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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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noch der Wind mit dem Wasser.

5. DER ERWÄHLTE PFAD
    Im Lauf der letzten Jahre hatte Elis ihr hübsches Aussehen verloren, dafür aber die Würde und den Charme einer reifen Frau erlangt. In ihrer Gegenwart empfand Deoris einen merkwürdigen Frieden. Sie nahm Elis' Jüngstes, ein Kind von noch nicht einem Monat, sehnsüchtig auf den Arm. Dann gab sie es der Mutter zurück. In plötzlicher Verzweiflung warf sie sich neben ihrer Cousine auf die Knie und verbarg ihr Gesicht.
    Elis sagte nichts, und nach einem Augenblick sah Deoris auf und lächelte schwach. »Ich bin töricht«, gestand sie, »aber - du bist Domaris so ähnlich!«
    Elis berührte den gesenkten Kopf mit seinem Kranz schwerer dunkler Zöpfe. »Du selbst wirst ihr von Tag zu Tag ähnlicher, Deoris.«
    Elis' ältere Kinder stürmten ins Zimmer, angeführt von Lissa, die jetzt ein großes, verständiges Mädchen von dreizehn Jahren war. Deoris stand schnell auf. Als die Kinder die Frau in der blauen Robe einer Initiierten Caratras erblickten, blieben sie stehen, und ihre Ausgelassenheit verging ihnen auf der Stelle.
    Nur Lissa war gewandt genug, Deoris zu begrüßen. » Kiha Deoris, ich muss dir etwas erzählen!«
    Deoris legte den Arm um die Tochter ihrer Cousine. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, dass sie dieses junge Mädchen jemals als unartiges Kleinkind in den Armen gehalten hatte. »Was für ein großes Geheimnis ist es, Lissa?«
    Lissa sah sie mit ihren dunklen Augen aufgeregt an. »Es ist eigentlich kein Geheimnis, kiha... nur dass ich nächsten Monat im Tempel Dienst tun werde!«
    Hinter Deoris' Gesicht - der ruhigen Maske einer ausgebildeten Priesterin - rasten die Gedanken. Sie hatte gelernt, ihren Ausdruck, ihr Benehmen und - beinahe - auch ihre Gedanken zu kontrollieren. Sie, eine Initiierte Caratras, war für immer von bestimmten Stufen der Vervollkommnung ausgeschlossen. Lissa würde bestimmt nie so aufsässige Gedanken hegen wie sie damals. Sie war dreizehn oder vierzehn gewesen, erinnerte Deoris sich, ungefähr in Lissas Alter, aber sie wusste nicht mehr recht, warum es ihr so widerstrebt hatte, den Tempel Caratras auch nur für die kurze Zeit des Dienstes zu betreten. Wenn sie daran dachte, konnte sie ihren Gedanken kaum mehr Einhalt gebieten, und sie trugen sie erbarmungslos weiter... zu Karahama... zu Demira... und zu der quälendsten aller Überlegungen. Wenn ihre eigene Tochter am Leben geblieben wäre, das Kind, das sie Riveda geboren hatte, wäre es jetzt nur ein bisschen jünger als Lissa - vielleicht acht oder neun - und würde bereits zur Frau heranwachsen.
    Lissa verstand nicht, warum Deoris sie plötzlich umarmte, aber sie drückte ihre Tante liebevoll an sich. Dann nahm sie ihren neugeborenen Bruder auf den Arm und ging auf den Rasen hinaus, die anderen Kinder trieb sie vor sich her. Die Frauen beobachteten sie, Elis lächelnd vor Stolz, Deoris ein bisschen traurig.
    »Sie ist schon eine richtige junge Priesterin, Elis.«
    »Sie ist sehr reif für ihr Alter«, erwiderte Elis. »Und wie stolz Chedan jetzt auf Lissa ist! Weißt du noch, wie wenig er für sie übrig hatte, als sie noch ein Baby war?« Einen Augenblick verlor sie sich in Erinnerungen. »Jetzt ist er ihr ein wirklicher Vater!«
    Es war kein Geheimnis mehr; vor ein paar Jahren hatte Arvath sich verspätet als Lissas Vater bekannt und einen Versuch unternommen, Anspruch auf sie zu erheben, wie es Talkannon in einer ähnlichen Situation mit Karahama gemacht hatte. Chedan hatte jedoch in dieser Sache das letzte Wort sprechen dürfen und sich geweigert, Arvath seine Stieftochter zu überlassen. Arvath hatte die strenge Buße, die über ihn als pflichtvergessenen Vater verhängt wurde, umsonst auf sich nehmen müssen - außer vielleicht zum Wohl seiner Seele.
    Der Gedanke an Arvath gab Deoris einen Stich ins Herz. Sie wusste, dass er die treibende Kraft bei Domaris' Verbannung gewesen war, und das nahm sie ihm immer noch übel. Er und Deoris trafen sich höchstens zweimal im Jahr, und dann benahmen sie sich wie Fremde. Arvath selbst konnte in der Priesterschaft nicht weiter aufrücken, da er bis jetzt noch kein Kind hatte.
    Deoris wollte sich gerade verabschieden, aber Elis fasste die Hand ihrer Cousine und hielt sie zurück. Die Intuition, die sie in so starkem Maß besaß, zwang sie zum Sprechen. »Deoris - ich glaube, für dich ist die Zeit gekommen, dich an Rajastas Weisheit zu wenden. Das wird dir weiterhelfen.«
    Deoris nickte langsam. »Ich werde es tun«,

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