Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
Vom Netzwerk:
kletterte sie, halb sprang Chiyo die Stufen hinab.
    „Hast du dir wehgetan?“ Sie kniete sich neben Sobo, die regungslos im Heu lag.
    Die alte Dame stöhnte und rieb sich den Rücken. Vorsichtig half Chiyo ihr auf die Beine und stellte erleichtert fest, dass Sobo nur ein paar Prellungen erlitten hatte. Ihr linker Ellenbogen färbte sich bereits bläulich und auch am Rücken würde sie sicherlich blaue Flecke davontragen. Doch das Heu schien Schlimmeres verhindert zu haben. Ihre Großmutter war zwar voller Staub, aber Chiyo konnte nirgends Blut entdecken.
    Dafür sah sie etwas anderes: das griesgrämige Gesicht ihres Nachbarn Yutaka Kishii. Er stand vor dem Hühnerstall und hatte alles mit angesehen. Statt zu helfen, gaffte er nur mit offenem Mund durch die Tür. Erst als Chiyos Blick ihn strafte, stürzte er ihr entgegen. Schimpfend stieß er sie beiseite, nahm Sobo in den Arm und führte sie hinaus. Chiyo, aufgewühlt vom Unfall, blieb allein im Dunkeln zurück. Nicht wissend, ob sie den beiden folgen und sich bei Sobo entschuldigen oder ob sie die beiden Alten lieber allein lassen sollte.

26
    Zachary zwang sich zur Ruhe. Wo waren die Jungen abgeblieben? Er konnte weder ein kaputtes Fenster noch eine offene Tür entdecken. Nachdem er die Villa zweimal umrundet hatte, warf er auf der Rückseite des Hauses eine Scheibe ein. Leise öffnete er das Fenster und kletterte über eine schwarze Liege in das Zimmer.
    Er irrte durch die dunklen Untersuchungsräume, bis er Schreie hörte. Irgendjemand schlug gegen eine Tür und drohte mit der Polizei. Hatten die beiden Jungen etwa einen Überfall begangen?
    Er sah die Treppe hinauf und zückte die Schallkanone. Wie er es gelernt hatte, drückte er sich an die Wand und schlich hinauf, die Waffe im Anschlag. Er vermied es, in die Mitte der Stufen zu treten, da er fürchtete, sie würden knarzen. Noch immer hatte er keine Ahnung, was die beiden Jungen in einer chirurgischen Praxis für Hauttransplantationen suchten.
    Plötzlich tauchte oben am Treppenabsatz ein Mann auf. Er hatte eine Heckenschere in der Hand und sah verängstigt aus. Der Schürze nach zu urteilen war er der Gärtner. Zachary erinnerte sich, einen Lieferwagen hinter dem Haus gesehen zu haben.
    „Was machen Sie hier?“ Zitternd hielt der Gärtner die Schere vor sich. „Gehören die Jungs zu Ihnen?“
    „Steck die schön ein“, zischte Zachary leise. „Hände in die Tasche, okay? Und dann mach, dass du wegkommst.“
    „Wer – wer sind Sie?“
    Zachary hatte den Mann erreicht und hielt ihm die klobige Waffe vor den Bauch. „Geh“, befahl er. „Schneid morgen Blumen!“
    „Aber … Aber das … Das ist Einbruch!“
    Mit einem Lächeln holte Zachary ein Bündel Scheine aus seiner Jeanstasche. „Siehst du hier jemanden? Ich habe niemanden gesehen.“
    Die Scheine waren mit einer Klemme zusammengehalten. Zachary zückte hundert Pfund und wedelte damit. „Die nimmst du und steigst in deinen beschissenen Wagen, okay? Du hast nichts gesehen. Du gehst.“
     
    „Ssssssssht! Hast du das gehört?“ Ian hielt mitten in der Bewegung inne. Er lauschte, aber außer dem Regen war nichts mehr zu hören.
    „Was denn?“
    „Stimmen.“ Er ließ die Tapetenbahn auf den Boden sinken und eilte zur Tür.
    „Was machst du denn?“ Bpm trat zu Ian, der in den Flur spähte.
    Ein Blitz erleuchtete das Treppenhaus und intuitiv duckte sich Ian. Er deutete Bpm, still zu sein. Zwei Männer. Deutlich waren ihre Silhouetten im harten Blitzlicht zu sehen. Ein stämmiger Kerl stand neben dem Gärtner, der ängstlich hin und her wippte.
    „Ich nehme Ihr Geld nicht“, rief der Gärtner mit unsicherer Stimme. „Hier gibt es nichts zu klauen!“
    „Das überlassen Sie mal mir“, entgegnete der Mann und tat, als stecke er den Geldschein wieder ein. Doch mit einem Mal riss er seine Waffe hoch und feuerte. Ein schriller Ton erklang. Vor Schreck sprang Ian auf und wurde hastig von Bpm zurück ins Zimmer gezogen.
    „Was zum Henker war das?“, zischte Bpm.
    Ian wusste es nicht. Er versuchte, noch einen Blick in den Flur zu werfen, konnte aber nur den breiten Rücken des Fremden sehen. Er schien sich über den Gärtner zu beugen. Wer war dieser Mann? Und warum schoss er auf diesen armen Trottel von Gärtner?
    Plötzlich drehte sich der Mann um und eine Sekunde lang dachte Ian, er würde ihm direkt ins Gesicht schauen. Sein Herz setzte einen Schlag aus, doch dann wandte sich der Mann wieder dem Gärtner zu, der zwischen Bauschutt

Weitere Kostenlose Bücher