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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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freien Tempelfrau doch einen bestimmten, wenn auch illegitimen, Status. Demira war nach den strengen Gesetzen der Priesterkaste nicht einmal illegitim. Sie war nichts. Kein Gesetz schützte sie, keine Tempelschrift führte sie auf, sie war nicht einmal eine Sklavin. Es durfte sie einfach nicht geben. Nur hier unter den gesetzlosen saji hatte sie Obdach und Unterhalt finden können.
    Der strenge Kodex des Tempels verbot es der Priestertochter und Priesterin Deoris, das namenlose Mädchen zu erkennen, aber obwohl sie niemals ein einziges Wort miteinander gewechselt hatten, wusste Deoris, dass Demira mit ihr nahe verwandt war, und die seltsame phantastische Schönheit des Kindes erregten ihr Mitleid und Interesse. Jetzt hob sie den Blick und lächelte dem namenlosen Mädchen schüchtern zu, und vorsichtig erwiderte Demira ihr Lächeln.
    Riveda tauchte wieder auf, den Blick gedankenverloren ins Leere gerichtet. Demira zog sich hinter die Säule zurück und war nicht mehr zu sehen.
     
    Der Tempel war jetzt gedrängt voll von Männern in grauen Roben und den saji in ihren safranfarbenen Schleiern. Einige Frauen trugen merkwürdige Saiteninstrumente, Rasseln und Gongs. Es waren auch viele Chelas in grauen Röcken da, mit nackten Oberkörpern, auf denen sie merkwürdige Amulette trugen. Keiner von ihnen war sehr alt, die meisten waren ungefähr in Deoris' Alter. Manche waren Knaben von fünf oder sechs. Deoris sah sich in der Halle um und zählte nur fünf Personen, die die volle Robe eines Adepten trugen. Verblüfft stellte sie fest, dass sich darunter eine Frau befand. Sie war außer Deoris die einzige Frau hier, die keinen saji -Schleier trug.
    Langsam stellten sich die Magier und Adepten im Kreis auf, und jeder nahm dabei einen genau bestimmten Platz ein. Die saji mit ihren Musikinstrumenten und die kleineren Chelas hatten sich an die durchscheinenden Wände zurückgezogen. Aus ihren Reihen kamen leise Töne von Pfeifen und Flöten, dann das Echo eines Gongs, der mit einer stahlbekleideten Fingerspitze berührt worden war.
    Vor jedem Magier stand entweder ein Chela oder eine der saji . Manchmal drängten sich drei oder vier vor einem der Adepten oder einem der ältesten Magier. Die Chelas waren in der Überzahl; in diesem inneren Ring waren nur vier oder fünf Frauen. Zu ihnen gehörte Demira. Sie hatte ihren Schleier zurückgeschlagen, so dass ihr silberhelles blondes Haar wie Mondschein auf dem Meer glitzerte.
    Riveda winkte Reio-ta, seinen Platz in dem Ring einzunehmen. Dann fragte er: »Deoris, hast du den Mut, heute Abend im Ring der Chelas vor mir zu stehen?«
    »Aber -« stotterte Deoris erstaunt, »aber ich weiß doch gar nichts davon, wie kann ich -«
    Um Rivedas strengen Mund zuckte ein Lächeln. »Du brauchst nichts zu wissen. Je weniger du weißt, desto besser ist es sogar. Versuche, an nichts zu denken - und lass alles auf dich zukommen.« Er gab Reio-ta ein Zeichen, Deoris zu führen, und mit einem letzten flehenden Blick zurück folgte Deoris dem Chela.
    Flöten und Gongs brachen plötzlich in laute Dissonanzen aus, ganz als würden sie gestimmt. Adepten und Magier wandten sich um, lauschten, prüften etwas Unsichtbares und Unfassbares. Deoris dröhnte der Kopf. Sie wurde zwischen Reio-ta und Demira in den Kreis gezogen. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Demiras kleine, stahlharte Finger packten ihre Hand wie die Werkzeuge eines Folterknechts. Sie wollte vor Entsetzen schreien...
    Riveda schlug ihr mit der flachen Hand auf die verkrampfte Faust, der Griff lockerte sich, und Deoris war frei. Der Adept sah sie mit kurzem Kopfschütteln an und wies sie wortlos aus dem Ring. Dabei hatte es nicht den Anschein, als bedeute ihm ihr Versagen irgend etwas. Völlig geistesabwesend winkte er einem saji -Mädchen mit einem Gesicht wie eine Seemöwe, ihren Platz einzunehmen.
    Auch zwei oder drei der Chelas waren aus dem Kreis geschickt worden, andere wurden neu aufgestellt oder ausgewechselt. Noch zweimal erklangen weiche, aber dissonante Akkorde, und jedes Mal änderten sich Stellungen und Muster. Beim dritten Mal hob Riveda verärgert die Hand, trat von seinem Platz vor und sah sich finster im Ring der Chelas um. Sein Blick fiel auf Demira. Mit einem unterdrückten Schrei packte er das Mädchen grob bei der Schulter und stieß es heftig fort. Sie taumelte und wäre gefallen, wenn die Adeptin nicht die Reihe verlassen und sie aufgefangen hätte. Eine Minute lang hielt die Frau Demira in ihren Armen. Dann legte sie

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