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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stickmustern mystischer Runen und der großen Bommelmütze, die ihm in die Stirn rutschte. Nicht einmal der wurstartige Kerzenhalter in der einen Hand beeinträchtigte seine Autorität, ganz zu schweigen von den flauschigen Pompom-Pantoffeln.
    Sechs furchtsame Gesichter sahen ihn an.
»Äh, man hat dich unterrichtet«, sagte einer der Untermagier. »Deshalb bist du hier«, fügte ein anderer hinzu.
»Ich meine, warum wurde ich nicht vorher verständigt?« erwiderte Galder scharf und trat mit entschlossenen Schritten auf die Tür zu.
    »Äh, vorher gab es keinen Grund, deine Ruhe zu stören«, lautete die durchaus vernünftige Antwort.
Galder brummte, kniff die Augen zusammen und wagte einen kurzen Blick durchs Gitter.
    Die Luft in der Kammer glitzerte, und winzige Funken stoben, als Staubkörner in dahinströmender purer Magie verbrannten. Das Siegel Der Stasis warf Blasen und kräuselte sich an den Kanten.
    Das Buch auf dem Pult wurde ›Oktav‹ genannt, und natürlich war es kein gewöhnliches Buch.
    Nun, es gibt viele berühmte Bücher über Magie. Man nehme nur das Nekrotelicomnicon mit den Seiten aus uralter Eidechsenhaut. Oder das Buch über Ausflüge Kurz Vor Mitternacht , geschrieben von einer geheimnisvollen und nicht sehr fleißigen Lama-Sekte. Manche erinnern sich vielleicht auch an das Lachsalven-Grimoire , das angeblich den einzigen echten Witz des ganzen Universums enthält. Aber alles sind nur wertlose Pamphlete im Vergleich zum Oktav, das der Schöpfer kurz nach der Vollendung Seines Hauptwerks zurückließ, in für ihn typischer Gedankenlosigkeit.
Die acht in den Seiten gefangenen Zauberformeln führten ein geheimes und komplexes Eigenleben, und man vertrat allgemein die Ansicht, daß…
    Galder runzelte die Stirn, als er das Zimmer beobachtete, in dem sich die pure Magie entfaltete. Natürlich gab es jetzt nur noch sieben Formeln. Irgendein junger und völlig unbegabter Zauberlehrling hatte einen verstohlenen Blick ins Buch geworfen; dabei entkam einer der magischen Sprüche und ließ sich im Bewußtsein des Betreffenden nieder. Bisher war es niemandem gelungen, die Gründe für jenen unliebsamen Zwischenfall in Erfahrung zu bringen. Galder versuchte, sich an den Namen des Idioten zu erinnern. Heinzwind? Geißkind?
    Oktarines und purpurnes Feuer züngelte über den Buchrücken. Ein dünner Rauchfaden kräuselte vom Pult in die Höhe, und die dicken Metallspangen, die das Oktav geschlossen hielten, bogen sich langsam auf.
    »Warum sind die Zauberformeln in solche Aufregung geraten?« fragte einer der jüngeren Magier.
    Galder zuckte mit den Schultern. Er durfte sich zwar nichts anmerken lassen, aber seine Besorgnis nahm immer mehr zu. Als erfahrener Zauberer der achten Stufe konnte er die undeutlichen Schemen erkennen, die dann und wann in der vibrierenden Luft Gestalt annahmen, ihm zuwinkten und erwartungsvoll grinsten. So wie ganze Schwärme von Stechmücken aufsteigen, wenn ein Gewitter naht, lockten wirklich dichte Ansammlungen magischer Kraft Wesenheiten aus den chaotischen Kerkerdimensionen an – abscheuliche Dinge aus wirr angeordneten Organen und Spucke, die ständig nach einer Lücke suchten, durch die sie in die Welt der Menschen gelangen konnten. 1
    Dem mußte Einhalt geboten werden.
»Ich brauche einen Freiwilligen«, sagte Galder fest.
     
     
    N iemand gab einen Muckser von sich, und die einzigen Geräusche stammten aus der Kammer: ein leises, dumpfes Knacken von Metall, das einer zu großen Belastung ausgesetzt war.
    »Na schön«, brummte Galder Wetterwachs. »Wenn das so ist, benötige ich einige silberne Pinzetten, zwei Becher Katzenblut, eine kleine Peitsche und einen Stuhl…«
    Es heißt, Stille sei das Gegenteil von Lärm. Aber das stimmt nicht. Stille ist nur die Abwesenheit von Geräuschen. Im Vergleich zu der samtenen Implosion von Geräuschlosigkeit, welche die Zauberer mit der Wucht einer auseinanderfliegenden Pusteblume traf, wäre Stille ein geradezu ohrenbetäubender Radau gewesen.
    Eine dicke Säule aus flackerndem Licht wuchs aus dem Buch, fraß sich funkenstiebend durch die Decke und verschwand.
Galder starrte zum Loch hoch und ignorierte die schwelenden Stellen in seinem Bart. Mit einer dramatischen Geste hob er den rechten Arm.
    »Zum oberen Keller!« rief er und eilte die Treppe hoch. Die Troddeln seiner Pantoffeln schwangen wie Schlegel hin und her, und das Nachthemd wehte wie eine Fahne. Die anderen Zauberer folgten ihm und stolperten übereinander, als jeder

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