Das Licht der Hajeps - Entscheidungen (German Edition)
energischen Brauen zu einer tiefen Falte zusammen.
‚Schnell etwas sagen, nur irgendetwas!’ gemahnte sie sich. Ihre Zunge fuhr über ihre trockenen Lippen. „Du, hm ... also ich ... äh ... habe noch ein paar Sachen gefunden“, plapperte sie einfach drauf los, als habe sie vorhin seinen Unmut über diesen alten, schmutzigen Kram nicht bemerkt, und holte eine kleine Thermoskanne aus ihrer Weste, „die der Händ ... äh, Quatsch ... ich gebrauchen kann.“
Schon hatte er ihr die Kanne entrissen.
„Heh?“ keuchte sie verblüfft.
Er hielt den merkwürdigen Behälter nur mit dem Daumen und Zeigefinger, drehte und wendete ihn, während seine von schwarzer Nickhaut umrandeten Augen ihn gründlich begutachteten. Er schob die Unterlippe vor, wie immer, wenn er sehr angespannt war. „Wozü man bräucht solschis?“ hörte sie seine schlechte Aussprache.
„Um heiße oder kalte Getränke darin aufzubewahren!“ erklärte sie und entriss ihm einfach wieder die Kanne, denn schließlich hatte sie die zuerst gefunden.
Nun zog er die dunkelblauen Brauen in einer wirklich sehr bedenklichen Weise über der Nasenwurzel zusammen.
Sie hielt den Atem an.
Aber dann hatte er sich schon wieder in der Gewalt, nur die Wangenmuskeln mit den tätowierten Narben zuckten noch ein wenig. „Komik“, brummte er recht lässig, „warüm machert ihr Flussigkait nisch hitzig oder kält, erst wann trinkern wöllt?“ Und dabei hatte er sich die Kanne einfach wiedergeholt, schraubte sie interessiert auf, hob sie ein wenig an wie ein Fernrohr und lugte mit einem Auge hinein. „Mal sichtin, wie vonne innin gebaut is!“ erklärte er.
Ein Tröpfchen uralter Brühe rollte ihm dabei direkt in die schwarze Nickhaut. „Pwiii ... daffst komischte Termnusspanne behaltinn!“ keuchte er, rieb wie verrückt an dem Lid herum, das offensichtlich keinerlei Fähigkeiten hatte zu tränen. Er drückte Margrit die Kanne wieder in die Hand, schüttelte sich gleichzeitig, hüpfte laut ächzend auf einem Bein im Kreise.
Er schien irgendwie blind auf dem linken Auge geworden zu sein, denn es glänzte nicht mehr, es war vollständig trüb. Der Hajep japste nach Luft. Offensichtlich war er gegen Schmutz hochallergisch! Jetzt holte er mit fahrigen Fingern nicht nur einen weichen Reinigungsgegenstand hervor, sondern wohl auch ein paar Augentropfen. Er flüchtete, dabei in einem fort niesend, unter einen Baum. Vergeblich mühte er sich, die lindernden Tropfen ins Auge zu bekommen, seine Hände zitterten viel zu sehr und deshalb kamen zahlreiche hajeptischen Schimpfworte über seine graublauen Lippen.
Margrit war wie vom Donner gerührt! Aber dann begriff sie. Das war ihre Chance! Erst wollte sie ohne die Beutel los, aber dann fiel ihr wieder das Leid von Julchen, Muttsch und Tobi ein. Nein, sie sollten endlich befreit sein und solche kostbaren Dinge bekam sie gewiss nicht so schnell wieder in ihre Hände. Ihr Herz schlug wie rasend, als sie in Sekundenschnelle überlegte.
‚Mit allen drei Beuteln zu langsam! Welche zwei also jetzt nehmen? Keine Zeit in jeden hinein zu schauen. Welche sind aber die, die wertvollsten Dinge enthalten? Der gemusterte, der braune da oder der beigefarbene?’
Sie griff sich kurz entschlossen zuerst den beigefarbenen, danach den gemusterten und sauste los. Schon war sie am Feind vorbei, drückte die Klinke vom Tor hinunter. Es quietschte. Sie fuhr zusammen. War der Hajep aufmerksam geworden? Sie blickte sich kurz um. Nein, immer noch mit sich selbst beschäftigt. Das linke Auge war inzwischen dick geschwollen und lila verfärbt. Er konnte nun wohl gar nichts mehr sehen, weil auch das zweite Auge in Mitleidenschaft gezogen und trüb geworden war.
Ein Gedanke kam Margrit plötzlich. Ob sie ihm noch kurz eins über die Rübe zog? Dann war sie ihn für längere Zeit los. Wo gab es hier einen Ast? Nur nicht zu lange machen! Ihr Blick flog suchend über den Garten. Sie konnte ihn aber auch erschießen! Das war wohl noch besser, denn dann kam er ihr endgültig nicht mehr hinterher. Sie schluckte seltsamerweise beklommen bei dieser Vorstellung. Aber dann musste sie noch einmal an ihm vorbei, den langen Gartenweg entlang bis zur Terrasse des Hauses, um dort nach ihren Waffen zu suchen, die sie irgendwohin ins hohe Gras oder Gebüsch geworfen hatte. Nein, denn auch seine Huster wurden jetzt immer seltener, das Atmen ging besser, also schien er langsam zu sich zu kommen. Also bloß nichts wie weg!
Kapitel 2
„He, was ist denn
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