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Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
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zusammengesunken war.
    „Soll ich dir noch einmal die Ohren langziehen?“ Endlich kam Leben in den Gärtner. Der knochige Mann sprang auf und hastete schwankend die Treppe hinunter. Kaum war er fort, blickte der Fremde tatsächlich wieder in Ians Richtung.
    „Shit!“ So schnell er konnte, tauchte Ian ab. „Wir müssen uns beeilen“, flüsterte er Bpm zu und war mit einem Satz an der Tapete. „Los! Der ist gleich da.“
    „Spinnst du? Der Typ hat ’ne Waffe. Lass uns abhauen.“
    „Los doch!“ Hektisch löste Ian die nächste Bahn von der Wand. Mit Schwung riss er gleich zwei Meter Tapete ab. „Hilf mir“, forderte er Bpm auf, der endlich aus seiner Starre erwachte. Leise schloss Bpm die Tür. In dem Moment hörten sie den Lieferwagen des Gärtners, der mit durchdrehenden Reifen startete und über den Rasen davonschoss.
    Inzwischen hatten sie ungefähr eine so große Fläche an der Wand freigelegt, wie auf dem Foto zu sehen war. Schon jetzt war Ian klar, dass es keine Formel war, die sein Vater aufgeschrieben hatte. Es war ein Bild. Naive Malerei. Sein Vater hatte das Arbeitszimmer mit einer Art Höhlenmalerei geschmückt. Flächige Bilder mit zitternden Rändern, wie in den Steinzeithöhlen von Lascaux. Wirre Linien und ein paar Symbole, mit Filzer mehr schlecht als recht an die Wand gekritzelt. Mein Zeichentalent habe ich wohl nicht meinem Vater zu verdanken, schoss es Ian durch den Kopf.
    „Mach ein Foto mit dem Handy. Mach gleich ein paar. Beeil dich!“ Hektisch gehorchte Bpm.
    Näherten sich da Schritte im Flur? Lief dieser Mann wirklich den Gang entlang und suchte nach ihnen? Sollte er etwa nicht wegen des Hauses oder wegen des Gärtners gekommen sein – sondern ihretwegen? Ian hörte eine Tür quietschen. Der Fremde schien systematisch Raum für Raum zu durchsuchen.
    Mit einem Ruck riss Ian eine weitere Bahn weg, ließ die Tapete achtlos fallen und nahm sich das nächste Stück vor.
    Pötzlich vernahm er laut und deutlich eine Stimme. Eine Schrecksekunde lang dachte Ian, der Mann stünde bereits im Raum. „Ich tue euch nichts. Ich will nur mit euch reden!“, hörten sie ihn rufen.
    Ian warf Bpm einen Blick zu. Sie waren sich einig, dass der Kerl log und nur wissen wollte, wo sie steckten.
    Mit Bpms Hilfe legte Ian weitere Teile des Wandbilds frei. Doch einen Sinn erkannte Ian noch immer nicht. „Hilf mir!“, raunte er Bpm zu.
    Gemeinsam zogen sie das letzte Stück Tapete fort, rissen gleich zwei Bahnen bis zur Decke ab. Während Bpm ein Foto nach dem anderen mit seinem Handy schoss, starrte Ian wie betäubt auf das, was sein Vater dort vor Jahren gemalt hatte. Bpms kleiner Blitz ließ die Wand immer wieder bleich aufleuchten.
    „Was zum …“, brachte Ian über die Lippen, sprach jedoch nicht weiter.
    Zu eigenartig war das, was sich da vor ihnen auftat: Ein Mann beugte sich nach hinten, fiel beinahe, starrte nach oben, wo fünf Zeichen schwebten.
    Ian wusste mit den Symbolen nichts anzufangen. Sie waren handtellergroß und sein Vater hatte die kuriosen Formen offenbar in großer Eile gemalt. Vielleicht waren es Inseln, Tiere oder Gebäude?
    Um den Mann herum, unter ihm und über ihm, braute sich etwas zusammen. Zwei ineinander verwirbelte Schatten beugten sich zu ihm herab. Dunkle Gestalten mit unzähligen Auswüchsen. Sie waren riesig. Ihre Konturen fransten aus, als hätten sie keine feste Gestalt. Ihre Tentakel versuchten, den Mann zu packen.
    Ian bekam eine Gänsehaut.
    Er kannte diese Arme, diese Äste oder was immer sie waren. Die Schatten überragten den Mann um ein Vielfaches sie waren viel größer als ein Haus und stürzten wie eine riesige Welle auf ihn ein. Oder wie ein alles verschlingender Sturm.
    Ian versuchte, menschliche Züge in den Schatten zu erkennen. Augen, Füße, Hände … ein Gesicht? Doch er erkannte nur Schemen. Und das machte sie noch bedrohlicher. Sie wollten den Mann nicht einfach greifen, sondern sie wollten ihn verschlingen. Ihre riesigen Körper, die nur Schlund waren, wollten ihn in sich aufnehmen, ihn im Schattenstrudel zerreißen …
    „… und verbrennen“, flüsterte Ian und musste an Zero denken.
    „Was hast du gesagt?“
    „Sie verbrennen ihn. Sie kommen in unsere Welt und verbrennen uns. Sie kommen aus der Hölle.“
    Obwohl er nicht verstanden hatte, was Ian meinte, nickte Bpm.
    „He! Ich weiß, wo ihr euch versteckt! Wenn ihr nicht freiwillig kommt, dann …“ Sie hörten, wie eine weitere Tür geöffnet wurde.
    „Wir sollten machen, dass

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