Das Lied der Cheyenne
in beide Hände und schoss ihn mit einem langen Anlauf in den Fluss, der unterhalb des Dorfes dahinzog. »Den kriegt ihr nie mehr!«, rief sie lachend und vollkommen erschöpft.
»Wollen wir wetten?«, erwiderte Büffelfrau. Nun war sie es, die alle anderen zu einem Wettkampf herausforderte. Nur die dicke Blitzfrau blieb zurück, als sie in das kühle Wasser des Flusses sprang und dem davontreibenden Ball nachkraulte.
Schlangenfrau und Otterfrau waren dicht hinter ihr, aber sie hatten keine Chance gegen ihre Freundin. Büffelfrau war ihnen körperlich überlegen. Ihre starken Arme pflügten durch das Wasser, und sie hatte sogar Luft, ihre Konkurrentinnen auszulachen und zu verspotten. »He, was ist mit euch? Warum hängt ihr rum wie altersschwache Hunde? Habt ihr keine Kraft mehr, Schwestern? Warum kommt ihr nicht nach?«
Büffelfrau schwamm lachend weiter und erreichte den Ball vor ihren Freundinnen. Sie fischte ihn aus dem Wasser und hielt ihn triumphierend hoch. »Seht her! Ich habe gewonnen!« Sie warf den Ball zurück ans Ufer und tauchte mit einem Kopfsprung in den klaren Fluss. Aiee, so gefiel ihr das Leben! So konnte es jeden Tag sein! Ho, dies war eine gute Zeit, und es machte Spaß, eine Tochter der tapferen tsis tsis tas zu sein.
4
Kriegspfad
Früh am nächsten Morgen verließen die Krieger das Dorf. Zuerst gingen Büffelhöcker und Gelber Wolf, einige Zeit später folgten die anderen. Sie ritten in kleinen Gruppen, wie es Sitte bei ihrem Volk war, und nur die engsten Verwandten winkten ihnen nach. Am Abend würden sie sich an einer verabredeten Lagerstelle treffen. Sieht-hinter-die-Berge hatte ihnen einen weiten Weg vorausgesagt, und sie hatten ihre besten Kriegspferde und warme Felle dabei. Die Shar-ha hatten ihre festen Häuser verlassen und lagerten im Land des weißen Mannes, der auch im Mond, wenn das Hochwasser kommt, noch kalten Wind schickt.
Büffelfrau stand in der Zeltöffnung und winkte ihrem Vater nach. Er saß bereits auf seinem schwarzen Kriegspferd und verabschiedete sich von Weidenfrau und Windfrau. Er trug seine Kriegskleidung und die Federhaube der Hundesoldaten aus aufrecht stehenden Rabenfedern. Sein Gewehr steckte in einer Schutzhülle aus weichem Antilopenleder.
Nur er und zwei andere Hundesoldaten besaßen ein Gewehr, benutzten es aber selten, weil sie nur wenig Munition besaßen. Die Krieger hatten die Waffen in einem Dorf der Comanchen erbeutet.
Der Bogen und der Köcher mit den Pfeilen hingen auf seinem Rücken, und in der rechten Hand hielt er die federgeschmückte Lanze.
»Ich bin stolz auf meinen Mann«, sagte Weidenfrau, »er wird viele Pferde erbeuten und als reicher Mann zurückkehren.«
»Evox-po-hess!« Windfrau sprach das Mutwort des Volkes.
Büffelhöcker berührte seine Kriegspfeife und nickte zufrieden. »Es wird ein guter Kriegszug.« Er lächelte die beiden Frauen an, winkte seiner Tochter zu und ritt aus dem Dorf. Mit erhobener Hand grüßte er den Schamanen, der vor sein Tipi getreten war und das Bündel mit den heiligen Pfeilen über den Kopf hielt. Sie waren der wertvollste Besitz des Volkes und sollten die Geister günstig stimmen. Die beiden Büffelpfeile waren schwarz und garantierten eine gute Büffeljagd. Die beiden Menschenpfeile waren rot und unterstützten die Cheyenne im Krieg. Auf großen Kriegszügen wurden die heiligen Pfeile an einer Lanzenspitze in die Schlacht mitgeführt, aber auf diesem Kriegszug verließ Büffelhöcker sich auf sein Amulett, und die Pfeile blieben bei Sieht-hinter-die-Berge, dem Pfeilbewahrer des Volkes.
Die beiden Frauen kehrten in das Tipi zurück und rollten sich in ihre Büffelfelle. Die Sonne stand noch nicht über den fernen Bergen, und sie waren müde. Während Büffelhöcker mit den anderen Kriegern getanzt hatte, waren sie damit beschäftigt gewesen, seine Kriegskleidung in Ordnung zu bringen, die Vorratstasche zu füllen und das zweite Paar Mokassins auszubessern, die jeder Mann auf den Kriegspfad mitnahm, und waren erst spät in ihre Decken gekommen. Sie waren stolz darauf, einen tapferen Krieger wie Büffelhöcker zum Mann zu haben, und schliefen zufrieden.
Büffelfrau war viel zu aufgeregt, um sich noch einmal schlafen zu legen. Sie blieb lange vor dem Tipi stehen und blickte in die Richtung, in der ihr Vater verschwunden war, dann ging sie zum Fluss und wusch sich. Das Wasser war sehr kalt und brannte auf ihrer Haut. Sie tauchte unter, kam prustend wieder hoch und wrang das Wasser aus ihren langen
Weitere Kostenlose Bücher