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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Er saß an einem Tisch in der hintersten Ecke, ganz vertieft in ein Gespräch mit Riveda, der mit seiner rauchfarbenen Robe, der tief ins Gesicht fallenden Kapuze und seinen harten Zügen einen seltsamen Kontrast zu dem blassen, ausgemergelten Initiierten darstellte. Bei allem konnte Domaris sich nicht des Eindrucks erwehren, dass hier zwei Männer beisammen saßen, die einander sehr ähnlich waren.
    Sie wollte zu ihnen gehen und machte doch noch einmal halt. Wieder stieg die starke, unbegründete Abneigung gegen Riveda in ihr auf und ließ sie erschauern. Dieser Mann soll Micon ähnlich sein?
    Riveda beugte sich leicht vor und hörte aufmerksam zu; das blinde, dunkle Gesicht des Atlanters war von einem Lächeln erhellt. Jeder zufällige Beobachter hätte geschworen, dass die beiden nichts als Kameradschaft füreinander empfanden - aber Domaris konnte das Gefühl nicht unterdrücken, dass hier zwei Mächte miteinander wetteiferten, die sich gegenseitig an Kraft in nichts nachstanden, aber in entgegengesetzte Richtungen strebten.
    Der Graumantel bemerkte sie als erster und sah mit liebenswürdigem Lächeln auf. »Talkannons Tochter sucht dich, Micon«, sagte Riveda. Ansonsten rührte er sich nicht und schenkte dem Mädchen nicht die geringste Beachtung. Domaris war nur eine Akoluthin, Riveda dagegen ein Adept hohen Ranges.
    Micon erhob sich unter Schmerzen und fragte ehrerbietig: »Wie kann ich der Dame Domaris zu Diensten sein?«
    Domaris, durch diesen Bruch der Etikette in aller Öffentlichkeit in Verlegenheit geraten, stand mit niedergeschlagenen Augen da. Sie war im Grunde gar nicht schüchtern, aber ihr missfiel die Aufmerksamkeit, die Micons Benehmen auf sie gelenkt hatte, außerdem spürte sie, dass Riveda sich insgeheim über Micons sichtliche Unkenntnis der Tempelsitten lustig machte. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich möchte deine Skriptorin bei dir entschuldigen, Micon. Deoris ist krank und kann heute nicht zu dir kommen.«
    »Es tut mir leid, das zu hören.« Micons leicht verzerrtes Lächeln verriet Mitgefühl. »Blume der Sonne, sag ihr, sie soll erst wieder zu mir kommen, wenn sie ganz gesund ist.«
    »Ich hoffe, sie ist nicht ernstlich krank«, warf Riveda ein. Seine Bemerkung klang beiläufig, wurde aber von einem durchdringenden Blick begleitet. »Ich habe mir schon oft gedacht, dass diese Nachtwachen in der feuchten Luft niemandem gut tun.«
    Domaris ärgerte sich. Das ging Riveda schließlich gar nichts an! Sogar Micon spürte die Kälte in ihrer Stimme, als sie antwortete: »Es ist nichts Schlimmes. Sie wird sich in ein paar Stunden erholt haben.« In Wirklichkeit war es so, dass Deoris nach heftigen Weinkrämpfen von starken Kopfschmerzen heimgesucht worden war. Domaris fühlte sich mitschuldig, hatte sie doch ihre Schwester am Morgen durch ihre Neckereien zur Verzweiflung getrieben. Außerdem ahnte sie, dass Deoris hochgradig eifersüchtig auf Micon war. Sie hatte Domaris immer wieder angefleht, sie nicht zu verlassen und nicht zu Micon zu gehen. Sie, Domaris, sollte lieber irgendeine Sklavin ausschicken, um Micon die Krankheit zu melden. Nur ungern hatte Domaris das untröstliche Mädchen verlassen, es war ihr eigentlich nur gelungen, nachdem sie sich wiederholt klargemacht hatte, dass Deoris ja gar nicht wirklich krank war und sich durch ihr Weinen und Lamentieren ihre Kopfschmerzen selbst zuzuschreiben hatte. Wenn Deoris erst einmal gelernt haben würde, dass ihr ihre Launen und ihre hysterischen Anfälle nicht eintrugen, was sie sich erhoffte, dann würde sie keine mehr bekommen - und dementsprechend auch keine Kopfschmerzen mehr.
    Riveda stand auf. »Ich werde vorbeischauen und mich genau nach ihrem Zustand erkundigen«, erklärte er bestimmt. »Viele ernste Gebrechen nehmen mit einer leichten Erkrankung ihren Anfang.« Seine Worte waren alles andere als unhöflich, verrieten vielmehr die untadeligen Manieren eines Heilerpriesters, aber insgeheim amüsierte Riveda sich. Er wusste, dass Domaris ihn nicht leiden konnte. Er hatte im Grunde nichts gegen sie, vielmehr interessierte er sich für Deoris, und Domaris' Versuche, ihn von ihrer Schwester fernzuhalten, waren in seinen Augen lächerliche, sinnlose Manöver.
    Es gab auch nichts, was Domaris hätte einwenden können. Riveda war ein Adept hohen Ranges, und wenn es ihm gefiel, Interesse für Deoris zu hegen, durfte eine Akoluthin ihn daran nicht hindern. Sie rief sich ins Gedächtnis zurück, dass Riveda alt genug war, um

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