, ist dann aber wegen des Geldes von einem seiner angeblichen Freunde ermordet worden. Sie könnten doch das Geld gestohlen haben, oder? Es wurden schon für kleinere Summen Morde begangen.«
Matthias stimmte ihr zu. Er schaute auf die Uhr und sah Dóra nachdenklich an. »Die Maschine aus Frankfurt ist um halb vier gelandet.«
»Verdammt«, rutschte es Dóra heraus. »Ich kann jetzt nicht mit Frau Guntlieb sprechen, es geht einfach nicht. Wenn sie mich nach meinen eigenen Kindern fragt, was soll ich denn dann sagen? Ja, liebe Frau Guntlieb, mein Sohn ist außerordentlich frühreif – habe ich Ihnen schon erzählt, dass er Vater wird? «
»Glaub mir, sie interessiert sich nicht für deine Kinder«, sagte Matthias ruhig.
»Es ist auch nicht gerade leichter, über ihren Sohn zu reden. Wie kann ich ihr ins Gesicht schauen und ihr erzählen, dass Harald einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, um ihr das Leben zur Hölle zu machen und sie am Ende ins Grab zu bringen?« Dóra suchte Matthias’ Blick in der Hoffnung auf eine erbauliche Antwort.
»Ich überbringe ihr die Neuigkeiten, mach dir keine Sorgen. Du kommst trotzdem nicht darum herum, mit ihr zu reden. Wenn nicht heute, dann morgen. Die Frau hat den langen Weg auf sich genommen, um mit dir zu sprechen, das weißt du doch. Als sie mir gesagt hat, sie will dich persönlich kennen lernen, klang ihre Stimme viel entspannter als je zuvor. Du brauchst keine Angst zu haben.«
In Dóras Ohren klangen seine Worte nicht sehr überzeugend. »Rufen sie uns an oder wie soll das vonstatten gehen?«
»Sie rufen an, wenn sie im Hotel sind.« Er schaute auf die Uhr. »Wahrscheinlich bald. Ich kann aber auch anrufen, wenn du möchtest.«
Uff. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Dóra konnte sich nicht entscheiden. »Ja, ruf an«, sagte sie plötzlich, nur um im nächsten Moment hinzuzufügen: »Nein, tu’s nicht!«
Bevor sie ihre Meinung noch einmal ändern konnte, klingelte Matthias’ Handy. Dóra stöhnte, als er das Telefon in die Hand nahm, sie anschaute und sagte: »Das sind sie.« Er drückte auf die Antworttaste. »Hallo, hier ist Matthias.«
Dóra konnte nicht viel verstehen, hörte nur den fernen Klang einer Stimme am anderen Ende der Leitung. Das Gespräch wirkte sehr oberflächlich: »Wie war der Flug?« »Wie bedauerlich.« »Ihr habt doch den Namen des Hotels, nicht wahr?« und so weiter. Das Telefonat endete mit Matthias Worten: »Bis später. Auf Wiederhören.« Er schaute zu Dóra und lächelte. »Du hast Glück, alte Großmutter.«
»Wieso?«, fragte Dóra gespannt. »Ist sie nicht mitgekommen?«
»Doch, sie ist mitgekommen. Aber sie hat Migräne und möchte das Treffen mit dir auf morgen verschieben. Das war Elisa; sie sind mit dem Taxi unterwegs zum Hótel Borg. Elisa möchte uns in einer halben Stunde dort treffen.«
29. KAPITEL
Die junge Frau sah ihrer Mutter überhaupt nicht ähnlich, war aber ebenso attraktiv. Sie hatte den dunklen Teint ihres Vaters geerbt, und ihr gesamtes Erscheinungsbild war dezent: das lange, glatte Haar zum Zopf gebunden, elegante, schwarze Hose und schwarze Seidenbluse. Der einzige sichtbare Schmuck war ein Diamantring am Ringfinger ihrer rechten Hand, derselbe Ring, den Dóra auf dem Küchenfoto gesehen hatte. Elisa war sehr schlank und als Dóra ihr die Hand schüttelte, kam sie ihr fast zerbrechlich vor. Matthias wurde überschwänglich begrüßt; Elisa umarmte ihn und sie gaben sich Küsschen auf die Wange.
»Wie geht es dir?«, fragte er, nachdem er Elisa wieder aus seiner Umarmung freigegeben hatte. Dóra fiel auf, dass er sie nicht siezte, was in Anbetracht seiner Position als Angestellter der Familie zu erwarten gewesen wäre. Matthias stand diesen Leuten offenbar näher oder hatte eine höhere Position in der Firma, als sie gedacht hatte.
Elisa zuckte mit den Schultern und lächelte schwach. »Nicht besonders«, sagte sie. »Die letzte Zeit war nicht leicht.« Sie wendete sich an Dóra. »Ich wäre schon viel früher gekommen, wenn ich gewusst hätte, dass Sie mit mir sprechen wollen. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass mein Besuch bei Harald wichtig sein könnte.«
Dóra fand diese Einstellung sonderbar; schließlich hatte der Besuch kurz vor dem Mord stattgefunden. Aber sie sagte nur: »Jetzt sind Sie ja da.«
»Ja, als Matthias anrief, hab ich sofort ein Flugticket gekauft. Ich möchte Ihnen helfen«, erklärte sie und es klang überzeugend. Dann fügte sie hinzu: »Und meine Mutter
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