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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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»Und wie du vielleicht siehst, habe ich es gerade nicht bei mir. Hier drinnen gibt es nur diese Bank, meinen Eimer und mich.« Er spähte abermals Richtung Tür. »Wo steckst du überhaupt? Ich kann dich nicht sehen.«
    »Du kannst sie überzeugen«, fuhr die Stimme ungerührt fort. »Sag ihr, dass sie es ablegen soll, und fangt ein neues Leben an. Der Kampf in den Provinzen geht auch ohne euch weiter. Oder macht euch dieses Leben etwa Spaß? Hier geht es um etwas Größeres, und Sarik weiß das. April und du, ihr seid doch nur Spielsteine für ihn! Gebt mir das Schwert und dann geht nach Fængos oder wohin immer ihr wollt. Erst dann werdet ihr wirklich frei sein. Und das ist es doch, was du immer wolltest, nicht? Frei sein.«
    »Freiheit ist ein hohes Gut«, gab er zu und rasselte mit seinen Ketten.
    »Hilf mir, und ich helfe dir.«
    »Jetzt kommen wir also zum Geschäftlichen. Ich fragte mich schon, wie lange es dauern würde.«
    »Verdammt noch mal!«, zischte der Schatten. »Ist sie dir wirklich so wichtig? Mehr als das hier?«
    Er fand nicht, dass sie eine Antwort darauf verdient hatte, und grunzte. Seine Nase juckte, und er versuchte, sie mit der Schulter zu kratzen, was nicht so leicht war, weil man ihm die Ketten letzten Abend nicht gelockert hatte.
    »Hasst du mich denn so sehr?«, fragte der Schatten. »Du bist mir was schuldig, Ianus.«
    »Wieso muss ich es eigentlich immer allen recht machen?«, rief er aus, und es war ihm egal, wer ihn hörte – wahrscheinlich waren die Wachen schon tot, sonst wären sie längst hier. »Ich wollte immer bloß zur See fahren und meinen Vater finden, der Welt ins Gesicht schauen und sehen, ob es stimmt, was man sich erzählt.Doch die Welt steckte mich in ihre Kerker, man drückte mir Waffen, die ich nie wollte, in die Hand, und wohin ich auch ging, stand ich auf einmal in jemandes Schuld: Krayn überredet mich, für einen Irren zu arbeiten, der sich als Schwesternschänder und Vergewaltiger entpuppt. Ich helfe also seiner Schwester, und ich helfe April. Sie findet selbst ein Schwert, einmal will man was Sinnvolles damit tun, und heraus kommt nur Ärger – bis Krayn wieder auftaucht und mich überredet, mich ein zweites Mal der Gnade eines Irren auszuliefern. Und dann kommst du daher und redest von einem neuen Leben. Ausgerechnet du! Verdammt, ich sollte dir ein paar meiner Leben abgeben. Glaub mir, ich hatte genug davon. Dabei wollte ich immer bloß der Welt ins Gesicht schauen, meinen Vater finden und sehen, ob es stimmt, was man sich erzählt.«
    »Lass den Unsinn«, sagte der Schatten. »Er ist nicht dein Vater.«
    »Was?«, fragte er.
    »Er ist nicht dein Vater. Der Fealv Tausenddorn ist nicht dein Vater.«
    Auf einmal fiel ihm auf, wie leer es doch in seiner Zelle war, und wie dunkel, trotz der Sterne und des ersten Morgenlichts vor seinem Fenster. Die Wände schienen sich zurückzuziehen, die Ketten an seinen Muskeln zu zerren. Zum ersten Mal fürchtete er, dass er das alles nicht länger ertragen konnte: diese Unterhaltung, und die mit Don Torreno. Er hatte damit gerechnet, sein Leben in diesen Mauern zu verlieren – aber nicht sich selbst.
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil ich deine Schwester bin«, sagte Cassiopeias Stimme in der Dunkelheit. »Deine Halbschwester. Mein Vater war auch deiner. Deine Mutter hat es mir erzählt. Deine richtige Mutter, nicht Helena, die nur deine Amme war. ›Er sollte nicht glauben, dass er nur ein einfacher Bastard ist‹. Das waren ihre Worte. Also hat sie sich eine Geschichte ausgedacht. Für dich und, denke ich, auch für sich selbst.«
    »Was redest du da?«
    »Mirabelle war deine Mutter. Dein Vater war der Senator Latian Tial – so wie meiner.«
    »Tante Mirabelle«, hauchte Janner. »Und dein Vater ?«
    Der Schatten schwieg, doch diesmal lag keine Anklage in dieser Stille, auch kein Triumph.
    »Ich glaube dir nicht«, sagte Janner.
    »Es ist die Wahrheit«, sagte der Schatten.
    »Nein«, sagte Janner. »Denn wie du sicherlich weißt, ist mein Vater der große Tausenddorn, der in der Schlacht von Caranando kämpfte und das Schwert Banneisen führte; der Befreier des Nordens, und, wie viele sagen, Günstling der Prophetin. Davon musst du einfach gehört haben.«
    »Dein Vater, oder was von ihm noch blieb, wurde damals in Pherenaïs getötet«, widersprach der Schatten, »von demselben Dämon, der kurz nach deiner Geburt Besitz von ihm ergriff und mich zeugte. Er hat unser beider Familie abgeschlachtet und uns alles

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