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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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eingezogen. Dennoch hatte er,wenn auch unbeabsichtigt, die Welt verändert…
    David, der als unsichtbare Präsenz neben ihm schwebte, hatte schon für längere Zeit geschwiegen. Bobby aktivierte emphatische Subroutinen, um sich in Davids Blickpunkt einzuklinken.
    … Die goldenen Felder verschwanden und wurden durch eine öde Landschaft ersetzt, in der ein paar verkrüppelte Bäume sich zu behaupten suchten.
    Im grellen Sonnenschein arbeitete eine Reihe von Frauen sich langsam über das Land vor. Jede von ihnen hatte einen großen Plastikeimer auf dem Kopf, der mit brackigem Wasser gefüllt war. Sie waren klapperdürr und in Lumpen gehüllt. Ihre Bewegungen wirkten steif.
    Eine Frau hatte ein Kind an der Hand. Das kleine Wurm bot einen jämmerlichen Anblick. Es war nackt und bestand nur aus Haut und Knochen. Offensichtlich litt es an starker Unterernährung, vielleicht sogar an AIDS: was man hier als ›Schlankheits-Krankheit‹ bezeichnete, wie Bobby sich erinnerte.
    »Wieso in die Vergangenheit schauen, David?« fragte er sanft. »Heute stehen die Dinge besser.«
    »Diese Welt hatten wir erschaffen«, sagte David bitter. Seine Stimme klang so, als ob er sich ein paar Meter von Bobby entfernt in einem Zimmer befände, anstatt in dieser Leere zu schweben. »Kein Wunder, dass die Jungen uns Alten für eine Horde Barbaren halten. Es war ein Afrika, das von AIDS und Unterernährung geplagt wurde, von Dürre und Malaria, von Staphylokokken-Infektionen, Denguefieber und endlosen Kriegen. Ein unzivilisiertes Afrika… Aber – es war ein Afrika mit Elefanten.«
    »Es gibt noch Elefanten«, sagte Bobby. Das stimmte sogar: Eine Handvoll Tiere in Zoos, deren Spermien und Ovarien auf der ganzen Welt hin und her geflogen wurden, um lebensfähige Populationen aufrechtzuerhalten. Zygoten von Elefanten und vielen anderen gefährdeten beziehungsweise ausgestorbenen Arten waren sogar in Tanks mit flüssigem Stickstoff eingefroren, die im Schatten eines Kraters am Südpol des Monds lagerten. Sie stellten die letzte Bastion des irdischen Lebens dar, falls es sich als unmöglich erweisen sollte, den Wurmwald abzulenken.
    Es gab also noch Elefanten. Aber nicht in Afrika. Sie waren spurlos verschwunden bis auf die Knochen, die von den Robot-Farmarbeiter gelegentlich ausgegraben wurden. Diese Knochen wiesen manchmal Nagespuren auf; sie stammten von den Zähnen halb verhungerter Menschen. Zu Bobbys Lebzeiten waren sie alle ausgerottet worden: Der Elefant, der Löwe, der Bär – selbst die nächsten Verwandten des Menschen, die Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans. Nun gab es außerhalb der Zoos, Privatzoos und Labors nur noch ein großes Säugetier, das frei auf dem Planeten lebte: Der Mensch.
    Die Tierwelt war unwiederbringlich verloren.
    Mit einer Willensanstrengung koppelte Bobby sich am Blickpunkt seines Bruders an und schwang sich empor.
    Während sie in Raum und Zeit aufstiegen, wurden die goldenen Felder wieder sichtbar. Die Kinder schrumpften bis zur Unkenntlichkeit, und das Farmland wurde zu einem kleinkarierten Flickenteppich, verschleiert von Dunst und Wolken.
    Bobby stieg immer höher, bis die Erde sich rundete und ganz Afrika in seinem Blickfeld erschien.
    Im Westen, über dem Atlantik, wölbte sich eine dichte, grau-weiß gemaserte Wolkenschicht über die gekrümmte Oberfläche des Ozeans. Während Afrika durch die Planetendrehung auf die Nachtseite zuwanderte, erkannte Bobby äquatoriale Gewitterwolken, die Hunderte von Kilometern durchmaßen und wie tastende Finger aus der Dunkelheit nach dem Festland griffen.
    Noch aus dieser Höhe sah Bobby die Spuren menschlichen Wirkens.
    Eine Tiefdruckzone stand weit draußen über dem Ozean – ein großer milchiger Wirbel aus weißen Wolken über blauem Meer. Das war kein natürliches System; es war trotz der Größe gleichmäßig und stabil. Die neuen Wettersteuerungs-Funktionen schwächten die Stürme ab, die noch immer über dem Planeten tobten, vor allem über den geschundenen Pazifikküsten.
    Im Süden des alten Kontinents sah Bobby die großen Vorhang-Schiffe durch die Atmosphäre pflügen. Die Leiter-Folien, mit denen sie bespannt waren, schimmerten wie Libellenflügel, während sie die Luft reinigten und das Ozonloch auffüllten. Im Westen folgten fahle Massen über Hunderte von Kilometern dem Verlauf der Küstenlinie: Riffe, die von den neuen, schnell wachsenden künstlichen Korallen geformt wurden. Sie sollten einmal überschüssigen Kohlenstoff binden und zum andern den

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