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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein Fingerhut, dem er sekundenlang nachstarrte, ehe es von der Strömung durch die Wand getragen wurde. »Zum Dach!« brachte er hervor und deutete zitternd in die Höhe.
    Jene Magier, die ihre Hustenanfälle überwunden hatten und noch nicht zu verwirrt waren, um in Panik zu geraten, folgten ihm durch Kontinente, die durch festen Stein schwebten.
     
     
    D raußen herrschte noch immer die Dunkelheit der Nacht, doch ein fahles Glimmen kündigte den neuen Tag an. Ein sichelförmiger Mond ging gerade unter. Ankh-Morpork, die größte Stadt in der Nähe des Runden Meeres, schlief.
    Obwohl, diese Behauptung ist nicht ganz richtig.
Die Bürger der Stadt, die sich normalerweise damit beschäftigten, Gemüse zu verkaufen, Hufeisen zu schmieden, kostbaren Jadeschmuck herzustellen, Geld zu wechseln und Tische zu zimmern, lagen tatsächlich in ihren Betten und träumten süß. Jedenfalls die meisten. Bis auf diejenigen, die an Schlaflosigkeit litten. Oder gerade aufgestanden waren, um auf die Toilette zu gehen. Die anderen Bewohner der Stadt, die nicht ganz soviel von Recht und Ordnung hielten, waren putzmunter. Sie schlichen durch Häuser, in denen sie eigentlich überhaupt nichts zu suchen hatten, schnitten Kehlen durch, prügelten sich und lauschten lauter Musik, die in stickigen Kellern erklang. Mit anderen Worten: Sie hatten mächtig Spaß. Die überwiegende Mehrheit der Tiere schlief. Abgesehen natürlich von den Ratten. Und den Fledermäusen. Was die Insekten betraf…
    Nun, damit soll folgendes verdeutlicht werden: Allgemein beschreibende Formulierungen sind selten genau, und während Olaf Quimby II. als Patrizier von Ankh herrschte, erließ er ein Gesetz, das derartige Dinge verbot. Seine Absicht bestand ganz einfach darin, Berichte glaubwürdiger zu machen. Wenn es zum Beispiel in einer Legende von einem kühnen Helden hieß, »alle bewunderten seine Tapferkeit«, so fügte jeder Barde, dem etwas an seinem Leben lag, hastig hinzu: »Bis auf einige Leute in seinem Heimatdorf, die ihn für einen Aufschneider hielten, und viele andere Leute, die noch nie etwas von ihm gehört hatten.« Dichterische Gleichnisse beschränkten sich auf Bemerkungen wie »Sein mächtiges Roß war so schnell wie der Wind an einem recht ruhigen Tag, sagen wir: bei Windstärke drei«. Für unvorsichtige Behauptungen über Prinzessinnen, die so schön gewesen seien, daß sie alle Männer verzauberten, mußten hieb- und stichfeste Beweise vorgelegt werden, etwa die granitene Hand eines zu Stein erstarrten Minnesängers.
    Quimby wurde schließlich von einem wütenden Poeten getötet. Er kam bei einem Experiment ums Leben, das auf dem Palastgelände stattfand, um ein Sprichwort zu beweisen: »Die Feder ist mächtiger als das Schwert.« Zu seinem Gedenken erweiterte man es um den Zusatz: »Aber nur, wenn das Schwert sehr klein und die Feder besonders groß und spitz ist.«
    Nun gut. Ungefähr siebenundsechzig – vielleicht auch achtundsechzig – Prozent der Stadtbewohner schliefen. Die anderen Bürger, die unterdessen ihren in der Regel ungesetzlichen Geschäften nachgingen, bemerkten nichts von der fahlen Flut, die durch die Straßen strömte. Nur die Zauberer – daran gewöhnt, Unsichtbares zu erkennen – beobachteten, wie sie das Land eintauchte.
    Die Scheibenwelt ist flach und hat deshalb keinen richtigen Horizont. Wenn sich abenteuerlustige Seefahrer mit närrischen Vorstellungen von Kugeln auf die Suche nach den Antipoden machen, stellen sie rasch fest, warum ferne Schiffe den Eindruck erwecken, über den Rand der Welt zu fallen. Die Erklärung ist ganz einfach: Sie fallen wirklich über die Kante.
    Doch in der dunstigen, staubigen Luft war selbst die Reichweite von Galders Blick begrenzt. Er hob den Kopf. Mit seinen achttausendachthundertachtundachtzig Stufen überragte der Turm der Kunst die Universität, und er stand in dem Ruf, das älteste Gebäude auf der ganzen Scheibenwelt zu sein. Vom Zinnendach aus, das Raben und beunruhigend aufmerksamen Wasserspeiern als Treffpunkt diente, konnte der Zauberer bis zum Rand der Scheibe sehen. Nachdem er zuvor etwa zehn Minuten lang hingebungsvoll gekeucht hatte.
    »Von wegen«, brummte Galder. »Es hat doch schließlich seine Vorteile, Magier zu sein, oder? Abrakadabra, hol’s der Teufel! Ich will fliegen! Herbei, ihr Mächte der Luft und Finsternis!«
    Er streckte eine knorrige Hand aus und deutete auf eine bröckelige Stelle der Brustwehr. Oktarine Funken stoben unter seinen nikotingelben

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