Das Licht Von Atlantis
war darauf vorbereitet gewesen, sein Wissen gegebenenfalls geheimzuhalten. Mit der Erleichterung kam die Müdigkeit. »Mein Dank ist nichts wert, Riveda«, sagte er, »aber nimm mit ihm meine Freundschaft an.«
Sehr behutsam ergriff Riveda die ausgerenkten Finger und prüfte mit seinen kundigen Augen unauffällig, wie lange es her sein mochte, dass sie verheilt waren. Rivedas Hände waren selbst groß und hart, rau von der körperlichen Arbeit, die er in seiner Kindheit verrichtet hatte. Dennoch waren sie nicht weniger sensibel als Micons. Der Atlanter spürte, dass in Rivedas Händen eine starke Kraft gefesselt war - eine ursprünglich ungebärdige, jetzt aber beherrschte Kraft. Die Kräfte der beiden Initiierten trafen sich - doch schon der kurze, unmittelbare Kontakt zu so viel Vitalität war für Micon zuviel. Mit aschfahlem Gesicht zog er seine Hand zurück. Ohne ein weiteres Wort und von der Anstrengung, ruhig zu wirken, zitternd, drehte er sich um und ging auf die Tür zu.
Rajasta machte einen Schritt vorwärts, um ihm zu folgen, blieb dann jedoch stehen, einem unhörbaren Befehl gehorchend, der schlicht und einfach »Nein« lautete.
Knarrend schloss sich die Tür, und Rajasta wandte sich Riveda zu: »Nun?«
Riveda stand da und sah stirnrunzelnd auf seine Hände nieder. Voller Unbehagen erklärte er: »Der Mann ist ein roher, offener Kanal der Macht.«
»Wie meinst du das?« fragte Talkannon gepresst.
»Als unsere Hände sich berührten«, murmelte Riveda, »spürte ich, wie die Lebenskraft mich verließ. Er schien sie aus mir herauszuziehen wie ein Vampir oder...«
Rajasta und Talkannon starrten den Graumantel bestürzt an. Was Riveda beschrieb, war ein Geheimnis der Priesterkaste, von dem nur selten und nur mit unendlicher Behutsamkeit Gebrauch gemacht wurde. Kaum zu bändigende Wut überkam Rajasta. Von ihm hatte Micon solche Hilfe mit einer Endgültigkeit, die keinen Raum für Einwände ließ, verschmäht... und Riveda, so wurde ihm plötzlich bewusst, hatte nicht im geringsten begriffen, was eigentlich vorgegangen war.
Das heisere Flüstern des Graumantels klang beinahe verängstigt. »Ich glaube, er hat es auch gemerkt - er zog sich von mir zurück, wollte mich nicht wieder berühren...«
Talkannon stieß heiser hervor: »Sprich niemals darüber, Riveda!«
»Ich werde mich hüten!« In einer für ihn völlig ungewöhnlichen Geste bedeckte Riveda das Gesicht mit den Händen und wandte sich erschauernd von den beiden ab. »Ich darf niemals... ich bin zu stark, ich hätte ihn töten können, ich -«
Domaris lehnte sich immer noch an ihren Vater; ihr Gesicht war so weiß wie Talkannons Robe. Mit der freien Hand ergriff sie die Tischkante. Die Knöchel ihrer Finger waren wie weiße Knoten.
Talkannon hob ruckartig den Kopf. »Was fehlt dir, Mädchen?«
Rajasta, der seine strenge Selbstbeherrschung augenblicklich zurückgewann, sah sie besorgt an. »Domaris! Bist du krank, Kind?«
»Ich - nein«, stammelte sie. »Aber Micon...« Tränen strömten ihr übers Gesicht. Sie riss sich von ihrem Vater los und floh aus dem Raum.
Die Männer sahen ihr sprachlos nach. Als das Schweigen bedrückend wurde, durchquerte Riveda den Raum und schloss die Tür, die Domaris bei ihrer hastigen Flucht offengelassen hatte. Mit ätzendem Sarkasmus bemerkte er: »Ich stelle bei deinen Akoluthen einen gewissen Mangel an Haltung fest, Rajasta.«
Ausnahmsweise fühlte Rajasta sich dieses Mal durch Rivedas Grobheit nicht beleidigt. »Sie ist ein Mädchen«, meinte er milde. »Und die Angelegenheit, um die es hier geht, ist ziemlich böse.«
»Ja«, stimmte Riveda ihm schwer zu. »Nun...« Er richtete die eisblauen Augen auf Talkannon und unterzog den Erzadministrator einem strengen Verhör. Wie hießen die Fischer, die Micon »entdeckt« hatten? Wann war das alles geschehen? Der Adept suchte nach dem kleinsten verräterischen Hinweis, nach halbvergessenen Einzelheiten, hinter denen sich wesentliche Informationen verbergen mochten, erfuhr jedoch bei allem nur wenig mehr als das, was er bereits gewusst hatte.
Das Kreuzverhör, das der Graumantel darauf mit Rajasta anstellte, war noch weniger ergiebig. Riveda, der selbst in bester Stimmung immer leicht erregbar war, wurde schließlich zornig und brüllte: »Wie soll ich arbeiten, wenn ich so im dunkeln tappe? Ihr wollt wohl auch mich zu einem Blinden machen!« Trotz seiner Enttäuschung und Verärgerung war er sich klar darüber, dass er alles, was es über den Fall zu
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