Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel

Titel: Das Liebesspiel - Tripp, D: Liebesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn C Tripp
Vom Netzwerk:
der Stufe unter der, auf der wir saßen, und schubste das Steinchen über die Kante. Es fiel in einen Büschel Taglilien. Ich hörte es, den schnellen Sturz durch die Blätter.
    In den Bäumen neben dem Schuppen rief eine Spottdrossel und eine Handvoll Spatzen schoss aus dem Gebüsch, wie eine Schrotladung, und der Garten und der Himmel ähnelten einem Bild von van Gogh, alles festgehalten im windgepeitschten Ringen einer heftigen Bewegung.
    Ich spürte einen Druck auf der Brust, als sei ich an der Reihe und er warte darauf, dass ich etwas sagte, doch alles, was ich vielleicht hätte sagen wollen oder sollen, konnte ich nicht herausbringen, deshalb fragte ich Ray stattdessen, ob er irgendwo etwas bergen müsse, und er erzählte mir von dem Auftrag, den er gerade abgeschlossen hatte, und schenkte mir die Münze.
    Dann gab es noch weniger als nichts zu sagen – nichts hatte sich geändert, und doch alles.
    »Also, bis dann«, sagte er, nahm seinen Pappbecher mit Kaffee und ging.
    Das Gewicht dieser Münze in meiner Hand schmerzte – ihre Perfektion, so schlicht, so zart. Ich stopfte sie in meine Tasche und ging zurück ins Haus. Meine Eltern waren in der Küche, saßen am Tisch, und als ich eintrat, sahen beide auf und meine Wangen begannen zu brennen, weil ich merkte, dass sie zugehört hatten und in Gedanken wieder bei diesem Spiel waren: Was-wäre-wenn. Schwer zu gewinnen, dieses Spiel. Das Soda Bread, das ich gebacken hatte, war schon aus dem Ofen geholt – eingeschlagen in ein Küchenhandtuch –, also auch hier nichts für mich zu tun. Ich setzte mich auf den Stuhl, auf dem ich gesessen hatte, bevor Ray auftauchte, eine halbe Scheibe Toast noch auf dem Teller, die ich mit Sicherheit nicht mehr wollte. Ich griff zu dem Buch über das Licht, fand die richtige Seite, quälte mich durch ein, zwei Zeilen und legte es wieder fort, nahm den Outdoor-Katalog von Cabela in die Hand und begann stattdessen, darin zu blättern. Und als mein Vater sagte, er würde runtergehen in den Garten, um Bohnen zu pflücken, merkte ich, dass ich ein wenig zu nervös war, um im Haus herumzuhängen, deshalb begleitete ich ihn.
    Als wir den Hang hinunter in die schimmernde Hitze des Grüns liefen, summte er dieses Lied, diesen Bluegrass-Song über die 1952 er Vincent Black Lightning und den Mann, dem die Maschine gehörte, diesen Dieb, der sich in eine Rothaarige verliebte.
    Mein Vater nahm zwei Körbe vom Zaunpfahl, reichte mir einen und wir fingen an, Bohnen zu pflücken, arbeiteten uns durch die Reihen. Die Sonne lag schwer und heiß auf meinen Schultern. Das Haar klebte mir feucht im Nacken, unter den Schuhen zerbröselnde Klumpen trockener Erde und mein Vater summte weiter dieses Motorradlied, dieses Lied von Freiheit und Glück mit dem traurigen Ende, und während ich im durchbrochenen Schatten der Ranken nach den Bohnen tastete, dachte ich darüber nach, wie er früher immer auf Hummerfang gegangen war, auch auf längere Törns, für die er eine Nacht oder zwei fort war, und meine Mutter mich oft bat, sie runter zum East Beach zu fahren. Dort saßen wir dann im Wagen, auf den Steinen. Den Blick aufs Meer gerichtet, betrachtete sie den Horizont, als würde sie ihn beben spüren, als könnte sie ihren Mann dort draußen spüren, kurz davor, wieder auf jener Linie aufzutauchen, hinter der er fürs Auge nicht sichtbar war.
    Am Ende der dritten Reihe richtete sich mein Vater auf, nahm die Kappe ab und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Und als er sich die Kappe wieder aufsetzte, fragte ich ihn. Trotz allem, was auf der Veranda geschehen war oder vielleicht gerade deswegen – ich hatte ihn noch nie gefragt, nur an diesem Tag tat ich es, als wir im grün durchtränkten Licht des Gartens standen –, da fragte ich ihn, ob meine Mutter jemals den Jungen erwähne, ob sie jemals von ihm spreche, von diesem Sohn, der gestorben war und Samuel hieß.
    Es war der Name, der ihn innehalten ließ. Ich fühlte es mehr, als dass ich es sah, fühlte, wie etwas in ihm einrastete. Er sah mich an, sah direkt in das Gleißen der Sonne hinter mir.
    »Nein«, sagte er.
    »Glaubst du, sie hat ihn vergessen?«
    »Nein.«
    Und das war alles. Er machte sich an die nächste Reihe. Seltsam. Nachdem ich jahrelang hatte wissen wollen und nicht wusste, hatte fragen wollen und nicht fragte. So einfach war das. Ich hatte gefragt, er hatte geantwortet, und fertig. Ich atmete durch.
    »Warum hast du sie geheiratet?«
    Diesmal hielt er nicht

Weitere Kostenlose Bücher