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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Worten nur ein Gespräch, das er schon oft im stillen mit sich selbst geführt hatte. »Sonst werden sich andere, die kein Recht dazu haben, die Kräfte nehmen, die ich in mir trage.«
    »Es geschehe, wie du willst«, sagte Rajasta, und seine Stimme war sanft und zustimmend, denn auch er lebte nach diesem Gesetz. »Und die Mutter?«
    Eine Weile blieb Micon stumm, und sein Gesicht verriet nichts. Sein Zögern dauerte jedoch nicht lange. »Domaris«, antwortete er.
    »Domaris?«
    »Ja.« Micon seufzte. »Das wird dich kaum überraschen.«
    »Nicht sehr«, gab Rajasta endlich zu. »Es ist eine weise Wahl. Allerdings ist sie mit deinem Landsmann verlobt, dem jungen Arvath...« Rajasta krauste nachdenklich die Stirn. »Trotzdem steht es ihr frei zu wählen. Sie hat das Recht, das Kind eines anderen zu gebären, wenn sie es möchte. Liebst du sie denn?«
    Micons angespanntes Gesicht leuchtete auf, und Rajasta schoss die Frage durch den Kopf, was diese blinden Augen erblicken mochten. »Ja«, gestand Micon leise. »Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich zu solcher Liebe fähig wäre...« Der Atlanter stöhnte auf, denn Rajastas Griff hatte sich verstärkt.
    Erschrocken ließ der Priester des Lichts Micons missbrauchte Hände los. Lange Zeit herrschte befangenes Schweigen zwischen ihnen; währenddessen kämpfte Micon geduldig gegen den Schmerz. Rajasta stand daneben und beobachtete ihn. So lange, wie Micon seine Dienste zurückwies, konnte er ihm nicht helfen.
    »Du hast viel erreicht«, stellte Rajasta plötzlich fest. »Und ich bin bis jetzt noch nicht wirklich vom Licht berührt worden. Willst du mich für die dir zugemessene Zeit - als Schüler annehmen?«
    Micon hob das Gesicht; sein Lächeln wirkte verklärt. »Was ich an Kraft des Lichts zu geben vermag, wird dich bestimmt auch ohne mich bescheinen«, versicherte er. »Aber ich nehme dich an.« Dann fuhr er mit leiserer, nüchterner Stimme fort: »Ich glaube - das heißt: ich hoffe -, ich kann dir ein Jahr geben. Es sollte genügen. Und wenn nicht, so wirst du imstande sein, das Letzte Siegel allein zu vollenden. Das gelobe ich dir.«
    In gewohnter Langsamkeit erhob Micon sich und stand Rajasta von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Groß und dünn, die Haut im schattendurchwobenen Sonnenlicht, das durch die Bibliotheksfenster auf sie fiel, beinahe durchscheinend, legte der Atlanter seine verrenkten Hände leicht auf die Schultern des Priesters und zog ihn an sich. Mit einer Hand machte er auf Rajastas Stirn und Brust ein Zeichen und ließ daraufhin seine Finger federleicht über das Gesicht des älteren Mannes gleiten.
    Rajastas Augen waren feucht. Für ihn war das etwas Unglaubliches: Mit einem Fremden war er diese bedeutungsvollste aller Verbindungen eingegangen. Er, Rajasta, Priester des Lichts, Abkömmling einer langen Reihe von Priesterahnen, hatte darum gebeten, Schüler eines Ausländers zu werden, dessen Stamm-Tempel man in der Priesterkaste verächtlich als ›jenes Hinterwald-Kapellchen inmitten des Ozeans‹ bezeichnete!
    Rajasta empfand kein Bedauern, sondern zum erstenmal in seinem Leben nichts als reine Demut. Vielleicht ist meine Kaste zu stolz geworden , dachte der Priester, und deshalb zeigen die Götter sich nun durch diesen blinden, gefolterten Ausländer. Sie wollen uns daran erinnern, dass das Licht nicht nur jene berührt, die durch Geburt dazu ausersehen sind... Die Schlichtheit dieses Mannes und sein Mut sollen mir Talismane sein .
    Micon ließ ihn los, und Rajastas Lippen pressten sich zu einer strengen, grimmigen Linie zusammen. »Wer hat dich gefoltert, Krieger des Lichts?« fragte er dann. »Wer?«
    »Ich weiß es nicht.« Micons Stimme war vollkommen ruhig. »Alle waren maskiert und ganz in Schwarz gekleidet. Doch für einen Augenblick sah ich - und zwar zu deutlich. Deshalb sehe ich jetzt nichts mehr. Lass es dabei bewenden. Auf die Tat wird Bestrafung folgen.«
    »Das mag sein, aber aufgeschobene Strafe gibt nur Zeit für weitere Taten«, antwortete Rajasta. »Warum hast du mich gebeten, dich verborgen zu halten, solange die Abgesandten aus Ahtarrath bei uns waren?«
    »Sie hätten viele Menschen erschlagen oder gefoltert, um mich zu rächen - und so noch größeres Übel heraufbeschworen.«
    Rajasta zögerte. Von neuem staunte er über die Kraft dieses Mannes. »Ich will deine Weisheit nicht in Frage stellen, nur - ist es richtig, dass du deine Eltern umsonst trauern lässt?«
    Micon setzte sich wieder und lachte leise. »Mach dir

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