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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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»Ist das alles, was Sie können? Wie – niedrig. Ich werde von Priestern, Zuhältern und Politikern verfolgt, von Kriminellen, Nationalisten, geistig Gesunden und Kranken. Jeder hat ein Hühnchen mit dem Erfinder der WurmCam zu rupfen. Keiner von ihnen hat mich erwischt. Und nun soll es so enden!« Er bäumte sich auf. »Nein. Nicht auf diese Art. Nicht auf diese Art…«
    Mit einer schlangenartigen Bewegung schnappte er nach Wilsons Bein und verbiss sich in ihre Achillessehne.
    Sie schrie auf und torkelte zurück. Hiram hing ihr wie ein Hund an der Ferse, und das Blut der Frau tropfte aus seinem Mund. Wilson warf sich auf ihn und hob die Faust. Hiram ließ ihr Bein los und rief Kate zu: »Schaff ihn hier raus! Schaff ihn raus…!« Dann versetzte Wilson ihm einen Schlag gegen die blutverschmierte Kehle, und Kate hörte knackende Knorpel und Knochen. Seine Stimme erstarb zu einem Gurgeln.
    Kate packte Bobby am gesunden Arm und zerrte ihn mit aller Kraft über die Schwelle des Bunkers. Er schrie auf, als er mit dem Kopf gegen die massive Metalllippe der Tür schlug, doch sie achtete nicht darauf.
    Nachdem sie ihn rausgezogen hatte, knallte sie die Tür zu und verriegelte sie mit dem Stellrad. Der anschwellende Lärm des Wurmlochs wurde ausgeblendet.
    Hirams Sicherheitsleute eilten herbei. Sie wirkten ratlos. »Helft ihm hoch und schafft ihn hier raus!« rief Kate ihnen zu, während sie am Rad zerrte.
    Dann beulte die Wand sich aus, und sie sah ein Licht so hell wie die Sonne. Ein infernalischer Lärm ertönte. Sie wurde geblendet und hatte das Gefühl, zu fallen.
    In Dunkelheit zu fallen.

 
6

DIE ZEITALTER
DES SISYPHUS
     
     
    Als zwei Stapledons, körperlose WurmCam- Blickpunkte, flogen Bobby und David über Südafrika hinweg.
    Es war das Jahr 2082. Vier Jahrzehnte waren seit dem Tod von Hiram Patterson vergangen. Und Kate, mit der Bobby fünfunddreißig Jahre verheiratet gewesen war, lebte auch nicht mehr.
    Ein Jahr, nachdem Bobby sich mit dem schmerzlichen Verlust abgefunden hatte, schwelten die Eindrücke noch immer dicht unter der Oberfläche des Bewusstseins. Auch die schönsten Szenen der WurmCam vermochten ihn nicht darüber hinwegzutrösten. Aber er lebte noch, und das Leben musste weitergehen. Inzwischen konzentrierte er sich aufs Studium Afrikas.
    Heute waren die Ebenen des ältesten aller Kontinente mit einem rechteckigen Gitter aus Feldern überzogen. Hier und da sah man Gebäudeansammlungen, die aus Kunststoffhütten bestanden. Landmaschinen bestellten die Felder. Die automatisierten Mähdrescher glichen großen Käfern mit ihren glitzernden Panzern aus Solarzellen. Leute bewegten sich gemächlich auf den Feldern. Sie trugen wallende weiße Kleidung, breitkrempige Hüte und hatten die Gesichter mit Sonnenschutz zugekleistert.
    Auf einer Farm spielte eine Schar Kinder. Sie machten einen gesunden, wohlgenährten Eindruck und wirkten wie helle Kieselsteine in dieser weiten flachen Landschaft. Bobby hatte heute nur wenige Kinder gesehen, und diese paar schienen die Erwachsenen wie ihre Augäpfel zu hüten.
    Bei näherem Hinsehen erkannte er, dass ihre Bewegungen abgezirkelt und synchronisiert wirkten, als ob sie sich ohne Worte verständigen würden. Was sie vielleicht auch taten. Er wusste, dass die Kinder heute bereits mit implantierten Wurmlöchern zur Welt kamen. Sie standen schon im Mutterleib mit der immer größer werdenden Gruppe der Verbundenen in Kontakt.
    Bobby schauderte bei dieser Vorstellung. Sein Körper, den er in der Einrichtung zurückgelassen hatte, die auch heute noch als Wurmwerk bezeichnet wurde, reagierte auf diesen unheimlichen Gedanken – vierzig Jahre nach Hirams Tod wurde die Anlage nun von einem Konsortium aus Museen und Universitäten verwaltet.
    So viel Zeit war seit jenem Tag vergangen, als Hiram im Wurmwerk den Tod gefunden hatte – dennoch war er in Bobbys Bewusstsein so gegenwärtig, als ob sein Gedächtnis selbst eine WurmCam wäre und das Bewusstsein in der Vergangenheit sich aufgehängt hätte. Es war eine Vergangenheit, die all das enthielt, was von Kate noch übrig war. Vor einem Jahr war sie an Krebs gestorben. Jede einzelne ihrer Handlungen war in die unabänderliche Geschichte eingebettet, wie die der namenlosen Milliarden, die vor ihr ins Grab gesunken waren.
    Armer Hiram, sagte er sich. Die Vermehrung seines Vermögens war sein einziger Lebenszweck gewesen. Nach Hirams Tod war auch sein Unternehmen untergegangen, und sein Vermögen hatte der Staat

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