Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
ihrem Glanz. Jetzt ist es das Licht ihres Kindes, das sie erfüllt.«
April errötete. »Wie ich schon sagte, unser Kind soll in einer friedlicheren Welt aufwachsen …«
»Du verstehst nicht«, unterbrach Sarik. »Unsere Zeit läuft ab. Die letzten von uns, die noch hier sind, werden irgendwann alt werden und sterben, genau wie Toska und Janner und du. Andere haben sich schon so weit von dieser Welt entfernt, dass es bald keinen Weg mehr von ihnen zu uns geben wird. Wieder andere schlafen und werden nie mehr erwachen. Dich aber rief Zeonamit der größten Gabe ins Leben, die diese Welt noch zu geben hatte.«
April fuhr zusammen, als hätte sie etwas gestochen. »Ich möchte nicht mehr darüber reden.«
»Korianthe sagte einmal, in der Alten Zeit wärst du eine von uns gewesen. Doch etwas ist anders – denn du wirst ein Kind zur Welt bringen, was keiner Mächtigen mehr vergönnt war, seit die Magie uns verließ. Vielleicht bist du schon zu sehr Mensch, oder etwas völlig Neues …«
»Sarik …«
»Dein Kind könnte der letzte große Magier sein, der dieser Welt geboren wird. Der größte von allen.«
Eisiges Schweigen breitete sich aus, als ihnen klar wurde, was Sarik gerade gesagt hatte.
»Ist das dein Ernst?«, fragte Janner. »Unser Kind …?«
» Ihr Kind«, sagte Sarik. »Es spielt keine Rolle, wer der Vater ist.«
»Was soll das jetzt wieder heißen?«
»Nein!«, bat April. »Hör nicht auf ihn.« Sie wandte sich an Sarik und kniff die Augen zusammen. »Was du da sagst – es wäre mein Tod. Oder nicht? Ich müsste sterben bei der Geburt, damit es so käme. Mein Leben für seins! Genau, wie meine Mutter gestorben ist. Wer soll es diesmal machen? Du selbst?«
»Es tut mir leid«, sagte Sarik und wich ihrem Blick aus. »Ich dachte nur an die Möglichkeit …«
»Die Möglichkeit ?«, schrie April, und Janner sah unwillkürlich nach Banneisen, das neben ihm am Feuer lag.
»Die Möglichkeit, die dein Sohn für diese Welt darstellt«, präzisierte Sarik.
»Mein Sohn ?«, rief April.
»Es tut mir leid. Vergiss, was ich gesagt habe. Es geht mir nicht gut. Meine Gedanken verwirren sich.« Sarik erhob sich und ließ den Blick über die Feuer hinweg zum Wald schweifen. »Ich werde einen Spaziergang machen. Genießt den Abend! Vielleicht können wir morgen früh noch Lebewohl sagen.«
»Sarik …«
»Gute Nacht«, sagte er und ging davon.
Sie sahen ihm nach, und Janner spürte die Gänsehaut auf Aprils Armen.
»Ich traue ihm nicht«, sagte er. »Ich möchte nicht, dass du ihn noch mal in deine Nähe lässt.«
»Liebling«, sagte April und küsste ihn flüchtig. »Bitte mach dir keine Gedanken. Er ist sicher nur durcheinander.«
Janner warf einen argwöhnischen Blick in die Nacht hinaus.
»Das über unser Kind … und deine Mutter …«
Sie legte ihm den Finger auf die Lippen. »Weißt du, in einem hatte er recht: Lass uns den Abend genießen. In Ordnung? Es ist ein guter Abend.«
Er nickte schließlich und verfolgte das Thema nicht weiter. Sie saßen noch eine Weile am Feuer und lauschten dem Gelächter und der fernen Musik.
Später weckten sie Toska und legten sich schlafen; aber erst, nachdem Janner noch einen zweiten Mann als Wache gewonnen hatte.
»Dein Vertrauen ehrt mich«, meinte Toska und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
»Glaub mir«, sagte Janner. »Ich traue heute Nacht niemandem mehr.«
Am nächsten Morgen war April verschwunden.
Toska, bleich wie ein Laken, berichtete, er habe während seiner Wache ein Geräusch vom Wald her gehört und sich ein paar Schritte vom Feuer entfernt, doch nichts gefunden. Als er zurückkam, habe die zweite Wache geschlafen. Gerade, als er sie wecken wollte, sagte er, sei ihm gewesen, als wiche auf einmal alle Luft aus seiner Lunge, und er verlor das Bewusstsein.
Auch von Sarik fehlte jede Spur.
Janner schrie. Janner tobte. Er brüllte, er werde ihn umbringen,aber es war nicht ganz klar, auf wen er wütender war: Toska, die Wache, den Zauberer oder sich selbst. Es dauerte etwa eine Stunde, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits das ganze Lager gegen sich aufgebracht.
Ein schlotternder Junge, der in der Nähe der Pferde geschlafen hatte, sagte, er habe nachts, als er kurz wach wurde, gesehen, wie zwei Gestalten auf einem Pferd aus dem Lager ritten. Es sei sehr neblig gewesen in diesen Stunden, daher wisse er nicht mit Sicherheit, um wen es sich handelte, doch die eine Gestalt sei kleiner gewesen als die
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