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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Bilder von Jagd und Kampf waren zu erkennen, schließlich solche, die das Alltagsleben der Reiternomaden schilderten. Schließlich jedoch entdeckten Sarah und ihre Begleiter eine Darstellung, die zumindest ihr und Hingis eisige Schauder über den Rücken jagte.
    In den Stein waren die Abbildungen einiger Skythenkrieger gehauen - ihren detailliert wiedergegebenen, reich verzierten Rüstungen nach handelte es sich um Anführer -, die die Häupter gesenkt hielten und auf dem Boden knieten. Vor ihnen lagen ihre Bogen und Pfeile. Davor stand eine Gestalt, die die Skythen beinahe um das Vierfache überragte: ein riesiger Krieger, der einen großen Speer in seinen ungeheuren Pranken hielt - und auf dessen Stirn nur ein einzelnes Auge prangte ...
    »Die Arimaspen«, hauchte Sarah. »Es ist also wahr ...«
    Ihr russischer Führer war weit weniger beeindruckt. »Komisch«, kommentierte er trocken. »Warum nur chat das große Briederchen bloß ein Auge?«
    »Weil«, erklärte Hingis bereitwillig, »es sich um einen Zyklopen handelt - und Zyklopen haben nun mal nur eines.«
    »Das ist der Beweis, Friedrich«, flüsterte Sarah, die vom Anblick der Darstellung noch immer ganz gefesselt war. »Herodot hatte recht. Die Skythen haben tatsächlich von den Arimaspen berichtet - ganz einfach deswegen, weil sie ihnen begegnet sind.«
    »Offensichtlich«, stimmte der Schweizer zu. »Wie es aussieht, ist es wohl zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Skythen und den Einäugigen gekommen, die die Arimaspen jedoch für sich entschieden. Daraufhin haben die Häuptlinge vor ihnen die Waffen gestreckt und sich ihnen ergeben.«
    »Versteche«, meinte Yuri, der den Kopf schief gelegt hatte und das Bild ebenfalls eingehend betrachtete. »Und warum sind die Kerlchen mit den niedlichen Mitzchen auf dem Kopf so winzig klein?«
    »Diese ›Mitzchen‹«, erläuterte Hingis, nun doch ein wenig indigniert, »sind Kappen aus Leder oder Fell, wie sie unter den östlichen Reiternomaden ganz gebräuchlich waren. Und der Grund, warum die Männer kleiner dargestellt sind als der Einäugige, ist der, dass sie in ihm offenbar ein sehr mächtiges Wesen erkannt haben, womöglich sogar eine Gottheit ...«
    »Natürlich!« Sarah nickte. »Du hast völlig recht. Dieser unterirdische Tempel diente nur dem einem Zweck, die Arimaspen zu verehren! Die Skythen müssen in ihnen tatsächlich so etwas wie Götter gesehen haben, vielleicht aufgrund ihrer Andersartigkeit ...«
    »Moment«, wandte Yuri ein. »Wollen Sie erzählen, es gibt diese Kerle mit nur einem Auge wirklich?«
    »Allerdings will ich das«, versicherte Sarah. »Um sie zu finden, sind wir hier.«
    »Njet«, stieß der Russe aus und verzog missbilligend das Gesicht. »Das keine gute Idee. Überhaupt keine gute Idee!«
    »Ich bezahle Sie nicht dafür, dass Sie mich kritisieren, Yuri«, stellte Sarah klar, »sondern dass Sie uns Ihr Wissen und Ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Gehen wir also weiter.«
    »Noch tiefer in den Berg?«
    »Was dagegen?«, fragte Hingis.
    »Njet«, wiederholte der Russe, während er die Muskete von der Schulter gleiten ließ und sie in Anschlag nahm. »Ich möchte nur vorbereitet sein.«
    »In diesen Höhlen ist seit Jahrzehnten niemand mehr gewesen«, beschwichtigte Sarah. »Dort erwartet uns gewiss kein Feind.«
    Der Blick, den Yuri ihr zuwarf, war vorwurfsvoll und entschuldigend zugleich. »Das General Paulow damals auch gesagt - zehn Stunden später alle tot.«
    Er ging voraus, die Fackel in der einen, die angelegte Muskete in der anderen Hand. Sarah und Hingis folgten ihm, vorbei an weiteren Wandbildern, die Darstellungen der Arimaspen zeigten und hin und wieder auch einige jener rätselhaften Ornamente.
    »Möchtest du meine Vermutung hören, werte Kollegin?«, fragte Hingis, während sie dem schnurgerade verlaufenden Stollen folgten. Er sprach deutsch, um Yuri von der Unterhaltung auszuschließen - weniger aus Argwohn, sondern um den Russen von weiteren unqualifizierten Kommentaren abzuhalten.
    »Natürlich.« Sarah nickte.
    »Ich denke, dass du mit deiner Beobachtung, die geometrischen Formen würden aussehen, als wären sie ohne Sinn und Verstand nachgemalt, ganz richtig liegst. Vermutlich handelt es sich um Symbole der Arimaspen, die von den Skythen nachgeahmt wurden, um diese zu ehren.«
    »Das würde bedeuten, dass die Einäugigen eine eigene Kultur hatten«, verfolgte Sarah den Gedanken weiter. »Und dass es einst wohl doch ein ganzes Volk von ihnen

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