Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten

Das Leuchten

Titel: Das Leuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Falls
Vom Netzwerk:
absolut verboten. Ein verlassenes U-Boot zu erkunden: jenseits des Vorstellbaren. Jetzt musste ich mich hier verstecken, bis sich die Haie wieder verzogen hatten. Das war das Klügste, was ich tun konnte. Und das Sicherste. Meinen Eltern würde ich ohnehin nichts von dem Boot und den Haien erzählen. Es bereitete ihnen schon genug Kopfzerbrechen, dass eine Bande von Gesetzlosen unsere Territorien unsicher machte.
    Als der letzte Rest Meerwasser durch den Gitterrostboden gesickert war, öffnete ich mein Helmvisier und holte tief Luft. Sie roch widerlich, aber sie erfüllte ihren Zweck: Das Liquigen in meiner Lunge verflüchtigte sich. Ich knipste meine Taschenlampe an, öffnete die nächste Luk e – und befand mich mit einem Mal mitten in einem Albtraum.
    Alles in dem Geräteraum troff vor Blut, es tropfte von den Wänden, Bänken und Schränken. Es schimmerte rot in den Pfützen, die sich um die wild verstreuten Werkzeuge am Boden gebildet hatten. Ich hielt die Luft an, als ob dies den scharfen metallischen Geruch, der mir in die Nase stieg, vertreiben konnt e – ein Geruch, der mich an die blutüberströmten Decks von Walfängern erinnerte.
    Fischer hatten hier sicher etwas Großes abgeschlachtet, versuchte ich mir einzureden. Vielleicht einen Sonnenbarsch oder einen Fächerfisch. Also kein Grund, sich zu fürchten. Es sei den n … Vorsichtig tastete ich mich weiter in den Raum hinein. Wie sehr er auch um sich geschlagen hätte, ein Fisch im Todeskampf konnte unmöglich den Waffenschrank leer fegen, geschweige denn ihn von der Wand reißen.
    Ich ging um den umgestürzten Schrank herum, ließ das Licht meiner Taschenlampe über die ausgeplünderten Regale gleiten und nestelte an meinem Halsring. Sonst störte mich mein Helm nicht, wenn er auf dem Rücken meines Taucheranzugs hing, aber jetzt schnürte er mir die Luft ab. Die Haie draußen trugen auch nicht gerade zu meiner Beruhigung bei, sie klatschten gegen das Boot und suchten einen Weg zu mir.
    Sobald das Klopfen der Haie aufhörte, würde ich in den Sonnenlichtbereich auftauchen und das tun, was ich eigentlich längst hätte tun sollen: etwas Essbares jagen. Aber das Klopfen hörte nicht auf, sondern wurde immer lauter. Schlimmer noch, jetzt erst begriff ich, dass ich gar keine Haie hörte, sondern Schritte.
    Ich knipste die Taschenlampe aus und ließ mich von der Dunkelheit einhüllen. Das Boot mochte gespenstisch und voller Blut sein, aber das, was hier durch den Gang stapfte, war ganz bestimmt kein Geist. Lautlos streifte ich meine Handschuhe ab und zog die Unterwasserharpune aus dem Rückenhalfter.
    Es gibt vielleicht keine Geister, aber es gibt Gesetzlose.
    Schon seit Monaten versetzte die Seablite-Gang die Siedlungen in Angst und Schrecken. Die Bande überfiel jedes Versorgungsschiff, das in unsere Nähe kam. Oft hatte ich mich gefragt, was ich tun würde, wenn sie mir in die Quere kämen.
    Wie es aussah, musste ich nicht mehr lange auf die Antwort warten.
    Ich hob die Harpune über meine Schulter und ließ das kalte Metall durch meine Finger gleiten. Aber dann griff ich daneben und bekam den Riemen gerade noch zu fassen, ehe das Ding polternd auf den Boden fiel. Die Schritte auf dem Gang wurden schneller.
    Ich duckte mich hinter eine Kiste und zielte auf die Tür. Als die Schritte näher kamen, krümmte ich die Finger um den Abzug und versuchte, tief durchzuatmen. Aber mein Arm wollte nicht aufhören zu zittern. Einen hungrigen Tigerhai zu erschießen war eine Sache, aber einen Menschen aufzuspießen, selbst wenn es ein gemeiner Gesetzloser war, war etwas ganz anderes. Ich wusste nicht, ob ich das fertigbrachte. Plötzlich glitt ein heller Lichtstrahl durch den Raum, strich über mein Gesicht und blendete mich. Ich hob die Harpune etwas höhe r – und im selben Moment gellte ein Schrei durch das Boot. Schlagartig erlosch das Licht. Ich richtete mich auf, lief in den Gang und folgte dem Echo der Schritte bis auf die Brücke.
    Das war kein Gesetzloser.
    Das war ein Mädchen!
    »Ich tu dir nichts!«, rief ich.
    Keine Antwort.
    »Sieh her!« Ich machte meine Lampe an und richtete den Strahl auf die Harpune, während ich sie in das Halfter zurücksteckte. »Du brauchst keine Angst zu haben.«
    Auf der Brücke herrschte das gleiche Durcheinander wie im Maschinenraum, aber wenigstens waren hier keine Blutlachen. Die Bedienungspulte waren aus den Verankerungen gerissen und Kabel baumelten von der Decke herab. Einige davon schwankten wie Seetang hin und her,

Weitere Kostenlose Bücher