Das Licht Von Atlantis
er. »Ich weiß, dass du nach dem Tempelgesetz noch frei bist. Es ist dein... Recht, einen Mann zu erwählen und sein Kind zu gebären, wenn du es wünschst. Deine Verlobung mit Arvath verbietet das nicht. Würdest du... willst du mich zu deinem Liebhaber machen?« Micons Stimme zitterte. »Ich glaube, es ist mein Schicksal, dass ich, der ich alles hatte, die Befehlsgewalt über Armeen und den Tribut großer Familien, dir jetzt so wenig bieten kann - kein Gelübde, keine Hoffnung auf Glück, nichts als mein sehr großes Verlangen nach dir.«
»Liebst du mich wirklich?« fragte Domaris langsam.
Er streckte suchend die Hände nach ihr aus, fand die ihren und ergriff sie. »Ich habe nicht einmal die Worte, die ausdrücken können, wie groß meine Liebe ist, Domaris. Nur... dass das Leben unerträglich ist, wenn ich nicht in deiner Nähe bin. Mein Herz sehnt sich nach - dem Klang deiner Stimme, deinen Schritten, deiner Berührung...«
»Micon!« hauchte sie ganz benommen und noch nicht fähig, es völlig zu begreifen. »Liebst du mich tatsächlich?« Sie hob den Kopf und sah ihn forschend an.
»Es wäre leichter auszusprechen, wenn ich dein Gesicht sehen könnte«, flüsterte er - und zur Bestürzung des Mädchens sank er vor ihr auf die Knie, ergriff von neuem ihre Hände und drückte sie an sein Gesicht. Er küsste die zarten Finger und stieß hervor: »Ich liebe dich beinahe zu sehr für dies Leben, beinahe zu sehr... Du bist groß in deiner Güte, Domaris. Mit keiner anderen Frau könnte ich mein Kind zeugen - aber Domaris, Domaris, ahnst du auch nur, wie viel ich von dir verlangen muß?«
Schnell beugte sich Domaris vor, zog ihn an sich und drückte seinen Kopf an ihre jungen Brüste. »Ich weiß nur, dass ich dich liebe«, versicherte sie ihm. »Dies ist dein Platz.« Und ihr langes rotes Haar hüllte sie beide ein, als ihre Lippen sich trafen und den wahren Namen der Liebe aussprachen.
Der Regen hatte aufgehört, obwohl der Himmel noch grau und verhangen war. Deoris lag auf einem Diwan in dem Zimmer, das sie mit ihrer Schwester teilte, und ließ sich von ihrer Zofe das Haar bürsten. Über ihrem Kopf zwitscherte und zirpte der kleine rote Vogel, Domaris' Geschenk, in fröhlicher Selbstvergessenheit. Deoris hörte ihm zu und summte leise vor sich hin, während die Bürste beruhigend über ihr Haar fuhr und der Wind die Fenstervorhänge flattern und draußen im Hof die Blätter der Bäume rascheln ließ. Gedämpftes Licht lag auf glänzend gewachstem Holz, seidenen Vorhängen und Schmuckgegenständen aus poliertem Silber, aus Türkis und Jade. Wie ein Kätzchen hatte sich Deoris in diesen bescheidenen Luxus eingekuschelt, der Domaris als Akoluthin und Tochter eines Priesters zustand. Leichte Gewissensbisse, die ihr dabei gekommen waren, hatte sie verdrängt. Skriptoren und Neophyten waren auf eine sachliche, strenge Umgebung beschränkt, und in Deoris' Alter hatte selbst Domaris derartigen Komfort noch nicht gekannt. Deoris genoss ihn, und niemand hatte es ihr verboten, dennoch hatte sie Schuldgefühle.
Sie entwand sich den Händen der Sklavin. »Nun ist's genug, du bringst es noch soweit, dass mein Kopf wieder schmerzt«, sagte sie launisch. »Außerdem höre ich meine Schwester kommen.« Sie sprang auf und rannte zur Tür, aber bei Domaris' Anblick erstarb ihr die Begrüßung auf den Lippen.
Die Stimme ihrer Schwester klang vollkommen natürlich. »Haben deine Kopfschmerzen nachgelassen, Deoris? Ich hatte geglaubt, dich noch im Bett zu finden.«
Deoris sah ihre Schwester mit einem schrägen Blick an und dachte: Ich muss mich täuschen! Laut sagte sie: »Ich habe fast den ganzen Nachmittag geschlafen. Als ich aufwachte, fühlte ich mich besser.« Sie verstummte, als ihre Schwester ins Zimmer hineinging. Dann fuhr sie fort: »Riveda...«
Domaris schnitt ihr mit einer ungeduldigen Geste das Wort ab. »Ja, ja, er sagte mir, er wolle nach dir sehen. Das kannst du mir ein anderes Mal erzählen, oder?«
Deoris zwinkerte. »Warum? Bist du in Eile? Hast du heute nacht Dienst im Tempel?«
Domaris schüttelte den Kopf, dann fuhr sie ihrer Schwester liebkosend über die Locken. »Ich bin sehr froh, dass es dir besser geht«, sagte sie freundlicher. »Ruf mir Elara, Liebling, ja?«
Die kleine Frau kam und nahm Domaris geschickt die Robe ab. Domaris warf sich der Länge nach auf einen Kissenstapel, und Deoris kam und kniete sich ängstlich neben sie.
»Schwester... ist etwas nicht in Ordnung?«
»Doch,
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