Das Licht Von Atlantis
alptraumhaften, fordernden, monotonen, schmerzenden Beharrlichkeit und hielten beinahe genau den Rhythmus des in ihren Ohren pochenden Blutes ein.
»Sie wollen meine Macht! « ächzte Micon. »Das ist schwarzer Verrat! Rajasta!« Er hob den Kopf, und die Verzweiflung in dem blinden Gesicht verstärkte das Grauen des Augenblicks noch. » Wie werde ich nur diese Nacht überleben! Und ich muss sie überleben, ich muss! Wenn sie siegen, wenn das, was sie heraufbeschwören, wirklich erscheint, dann steht nichts als mein armes Leben zwischen ihm und der ganzen Menschheit!« Er rang nach Luft. »Wenn eine solche Verbindung zustande kommt - dann kann auch ich nicht mehr sicher sein, dem Bösen standzuhalten!« Er schwankte und hielt sich an Rajasta fest. Wie eine zentnerschwere Last legten sich seine Worte auf dessen Gemüt. »Nur dreimal in unserer ganzen Geschichte hat Ahtarrath sich dieser Macht stellen müssen! Und dreimal ist sie mit knapper Not gebändigt worden.«
Nun legte auch Rajasta seine Hände auf Micons Schultern, und so standen sie sich gegenüber. »Micon!« fragte Rajasta eindringlich, » was sollen wir tun?«
Der Atlanter lockerte seinen Griff ein wenig und ließ seine Hände niedersinken. »Würdest du mir wirklich helfen, Rajasta?« fragte er mit gebrochener, fast kindlich-hilfloser Stimme. »Es bedeutet -«
»Du brauchst mir nicht zu erklären, was es bedeutet«, Rajastas Stimme drohte ebenfalls umzuschlagen. » Ich bin entschlossen, dir zu helfen .«
Micon holte bebend Atem. Ein Hauch von Farbe kehrte in sein Gesicht zurück. »Gut«, murmelte er, und dann wurde seine Stimme stärker. »Aber wir haben nicht viel Zeit.«
Micon kramte in der Truhe, die seine privaten Schätze enthielt. Er entnahm ihr einen Mantel aus einem schmiegsamen metallischen Gewebe und legte ihn sich um die Schultern. Als nächstes holte er ein Schwert hervor, das in einen hauchdünnen Stoff eingewickelt war, und legte es neben sich. In seiner Muttersprache vor sich hinmurmelnd, suchte er längere Zeit in der Truhe, bis er schließlich einen kleinen Bronze-Gong fand. Er reichte ihn Rajasta mit der Mahnung, er dürfte damit weder den Fußboden noch die Wände berühren.
Der grauenhafte Gesang stieg und fiel die ganze Zeit auf und ab mit unheimlichen, klagenden Obertönen und schluchzenden, wilden Kadenzen; eine Moll-Tonleiter erklang immer wieder und quälte ihr Gehirn mit ihren markerschütternden Wiederholungen. Rajasta hielt den Gong in den Händen, verschloss Ohren und Geist vor diesen schaurigen Klängen und richtete sein volle Aufmerksamkeit auf Micon, der sich von neuem über seine kostbare Habe beugte.
Das ärgerliche Murmeln des Atlanters endete mit einem Seufzer der Erleichterung, und er entnahm der Truhe einen letzten Gegenstand - ein kleines Kohlenbecken aus Bronze. Es war mit sorgfältig gearbeiteten Figuren geschmückt, die sich auf eine Art wanden und verschlangen, dass das Auge die Illusion einer Bewegung hatte. Rajasta erkannte rasch, dass es Feuer-Elementargeister waren.
Mit den sparsamen Bewegungen, die so charakteristisch für ihn waren, richtete Micon sich auf, das verhüllte Schwert in einer Hand. »Rajasta«, bat er, »gib mir den Gong.« Das geschah, und der Atlanter fuhr fort: »Stelle das Kohlenbecken in die Mitte des Raums und entzünde darin ein Feuer - aus Kiefern-und Zypressenholz.« Er gab seine Anweisungen knapp und kurz, als sage er einen auswendig gelernten Text her.
Rajasta fasste den Entschluss, seine nun doch aufgetretenen Bedenken zu vergessen und machte sich an die Arbeit. Micon trat wieder ans Fenster. Er legte das Schwert auf den kleinen Tisch neben die Figurine Nar-inabis und wickelte es aus dem Tuch. Zum Vorschein kamen die verzierte Klinge und der mit Juwelen besetzte Griff einer Zeremonialwaffe. Er fasste sie und blieb lauschend vorgebeugt am Fenster stehen. Rajasta sah deutlich, dass der Initiierte Kraft sammelte. Von Mitleid überwältigt, ging er zu ihm und legte ihm die Hand auf den Arm.
Micon fuhr ungeduldig herum. »Ist das Feuer fertig?«
So abgewiesen, kehrte der Priester an das Kohlenbecken zurück. Er schürte die Späne aus duftendem Holz und verstreute Weihrauchkörner über der dünnen Glut. Wolken von dickem weißem Rauch wallten auf; die glosenden Hölzer wirkten im Rauch wie winzige trübe Lichter im dichten Nebel.
Weit weg ertönte immer noch der Gesang in aufsteigenden und absteigenden Melodien und nahm an Kraft und Lautstärke zu. Eine dünne
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