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Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen

Titel: Das Lexikon der daemlichsten Erfindungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix R. Paturi
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Durchsuchungsbefehl. Schlimmer noch: Die gespeicherten Daten lassen sich nicht nur lesen, sondern auch verändern. Diese Manipulation gibt die Möglichkeit, Fakten zu verfälschen und dem Ausgespähten vorsätzlich Dinge zu unterstellen, die in Wirklichkeit gar nicht zutreffen.
    Aber es soll noch besser kommen: Nicht allein Väterchen Staat und dessen geheimdienstliche Schergen können das offiziell als Remote Forensic Software
     ( RFS )bezeichnete Spionage- und Manipulationsprogramm nutzen, sondern im Grunde jeder begabte Hacker, denn es ist laut
     Analyse der CCC -Experten so unsicher programmiert, dass man es sich ohne allzu große Mühe zu eigen machen kann. Darüber hinaus
     läuft das System auch noch über einen Server in den USA . Das heißt, nicht nur Big Brother in Berlin is watching you, sondern
     zugleich der noch viel größere Bruder im weltweit aktivsten Überwachungsstaat. Dadurch könnten zugleich potenzielle illegale Machenschaften der deutschen
     Regierung geschickt verschleiert werden   – sie könnten doch auch irgendwo im Ausland initiiert worden sein. Die Regierung
     störten die Erkenntnisse des CCC , und sie beklagte sich über den Chaos Computer Club. Doch wie sieht die Rechtslage nun aus?
    Eigentlich ist der Bundestrojaner kein stolzes Kriegsross, sondern eine große Schweinerei.
    Bereits im März 2005 veranlasste der damalige Innenminister Otto Schily ( SPD )   – Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, hatte ihn darum gebeten   –, die Möglichkeiten zum Ausspionieren privater Computer zu erforschen und zu entwickeln. Schily setzte dieses Prozedere durch eine geheime Dienstanweisung in Gang. Das Parlamentarische Kontrollgremium erfuhr davon erst Monate später. Zur gesetzlichen Umsetzung der Durchsuchung privater Räume gab das Grundgesetz indes keinen Spielraum und einer geforderten Änderung stimmte das Bundesverfassungsgericht nicht zu. Doch störte das weder den Innenminister noch den Verfassungsschutz.Sie flüchteten sich hinter juristische Auslegungsfinessen der Paragraphen. Eine Hausdurchsuchung finde schließlich nicht statt, da ja niemand körperlich in eine Wohnung oder ein privates Büro eindringe. Über virtuelle Einbrüche in private Computer sei im Grundgesetz keine Rede. Wie auch, gab es doch bei dessen Abfassung 1949 noch gar keine PC s.
    Allerdings formulierte das Bundesverfassungsgericht ein neues Gesetz für diese rechtsfreie Zone: das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, das nun auch Online-Durchsuchungen betrifft. Doch auch dieses Gesetz hat sein Schlupfloch: Es gilt juristisch gesehen als möglich, eine (präventive) Online-Durchsuchung dann durchzuführen, wenn sie einer Strafverfolgung dient (repressive Online-Durchsuchung) oder wenn es gilt, »eine konkrete Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut« abzuwenden. Diese Gefahr muss aber zuerst nachgewiesen werden, und ein Gericht muss die Durchsuchung im Einzelfall genehmigen. Davon machte ein Ermittlungsrichter denn auch Gebrauch, als er den Antrag des Generalbundesanwalts auf eine Online-Durchsuchung ablehnte. Er begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass eine solche Maßnahme ohne Wissen des Betroffenen stattfindet, während das Gesetz für eine herkömmliche Durchsuchung die Anwesenheit von Zeugen, vor allem aber des Bewohners oder eines Vertreters vorsieht.
    Dennoch bleibt der Bundestrojaner ein recht wendiges Pferd, mit dem sich Ausgaben von über 2,56 Millionen Euro (Steuergelder!) offenbar mühelos rechtfertigen lassen   – auf diese Summe belaufen sich die Kosten der Firma DigiTask für Aufträge, die sie in den Jahren 2008/2009 vom Zollkriminalamt erhalten hat: für zur »Strafverfolgung« notwendige » Hardware-Instandhaltungs- und Software-Pflegeleistungen an stationären Telekommunikationsüberwachungsanlagen«. Sind die juristischen Schlupflöcherdann doch mal zu klein, werden der Bundesgerichtshof und seine Gesetze kurzerhand für nicht zuständig erklärt. Geheimdienste seien nun einmal geheim, und deshalb dürften der Verfassungsschutz ebenso wie der Militärische Abschirmdienst ( MAD ) und der Bundesnachrichtendienst ( BND ) private PC s zur Gefahrenabwehr unbehelligt ausspähen.
    In der Tat wurde bereits Anfang März 2009 bekannt, dass diese Behörden schon in mehr als 2500 Fällen Trojaner-Angriffe auf private Computer illegal durchgeführt hatten. Illegal bedeutet in diesem

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