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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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damit zufrieden, ihm beim Bluten zuzusehen. Dann begann er mit ruhiger Stimme, ihm von seinem Sohn zu erzählen; Anekdoten, wie alte Männer sie auf der Parkbank austauschen, den Blick verträumt in die Ferne gerichtet. Nach einer Stunde verließ er ihn, sichtlich gelöst und in Begleitung seines enttäuschten Folterknechts, der ihm wohl gerne noch weitere seiner Gerätschaften gezeigt hätte. Der Don aber hatte sich schon immer gern Zeit gelassen, wenn eine Beziehung langsam persönlich wurde.
    Von da an folgten die Besuche in schöner Regelmäßigkeit, immer zur selben Stunde, nach dem Mittagessen, das bald seinen letzten Reiz für Janner verloren hatte. Der Don markierte eine Stelle, nahm Platz, sah zu, wie sie herausgeschnitten wurde, und erzählte eine Episode aus dem Leben seines nichtsnutzigen Sohns: wie er als kleiner Junge vom Apfelbaum gefallen war, obwohl er ihm das Klettern doch verboten hatte; wie er sein erstes eigenes Geld nach Hause brachte, und wie stolz er seinen Vater gemacht hatte.
    Janner hielt mit der Episode dagegen, als der kleine Toni so betrunken gewesen war, dass die Betreiberin eines angesehenen Etablissements ihn eigenhändig vor die Tür warf, nackt; doch Antonio Torreno hörte ihn gar nicht und nickte nur gutmütig. Am nächsten Tag dann pickte er sich eine große Stelle nahe des Schlüsselbeins heraus.
    Nach einer Woche war Janners ganzer Oberkörper von kleinen Wunden in verschiedenen Stadien der Verkrustung und Vereiterung übersät, er hatte starke Schmerzen und musste immerwieder an einen Seemann denken, den er in jungen Jahren einmal gesehen hatte, und der beim Anlegen an einer felsigen Küste in ein Feld giftiger Seeigel gefallen war. Drei Tage und drei Nächte hatte er im Fieber getobt und geschrien, dass es ihn auffraß, dann war er gestorben.
    Nun hatte Janner nicht den Ehrgeiz, sein Leiden möglichst unangenehm zu gestalten, aber irgendwie wollte er dem Don auch nicht den Gefallen tun, sich wie dieser Seemann aufzuführen. So wurde es einer dieser lästigen Wettstreite, bei denen derjenige verlor, der als Erster auf das Gesprächsangebot des anderen einging, wie unvernünftig es auch sein mochte.
    Eine Weile erwog er, ihm von Tonino und Livia zu erzählen; doch wenn Livia das noch nicht getan hatte, würde er die Tochter des Dons nur in Schwierigkeiten damit bringen.
    »Dein Sohn war ein Arschloch«, sagte er schließlich, in der Hoffnung, so schneller einen Konsens herbeizuführen. »Er hat gekriegt, was er verdient hat, und ich würde es wieder tun. Ich scheiße auf sein Grab und das seiner Mutter.«
    Der Don hob entschuldigend die Hand zum Ohr, als hätte er Probleme, ihn zu verstehen, und dann tat er etwas, womit Janner nicht gerechnet hatte: Er ließ den Phereniden seine Ketten festziehen, trat ganz nahe heran und fuhr zum Abschied mit seinem Stift über sein Gesicht. Einen Moment wusste er gar nicht, wie ihm geschah, dann begriff er, dass der Don einen Kreis um seine Nase gezogen hatte.
    »Siehst du, Janner«, sagte der Don, »ich habe ein Problem: Ich schätze es einfach zu sehr, mit dir über Tonino zu reden. Du bist ein großer Geschichtenerzähler, und ein noch besserer Zuhörer. Deshalb möchte ich dir weder Ohren noch Zunge nehmen. Ich könnte dir Hände und Füße abschlagen, aber das würdest du wohl nicht überleben, und den Spaß darf ich dem Kaiser nicht verderben. Außerdem schätze ich, wie ich schon sagte, unser Gespräch einfach zu sehr – so sehr, dass ich beim Präfekten einen Aufschub erwirkt habe, damit wir noch ein paar Tage redenkönnen. Ich könnte auch mit deinen Fingern und Zehen beginnen, doch wenn ich ehrlich bin – du entschuldigst doch meine Offenheit? Was mir immer schon an dir missfiel, war diese große Nase, die du da hast. Bis morgen, mein Freund.«
    Die Erwähnung des Kaisers und insbesondere des versprochenen Aufschubs verunsicherten Janner, und so versuchte er im Lauf des Nachmittags und Abends, von den Wachen zu erfahren, wie lang das Spiel des Dons wohl noch gehen würde – doch sie zeigten sich wenig kooperativ. Es entging ihm aber nicht, dass unten im Hof eine Menge Unruhe herrschte, und vielleicht nicht zum ersten Mal hörte er auch Fanfaren, die ihn an seine Zeit in Ptaraon erinnerten. Wenn er damals ihren Klang gehört hatte, war es das Zeichen gewesen, möglichst schnell um die nächste Ecke zu verschwinden. Bisher hatte er sie auf die Wahnvorstellungen geschoben, die sich nun immer häufiger einstellten; nun aber begannen

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