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Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Nachdenklich sah sie ihrer Chefin nach, als sie die acht Meter zu ihrer Bürotür zurücklegte. Die Schultern angespannt, der Rücken steif wie ein Brett. Sie reißt sich zusammen , vermutete sie.
    »Hast du ihre Augen gesehen – die waren doch merkwürdig«, sagte Mandy halb flüsternd. »Glaubst du, dass es ihr gut geht, Faith?«
    Acht Jahre Loyalität ließen die Antwort der Frau im mittleren Alter positiv klingen. »Natürlich. Jessica hat ein furchtbares Trauma durchlitten, aber sie ist stark. Sie wird es überleben.« Faith sah die jüngere Frau an und fügte in autoritärem Tonfall hinzu: »Ich bin mir sicher, das Letzte, was sie jetzt will, sind Leute, die um sie herumglucken und besorgte Gesichter ziehen. Ruf David und Max an. Sag ihnen, dass sie hier ist.«
    Jessica war sich bewusst, dass sie den Atem anhielt, als sie von den beiden Frauen wegging, und stieß ihn kraftvoll aus, als sie leise die Tür hinter sich zumachte. Sie schloss die Augen. Die erste Prüfung – die Kontaktaufnahme – war vorüber. Sie lehnte ihren Körper an das Holz der Tür, als ob ihr das solide Material Kraft geben könnte.
    Mit immer noch geschlossenen Augen lauschte sie dem Summen der Klimaanlage und stellte fest, dass sie unverändert lästig rasselte. Vor dem Fenster erklangen gedämpft die Geräusche der Fahrzeuge, die während der Rushhour die St.-George-Terrace entlangkrochen, ohne aufdringlich laut zu sein. Durch die geschlossenen Augenlider nahm sie das Licht wahr, das durch die auf Hüfthöhe ansetzenden Fenster einfiel, die einen großartigen Blick über den Swan River und einen Teil der Skyline von Perth boten. Ansonsten herrschte Stille, vollkommene Ruhe, abgesehen vom lächerlich schnellen Schlag ihres Herzens.
    Langsam öffnete sie die Lider und sah sich in dem Büro um, das ihr für so viele Jahre fast ein zweites Zuhause gewesen war.
    Es sah alles genauso aus wie noch vor drei Wochen. Die zedernholzgetäfelte Wand hinter ihrem Schreibtisch. An der linken Wand hing ein Bild des australischen Landschaftsmalers Pro Hart – weit weg von ihrem eigenen Aquarell einer Buschszene, die sie bei New Norcia gemalt hatte und die bei einem staatlichen Kunstwettbewerb den zweiten Platz gemacht hatte, als sie fünfundzwanzig gewesen war. Die beiden Aktenschränke aus Teakholz, der Schreibtisch mit der Glasplatte, dank Faiths fast krankhafter Aufräumsucht sehr ordentlich, und auf der Fensterbank stand eine einsame Bromelie, kurz vor der Blüte. Fotos von ihr und Simon in der Pinnacle-Wüste waren die einzigen Ornamente auf den Aktenschränken. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Bücherschrank mit Gesetzesbüchern. Der beigefarbene Teppichboden, weich und flauschig, passte zu den gedeckten Farben des Raumes. Vertraut. Gemütlich. Derselbe …
    Ja, der Raum war wohl derselbe, nur sie selbst war anders, verändert. Für immer.
    Plötzlich fühlten sich ihre Glieder sehr schwer an, und es bedurfte einer bewussten Willensentscheidung, zum Schreibtisch hinüberzugehen. Sie hängte ihre Jacke und die Handtasche an den Hutständer hinter dem Tisch und setzte sich in den gepolsterten Drehstuhl. Einatmen, ausatmen. Kontrolle, sagte sie sich. Denk nicht an ihn. Arbeit, harte Arbeit ist die einzige Medizin für dich, das weißt du. Es wird den Schmerz lindern, die Erinnerungen, so sagte ihr der gesunde Menschenverstand, so sagten ihr alle, aber sie war sich da nicht so sicher.
    Sie betrachtete ihren Posteingangskorb. Mehrere von pink farbenen Bändern zusammengehaltene Akten war teten auf ihre Bearbeitung. Ein leerer Notizblock lag bereit, unter der rechten Ecke des ledergebundenen Tagesordners. An einer anderen Ecke lag ein sauberer Stapel Nachrichten. Rechts vom Kalender lagen ungeöffnete Briefe. Als sie danach griff, stellte sie fest, dass ihre Hand spürbar zitterte. Mehrere Sekunden lang ballte sie die Hand zur Faust, nahm dann den obersten Brief und schlitzte den Umschlag auf. Es war ein handgeschriebener Kondolenzbrief …
    Obwohl die Raumtemperatur angenehme 22° Celsius betrug, bildeten sich auf Jessicas Stirn und auf ihrer Oberlippe Schweißperlen. Sie zuckte zusammen, als die Nervenenden unter ihrer Haut zu pulsieren begannen. Gerne hätte sie sich gekratzt, um sie zu beruhigen. Nicht, befahl sie sich. Geh an die Arbeit. Sie schob den Briefstapel beiseite und griff nach einer Akte, legte sie vor sich und öffnete sie. Der Text verschwamm. Lesebrille, Dummchen! Sie nahm die Goldrandbrille aus ihrer Aktentasche und setzte

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