Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)
Wer hätte ihm auch zugehört? Und so fing er ein neues Leben in Kojonup, einer Stadt ein ganzes Stück östlich von Partageuse, bei Walt und Sarah Flindell an, einem Ehepaar, das seinen Lebensunterhalt mühsam mit dem illegalen Schlagen von Sandelholz bestritt. Die beiden waren zwar gute Menschen, allerdings auch schlau genug, um zu wissen, dass das leichte Sandelholz auch von einem Kind verladen und bewegt werden konnte, und erklärten sich deshalb einverstanden, dem kleinen Jungen ein Dach über dem Kopf zu geben. Und was Septimus betraf, fühlte er sich nach der Zeit auf dem Schiff wie im Paradies, da er endlich festen Boden unter den Füßen hatte und bei Leuten lebte, die ihm nicht sein tägliches Brot missgönnten.
Und so lernte Septimus das neue Land kennen, in das er wie ein Paket ohne Empfängeradresse verschickt worden war, und wusste Walts und Sarahs sachliche Art bald zu schätzen. In ihrer kleinen Hütte auf einem Stück gerodetem Land gab es weder Fensterscheiben noch fließendes Wasser, doch in den Anfangstagen schien von allem, was benötigt wurde, immer genug vorhanden zu sein.
Als die Sandelholzbäume, deren Holz manchmal mehr wert war als Gold, schließlich wegen des Raubbaus beinahe verschwunden waren, suchten sich Walt und Septimus Arbeit in einem der neuen Sägewerke, die in der Gegend um Partageuse wie Pilze aus dem Boden schossen. Der Bau von Leuchttürmen entlang der Küste hatte das Verschiffen von Fracht auf dieser Route von einem Glücksspiel in ein berechenbares Geschäftsrisiko verwandelt, und neue Bahnlinien und Anlegestege machten es möglich, die Wälder abzuholzen und gleich von der Haustür aus in die ganze Welt zu transportieren.
Septimus arbeitete unermüdlich, betete folgsam und nahm samstags bei der Frau des Pastors Unterricht im Lesen und Schreiben. Er gab nie unnötig auch nur einen halben Penny zu viel aus und ließ sich keine Gelegenheit entgehen, einen zu verdienen. Obwohl er nie größer wurde als eins fünfundsechzig in Stiefeln, hielt er sich wie ein viel größerer Mann und kleidete sich stets so ordentlich, wie seine Mittel es gestatteten. Manchmal hieß das, dass er beinahe elegant wirkte. Doch zumeist musste er noch um Mitternacht seine Sachen waschen, um nach der ganztägigen Schicht das Sägemehl zu entfernen, wenn er sonntags sauber angezogen zur Kirche gehen wollte.
Sein Fleiß und seine Zielstrebigkeit entpuppten sich als Vorteil, als im Jahr 1892 ein frisch gekürter Baronet aus Birmingham auf der Suche nach einer ungewöhnlichen Möglichkeit, sein Kapital anzulegen, die Kolonie bereiste. Septimus witterte eine Chance, sich mit einem Geschäft selbstständig zu machen, und überredete den Baronet, das Geld in ein kleines Grundstücksgeschäft zu stecken. Dank seiner Geschicklichkeit gelang es Septimus, die Einlagesumme zu verdreifachen, und indem er seinen Anteil mit mäßigem Risiko und ertragreich neu investierte, hatte er bald das nötige Startkapital beisammen. Als die Kolonie sich 1901 dem neu gegründeten Land Australien anschloss, gehörte er zu den wohlhabendsten Holzhändlern im Umkreis von vielen Kilometern.
Die Wirtschaft florierte. Septimus heiratete Ellen, eine Debütantin aus Perth, und Hannah und Gwen wurden geboren. Bermondsey, der Familienwohnsitz, wurde in Sachen Eleganz und Wohlstand zum Vorbild des ganzen Südwestens. Doch dann, bei einem ihrer berühmten Picknicks im Busch, das stets auf blendend weißem Leinen und mit funkelndem Silber serviert wurde, wurde seine geliebte Frau dicht oberhalb ihrer Stiefeletten aus hellem Leder von einer Braunschlange gebissen und starb binnen einer Stunde.
Das Leben, dachte Septimus, als seine Töchter am Tag der Ankunft des geheimnisvollen Briefs in ihr Häuschen zurückgekehrt waren … Man konnte ihm einfach nicht über den Weg trauen. Was es einem mit der einen Hand gab, nahm es einem mit der anderen wieder weg. Gerade hatte er sich nach der Geburt des Babys wieder mit Hannah versöhnt, als ihr Mann und das Kind sich einfach in Luft auflösten und seine Tochter völlig verzweifelt zurückließen. Und jetzt streute jemand, der nur Ärger machen wollte, wieder Salz in die Wunden. Nun, man musste sich an den schönen Dingen erfreuen und erleichtert sein, dass es nicht noch schlimmer gekommen war.
Sergeant Knuckey saß an seinem Schreibtisch, klopfte mit dem Bleistift auf die Schreibtischunterlage und betrachtete die kleinen grauen Punkte, die dabei entstanden. Die arme Frau. Wer konnte es ihr
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