Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Licht, das toetet

Titel: Das Licht, das toetet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek Meister
Vom Netzwerk:
dann schlugen sie sich in die Büsche. Irgendwann erreichten sie eine Landstraße, auf der sie über eine halbe Stunde lang wanderten. Kurz glaubte Ian, das Brummen der Harley zu hören, doch es war kein Licht mehr hinter ihnen aufgetaucht. Zachary blieb verschwunden und während Ian Bpm durch die Nacht führte, war er mehr und mehr zu der Überzeugung gelangt, dass er den Cowboy verletzt hatte, bevor der Wagen ausgebrochen war.
    Verschwitzt stand er auf. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er noch nie in einem Motel geschlafen. Er kannte solche Absteigen nur aus amerikanischen Filmen. Wenn er mit seiner Mutter und Parodontose-Peter verreiste, dann nur in richtige Hotels, wie Peter die 4- bis 5-Sterne-Hotels nannte. Aus dem Flieger in den Mietwagen und ab ins Hotel. Keine Experimente, keine Erkundungen und wenig Ausflüge. Ian hasste diese ereignislosen Urlaubsreisen, bei denen das Highlight des Tages das Abendessen war, zu dem sich seine Eltern immer aufbretzelten, als wären sie zu einer Oscarverleihung eingeladen. Jedes Jahr hatte er darum gekämpft, nicht mehr mitkommen zu müssen. Im letzten Winter war es ihm zum ersten Mal geglückt und er hatte allein zu Hause bleiben dürfen, während seine Eltern vierzehn Tage Dominikanische Republik genossen. Das heißt, den Pool irgendeines Hotels in der Dominikanischen Republik.
    Er lauschte und konnte Bpm hören, der ins Badezimmer verschwunden war, während Ian noch geschlafen hatte. Wahrscheinlich hatte er vom Bach geträumt, weil er das Plätschern des Wasserhahns gehört hatte.
    Noch steif vom Schlaf und den Prellungen schlurfte Ian zum Fenster. Ihr Zimmer war unterste Preisklasse. Nur ein Raum mit einem durchgelegenen Bett, einer verstaubten Lampe und einem Kleiderschrank in einem hässlichen braunen Plastikfurnier, das nicht zu den Nachttischen passte. Der grün-orange Vorhang mit den 70er-Jahre-Blumen roch nach kaltem Rauch. Ian zog ihn beiseite.
    Es musste in der Nacht geregnet haben. Grell spiegelte sich die blutrote Neonreklame des Motels in den Pfützen. Das Sirren des Schriftzugs, dessen O und L nicht mehr leuchteten, war Ian schon aufgefallen, als er sich mit Bpm über den Parkplatz zu dem langgestreckten, niedrigen Flachbau geschleppt hatte. MTE glimmte dort in der Nacht. Empty , dachte Ian. Leer.
    Sie hatten mit Peters Kreditkarte bezahlt und Ian hatte sich gewundert, dass sie noch immer nicht gesperrt war. War Peter vielleicht doch kein so schlechter Kerl? Hatte er absichtlich noch nicht bei seiner Bank angerufen, um Ian und Bpm auf diese Art zu unterstützen? Sicher hatte Olivia ihn bekniet, ihnen die Karte zu lassen. Vielleicht, weil sie so ein Lebenszeichen von ihm erhielt. Und Bpms Vater machte sich mit Sicherheit auch Sorgen.
    Ian öffnete das Fenster und tapste zurück ins Bett. Er setzte sich vorsichtig auf die durchgelegene Matratze und lehnte seinen Kopf gegen die Wand. Obwohl er nicht weinen wollte, kamen ihm die Tränen. Ihre Reise hatte er sich wahrlich anders vorgestellt. Bpm war seit einer halben Stunde im Bad verschwunden und immer wieder hörte Ian, wie er Klopapier abriss, um die Stichwunde auszuwaschen.
    Wut stieg in ihm hoch, auch auf seine Mutter. Wie hatte sie ihn all die Jahre belügen können? Hatte sie wirklich nichts vom Doppelleben seines Vaters gewusst? Er wischte sich die Tränen weg und konzentrierte sich darauf, endlich ein paar Antworten zu finden.
    Wer waren dieser Zachary und sein hagerer, blonder Partner? Warum wollten sie etwas über seinen Großvater wissen? Was hatte Harvey Douglas Boroughs mit seinen Visionen zu tun? Wieso hätte sein Großvater ihn warnen sollen oder ihn informieren , wie Zachary gemeint hatte?
    Seelen in Flammen. Zeit in Unruh. H. D. Boroughs.
    Wieso hatte seine Mutter ihm den Selbstmord verschwiegen? Wieso hatte er nicht wissen dürfen, dass sein Vater ein Wissenschaftler war? Stimmte es, dass Thomas Boroughs ein Physiker gewesen war, der mit der Gravitation experimentiert hatte? Mit einer Kraft, die zwar allgegenwärtig war, von der aber noch niemand wusste, was sie wirklich war? Hatte er die Geister gerufen? Oder Aliens, wie Wesley behauptete?
    Nein, dachte Ian. Sicher nicht. Die Geister waren schon vorher da. Der Cowboy hatte ihm verraten, dass sein Großvater die Geister auch sehen konnte.
    Es war ein Fluch.
    Ein Familienfluch.
    Wesley liegt falsch. Auch mein Großvater hat sie bereits gesehen und deswegen ist Zachary hinter mir her, weil er an meinen Großvater kommen will. An Patient

Weitere Kostenlose Bücher