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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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Molesworth von Trincomalee - verwarfen diese Idee, als sich herausstellte, dass Schiaparellis »canali« lediglich zufällige Muster waren, die ihm eine optische Täuschung als gerade Linien vorgaukelte.
    Die drei ersten Mariner-Missionen beendeten die Debatte, als sie Bilder von einer Oberfläche zurückschickten, die trocken, kalt und von Kratern übersät war. »Aber«, schloss Dr. Vorhulst, »seitdem wurden von der Marsoberfläche bessere Bilder gemacht, und die lassen erkennen, dass es dort irgendwann einmal fließendes Wasser gegeben haben muss. Jetzt ist es natürlich versiegt, aber in der Vergangenheit strömten riesige, verzweigte Flusssysteme über diesen Planeten, diese Erkenntnis kann als gesichert gelten. Dadurch bekamen die Anhänger der Theorie von Leben auf dem Mars wieder Auftrieb. Später trat dann eine Phase der Ernüchterung ein, das Pendel schwang sozusagen zurück. Wer könnte Recht haben?« Dr. Vorhulst ließ seinen Blick über seine Zuhörerschaft wandern und grinste. »Ich denke, die Wahrheit finden wir nur heraus, wenn wir ein paar Leute dorthin schicken, ausgerüstet mit jeder Menge Grabwerkzeug.«
    Er legte eine Pause ein. Dann fuhr er fort: »Wahrscheinlich fragen Sie sich jetzt, wonach sie buddeln sollten. Aber ehe ich darauf antworte, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie noch einen Ort im Sonnensystem kennen, den wir bis jetzt ausgespart haben?«

    Eine Weile herrschte Schweigen, während hundert Studenten an ihren Fingern abzählten - Merkur, Venus, Erde, Mars -, bis eine junge Frau in der ersten Reihe rief: »Meinen Sie vielleicht den Mond, Dr. Vorhulst?«
    Er blickte auf ihr Namensschild, dann tippte er grüßend an seine Stirn. »Richtig, Roshini. Doch ehe wir über den Mond sprechen, möchte ich Ihnen Bilder von einem Ort zeigen, an dem ich tatsächlich gewesen bin, nämlich Hawaii.«
    Er drehte sich um zu dem großen Wandbildschirm, auf dem nun ein bei Nacht aufgenommenes Foto von einer dunklen Bergflanke zu sehen war, die ins Meer abfiel. Der Hang war gesprenkelt mit Klecksen aus rotglühenden Feuern wie der Lagerplatz einer Armee, und wo diese Flecken den Ozean erreichten, entstanden heftige, feuerwerkartige Entladungen, die flammende Meteore über die Wasseroberfläche schleuderten.
    »Das ist Hawaii«, erklärte Vorhulst. »Die Hauptinsel. Der Vulkan Kilauea bricht aus, und was Sie hier sehen, ist Lava, die ins Meer fließt. Während des Fließvorgangs kühlt jeder dieser kleinen Ströme an der Außenseite ab, und es bilden sich Röhren aus hartem Stein, durch die sich die flüssige Lava ergießt. Manchmal bricht die Lava jedoch durch die Röhre hindurch. Dann entstehen diese vereinzelten Flecken aus glühend heißer Lava.« Er ließ den Studenten Zeit, um sich zu wundern, wieso er ihnen Bilder von Hawaii zeigte, wenn sich das eigentliche Thema doch um den Mond drehte. Dann betätigte er wieder die Fernbedienung, und nun erschien auf dem Schirm Dr. Vorhulst selbst zusammen mit einer ziemlich gut aussehenden jungen Frau in einem knappen Sommerkleid. Sie standen vor etwas, das aussah wie der mit Pflanzen überwucherte Eingang zu einer Höhle mitten im tropischen Regenwald.
    »Diese Dame ist Annie Shkoda«, erzählte Vorhulst. »Sie war meine Beraterin, als ich in Hilo an meiner Dissertation arbeitete - und ehe Sie sich jetzt über uns irgendwelche Gedanken machen, lassen Sie mich hinzufügen, dass sie ungefähr einen Monat, nachdem dieses Foto entstand, einen anderen geheiratet
hat. Worüber wir uns gleich unterhalten werden, ist die Thurston-Lavaröhre, wie sie von den Amerikanern genannt wird. Ich bevorzuge den hawaiianischen Namen Nahuku, denn der Mann namens Thurston, nachdem diese Röhre benannt wurde, hatte mit diesem Phänomen nicht das Geringste zu tun. Er war nur ein Zeitungsverleger, der sich für die Schaffung des vulkanischen Nationalparks einsetzte. Wie auch immer, vor ungefähr vier-oder fünfhundert Jahren brach der Kilauea aus - möglicherweise auch schon früher der Mauna Loa. Dieser Vulkan spuckte Lava; die Lava bildete Röhren. Als der Lavafluss versiegte, rann das flüssige Magma aus den Röhren heraus. Diese blieben jedoch als große Tunnel im Fels erhalten. Im Laufe der Zeit wurden sie unter Schlamm und Dreck und Gott weiß was begraben, aber es gibt sie immer noch.« Er legte eine Pause ein und ließ den Blick über die Reihen der Studenten wandern. »Kann sich jemand von Ihnen vorstellen, was das mit dem Mond zu tun hat?« Zwanzig Hände hoben sich

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