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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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sie, ein Maß an Wirklichkeit zu beanspruchen, das Janner missfiel.
    Er versuchte zu schlafen, weil er dann manchmal träumte, dass er und April es geschafft hatten und in einer Hütte in den weiten Wäldern von Fængos lebten. Manchmal kamen sein Vater und die Prophetin zu Besuch, und die Prophetin machte einen ausgezeichneten Kirschkuchen in diesen Träumen.
    Diese Nacht aber fand er wenig Ruhe; und ein helles Licht, das verschwunden war, sobald er die Augen aufschlug, störte seinen Schlaf.
    So war er zuerst recht verwirrt, als es früh am Morgen an seine Tür klopfte. Müde zog er an seinen Ketten und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Mund schmeckte nach faulen Eiern, und er hatte die Befürchtung, dass es der Geruch seiner Wunden war, der ihm am Gaumen hing. Unwillkürlich schielte er nach seiner Nase, doch offenbar war sie noch da.
    »Janner«, sagte eine Stimme vor der Tür. Es war die Stimme einer Frau. Sie schien aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben zu stammen, und er brauchte einen Moment, um sie einzuordnen,da ihr Besuch ihm zu dieser Stunde ebenso absurd erschien, wie es der eines Bauchladenverkäufers gewesen wäre.
    »Cassiopeia? Du?«
    »Ich«, flüsterte die Stimme. Es fiel genug Licht durch das Fenster über ihm, dass er die Tür gut erkennen konnte. Auf Augenhöhe gab es eine vergitterte Öffnung darin, doch dahinter lag nichts als Dunkelheit.
    »Das ist ja eine Überraschung«, sagte er. »Wie kommst du denn hier rein?«
    »Die Frage muss lauten, wie kriegen wir dich hier raus«, erwiderte die Stimme, und er glaubte die Andeutung eines Lächelns darin zu hören. Oder war es Spott?
    »Ich bin sicher, die Wachen hätten da einen Vorschlag«, meinte er. »Und die nötigen Schlüssel.«
    »April und die anderen kommen bald nach.«
    »April ist hier?«, stieß er aus. »Die anderen?« Und insgeheim fragte er sich, was ihm an der Art, wie sie ihm auswich, missfiel.
    »Edric und Horb«, führte die Stimme aus.
    »Nur drei«, sagte er und zählte sie nicht mit, um ihre Reaktion zu testen. »Drei Leute, um die ganze Festung einzunehmen! Das ist doch Wahnsinn.«
    Die Stimme erhob keinen Widerspruch. »Sie ließ sich nicht davon abbringen.«
    »Das ist mein Mädchen«, kicherte Janner. »So ein ungezogenes Ding.«
    »Sie hat noch ihren Zauberer. Diesen Sarik.«
    »Dachte ich mir, dass wir ihm nicht zum letzten Mal begegnet sind«, murmelte Janner, doch die Neuigkeit behagte ihm nicht. »Was hat er vor?« Da Cassiopeia es mit seiner Rettung nicht allzu eilig zu haben schien, fand er besser heraus, was sie wusste.
    »Ich glaube, sie haben eine Art Handel abgeschlossen.«
    »Was für einen Handel?«
    »Er hilft ihr, dich rauszuholen, dann will sie mit ihm nach Teveral.«
    »Nach Teveral! Mit ihm? Wieso das denn?«
    »Würden wir das nicht alle gerne wissen?«
    »Bitte, keine Versteckspiele«, sagte er. »Du glaubst es vielleicht nicht, aber meine Tage sind voll rhetorischer Fragen.«
    »Wieso bist du damals gegangen?«, fragte die Stimme.
    Er stockte. »Das ist jetzt nicht dein Ernst.« Doch der Schatten vor der Zelle schwieg geduldig. »Ich habe es dir erklärt«, sagte er. »Ich hatte Angst.«
    »So wie jetzt?«, fragte die Stimme.
    »Schlimmer«, sagte er.
    »Und in Ptaraon?«
    »Auch das habe ich dir erklärt«, sagte er. »Dort saß ich im Gefängnis.«
    »So wie jetzt?«
    »Ähnlich«, räumte er ein.
    »Gab es dort auch ein Fenster?«
    »Was soll das jetzt wieder heißen?«
    Der Schatten schwieg, anklagend in seiner Schwärze.
    »Sag, bist du nur deshalb zu mir gekommen? Hast mich durch die Provinzen verfolgt, einen Haufen Leute umgebracht und dich in mein Gefängnis geschlichen – bloß, um mein schlechtes Gewissen zu sein?«
    »Nein«, sagte der Schatten.
    »Was willst du dann?«
    »Ich will Schneeklinge.«
    »Wie war das?«
    »Das Schwert«, sagte der Schatten. »Nicht dein Mädchen. Ich brauche das Schwert Schneeklinge.«
    Nun war es an Janner, zu schweigen. Zu viel ging ihm durch den Kopf: wie selbstsüchtig dieser Wunsch schien, und wie unbedeutend. Was April wohl davon hielte, und wie sehr er es bisher vermieden hatte, sich ein Urteil über den Umstand zu bilden, dass sie einen solchen Schatz überhaupt in ihrem Besitz hatte. Dass das Schwert ihr Blut getrunken hatte und angeblich uralt war.Dass es Kriege entschieden und einem Eolyn gehört hatte, dem es nur Unglück gebracht hatte. Er fragte sich, was aus ihm geworden war.
    »Das Schwert gehört April«, sagte er vorsichtig.

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