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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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schon in der kleinsten dieser Dunkelwolken Platz. Globule werden als Sterne im frühesten Stadium ihrer Entstehung angesehen: Staub- und Gaswolken, die sich zu neuen Sonnen verdichten. Die Entstehung eines Sterns dauert natürlich lang. Die letzten Phasen, wenn die Fusion einsetzt und der Stern die Staubhülle absprengt und zu leuchten beginnt, laufen manchmal aber ziemlich schnell ab.« Er schaute sie an. »Stell dir das mal vor. Angenommen, du würdest hier leben – zum Beispiel auf der Eiskugel unter uns. Im Lauf deines Lebens würdest du die Geburt Dutzender, vielleicht Hunderter Sterne beobachten können.«
    »Ich frage mich, welche Religion wir dann erfunden hätten«, sagte sie.
    Das war eine gute Frage. »Wahrscheinlich eine sanftere Religion. Eine, die sich weniger am Tod, sondern am Leben orientiert hätte.«
    »Wieso hast du mich überhaupt hierher gebracht?«
    Er seufzte. »Ich finde, jeder sollte das einmal gesehen haben.«
    »Und nun habe ich es gesehen«, erwiderte Mary formell. »Danke.«
    Er schüttelte irritiert den Kopf. »Nein. Es geht hier nicht um die Verbundenen. Es geht um dich, Mary. Ich hoffe, du verzeihst mir das.«
    »Was willst du mir eigentlich sagen, David?«
    Nach anfänglichem Zögern deutete er auf den Nebel. »Irgendwo dort drüben, hinter dem Nebel, liegt das Zentrum der Galaxis. Es gibt dort ein großes Schwarzes Loch mit der millionenfachen Masse der Sonne. Und es wächst weiter. Wolken aus Staub und Gas und zertrümmerte Sterne fliegen aus allen Richtungen hinein.«
    »Ich habe Bilder davon gesehen«, sagte Mary.
    »Ja. Es gibt schon einen ganzen Cluster von Stapledons dort draußen. Sie haben Schwierigkeiten, sich dem Loch zu nähern, weil durch die starke gravitationale Verzerrung die Stabilität des Wurmlochs in gleichem Maß schwankt…«
    »Stapledons?«
    »WurmCam- Blickpunkte. Entstofflichte Beobachter, die durch Raum und Zeit wandern.« Lächelnd wies er auf seinen driftenden Körper. »Hat man sich erst an die WurmCam- Erkundung in der Virtuellen Realität gewöhnt, kann man Ballast abwerfen.
    Um endlich auf den Punkt zu kommen, Mary: Wir lassen menschliche Bewusstseinströme in einen Abschnitt der Raumzeit fließen, der zweihunderttausend Lichtjahre breit und hunderttausend Jahre tief ist – über hundert Milliarden Sternensysteme bis zur Entstehung der Menschheit. Schon jetzt haben wir so viel Material, dass wir tausendmal so viele geschulte Beobachter brauchten, wie uns derzeit zur Verfügung stehen – und die Grenzen werden immer weiter nach hinten verschoben.
    Manche unserer Theorien werden bestätigt, andere erweisen sich schlichtweg als falsch. Das ist gut, denn so soll Wissenschaft funktionieren. Ich glaube aber, dass wir eine noch tiefergehende Lektion lernen.«
    »Und die wäre?«
    »Dass Bewusstsein – Leben an sich – kostbar ist«, sagte er langsam. »Unglaublich wertvoll. Obwohl wir mit der Suche erst begonnen haben, wissen wir schon, dass es keine signifikante Biosphäre im Umkreis von tausend Lichtjahren gibt – auch nicht bis zu einer Tiefe von tausend Jahren in der Vergangenheit. Es mag sein, dass in einem warmen schleimigen Tümpel oder in den Tiefen von Vulkangestein Mikroorganismen existieren. Aber es gibt keine zweite Erde.
    Mary, die WurmCam hat meine Wahrnehmung langsam, aber Schritt um Schritt erweitert, weg von meinem Ego. Ich habe das Gute und das Böse im Herzen meines Nächsten geschaut, die Lügen meiner Vergangenheit, die Gräuel der Geschichte meines Volks.
    Das lassen wir nun hinter uns zurück; die Jahrhunderte menschlicher Zivilisation, an die wir uns klammern. Wir schauen die Leere des Universums, den ewigen Mahlstrom der Vergangenheit. Wir sind den gegenseitigen Vorwürfen entwachsen und erkennen allmählich die größere Wahrheit: dass wir von Abgründen umgeben sind, einer unendlichen Weite, wo titanische Kräfte walten. Die WurmCam ist im Grunde eine Perspektiven-Maschine. Und wir sind entsetzt von diesen Perspektiven.«
    »Wieso erzählst du mir das alles?«
    Er schaute ihr ins Gesicht. »Wenn ich schon mit euch sprechen muss – mit euch allen –, dann sollt ihr auch wissen, welche Verantwortung ihr tragt.
    Es gab einmal einen Jesuiten namens Teilhard de Chardin. Er glaubte, so wie das Leben die Erde einst mit der Biosphäre überzogen hatte, würde die Menschheit dereinst mit allen anderen Lebensformen zu einer höheren Schicht verschmelzen, einer kogitativen Schicht, die er als Noosphäre bezeichnete. Im Zusammenhang

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