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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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aufgereiht standen. Bei dem Anblick der grauen Kästen musste Ian an alte Filme denken, in denen Frauen mit gewagten Hochsteckfrisuren vor Monstren von Computern saßen, die eher Kühlschränken ähnelten.
    „Und schräg gegenüber findet ihr die Mikrofiches.“
    „Mikrofische?“ Bpm lächelte die Frau charmant an. „Wir wollten zwar ’n paar Infos angeln, aber …“
    „Mikro fiche “, korrigierte sie ihn streng und überging Bpms Geflirte geflissentlich. „Wir haben die Zeitungsausgaben auf Film.“
    „Cool, verfilmt! Leisten Sie uns Gesellschaft? Gibt’s hier auch Popcorn?“
    Ian stieß seinem Freund in die Seite.
    „Ist dein Freund immer so lustig?“ Die Frau legte ihr Baguette säuberlich auf einem Teller ab. „Kommt mit, ich zeige euch die Geräte, aber wenn er weiter so dumme Sprüche reißt, hetz ich den Hund auf ihn.“ Sie schaute Bpm böse an und zeigte mit dem Finger auf den Boden.
    Eine Sekunde lang sah Bpm verwirrt aus, dann grinste er. Hinter ihren Stiefeln lugte ein Spitz hervor, dessen dünne Beinchen vor Angst zitterten.
    „Den Hund … Der war gut. Du meinst wohl die steuerpflichtige Ratte da unten?“
    „Noch ein Spruch …“ Drohend hob die Frau den Zeigefinger. Kaum hatten sich Bpm und Ian entfernt, kläffte der Spitz wütend hinter ihnen her.
    Die Bibliothekarin führte sie zu einem Lesegerät. Lediglich ein paar Drehstühle und Tische waren in das Gewölbe geschoben worden. Die junge Frau öffnete eine Filmdose und legte den Film mit den Zeitungsausgaben von 1994 ein. „Um den Film vor- und zurückzuspulen, müsst ihr an der Kurbel hier rechts drehen. Falls ihr noch Fragen habt …“
    Ian schüttelte den Kopf. Kaum hatte sich die junge Frau ein paar Meter entfernt, pfiff Bpm anerkennend durch die Zähne.
    „Gar nicht schlecht, die Kleine.“ Unverhohlen sah er ihr auf den Hintern, dann wandte er sich Ian zu. „Auf geht’s. Ich kurbele, du guckst?“ Bpm schob seinen Freund zur Seite und griff nach der Kurbel.
    „Wenn Touristen in den Unfall verwickelt waren, finden wir sicher schnell was“, überlegte Ian laut.
    Kaum hatte Bpm das Rad berührt, schnarrte das Lesegerät los. Die Seiten wischten auf dem Monitor vorbei, sodass die Zeilen zu einem einzigen hellgrauen Schleier verschmolzen.
    „Prähistorisch“, lästerte Bpm über die Mikrofilme. „Warum haben die das Zeug nicht digitalisiert? Dann hätten wir es bequem zu Hause googlen können.“ Er angelte mit einer Hand eine Packung Barbecue-Cracker aus dem Rucksack und ließ sie mit einem lauten Knall aufplatzen.
    „Stopp!“, schrie Ian. Erschrocken über seine eigene Lautstärke, sah er sich um, aber er schien niemanden gestört zu haben. Die Studentin, die zwei Meter weiter gebeugt über ihren Büchern saß, blickte noch nicht einmal auf. Nur Bpm hatte vor Schreck die Kurbel losgelassen.
    „Himmel“, stöhnte er und grinste, als er das Datum las, zu dem er vorgespult hatte. „He, ich hab mich nur um sieben Monate und drei Tage verflogen! Captain Janeway hat’s um 7 5 000 Lichtjahre verbockt.“
    Nachdem er sich einen Cracker in den Mund geworfen hatte, spulte Bpm zurück, bis sie die Ausgabe vom 25. Februar 1994 gefunden hatten.
    Ian überflog die Titelseite, fand jedoch nichts, was auf seinen Vater Thomas Boroughs hinwies.
    „Gut“, sagte er. „Kurbel langsam weiter. Wenn etwas über den Unfall in der Zeitung stand, dann wahrscheinlich im Lokalteil.“
    Die Rubriken Wirtschaft, Kultur und Sport schoben sich in Ians Blickfeld. Er überflog die Überschriften und Bpm drehte weiter. Nirgends entdeckten sie einen Hinweis auf den Unfall. Du weißt nichts über seinen Tod , hatte seine Mutter zu Peter gesagt und Ian wurde schmerzlich bewusst, dass es ihm genauso ging. Enttäuscht ging er ein zweites Mal alle Meldungen durch.
    „Das ist falsch“, meinte Bpm plötzlich und stopfte sich ein paar Barbecue-Cracker in den Mund. „Wir können da gar nichts finden –“
    „Was? Wieso denn nicht?“
    „… wenn wir in der Ausgabe vom 25. Februar suchen, denn die Zeitung war natürlich schon gedruckt, bevor dein Vater starb. Wir müssen –“
    „In der Ausgabe vom 26sten nachsehen“, ergänzte Ian.
    „Genau. Darum stehe ich ja aufs Internet“, bemerkte Bpm. „Da kannst du spätestens ’ne Stunde später schon alles nachlesen.“
    Ian knöpfte sich die Ausgabe des nächsten Tags vor.
    Auf Seite 17 wurde er fündig.
     
    TÖDLICHER UNFALL AM PICCADILLY CIRCUS
    London. Gegen 7.30 Uhr raste gestern ein Bus mit

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