Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition)

Titel: Das Lied der roten Steine: Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
Vom Netzwerk:
sie auf. Dann begann sie zu lesen. Smithers gegen Smithers …
    Innerhalb der Kanzlei Greiner, Lowe und Pearce hatte sich Jessica auf Familienrecht spezialisiert und war erst im letzten Jahr zur Juniorpartnerin geworden. Während der letzten fünf Jahre hatte sie sich bei den Gerichtshöfen von Perth einen Namen als erfolgreiche und faire Anwältin gemacht. Traurigerweise gab es keinen Mangel an Fällen. Scheidungen, Eigentumsklärungen, Streitfälle über das Besuchsrecht von Kindern. Diese Fälle und der emotionale Stress, den die Klienten mit sich brachten, nahmen kein Ende.
    Sie zwang sich, die ersten drei Seiten der Smithers-Akte zu lesen, dann durchbrach ein aufmüpfiger Gedanke ihre Konzentration.
    Ruckartig hob sie den Kopf. Ihr Blick wanderte durch das Zimmer, durchsuchte jeden Winkel und jede Ecke. Da stimmte etwas nicht. Es fehlte etwas Wichtiges in diesem Zimmer, von der Ecke ihres Schreibtischs. Mit einem panikartigen, krampfhaften Herzschlag verschlang sie die Hände ineinander und zog an ihrem Verlobungs- und Ehering, während sie nach dem fehlenden Stück suchte. Sie stand auf, ging zu den Aktenschränken und öffnete jede einzelne Schublade. Nichts. Dann überprüfte sie die Schubladen ihres Schreibtisches. Auch nichts.
    Die Tür öffnete sich, und Faith trat mit ihrem Kaffee ein.
    Jessica verengte misstrauisch ihre Augen zu Schlitzen und fragte geradeheraus: »Wo haben Sie es hingetan?«
    »Was denn, meine Liebe?«
    Mit Verzweiflung in der Stimme zischte sie: »Das wissen Sie ganz genau! Haben die anderen Ihnen befohlen, es zu verstecken?« Sie sah Faiths ausdrucksloses Gesicht, und ihre Niedergeschlagenheit und ihr Ärger wuchsen. Die Nervenenden unter ihrer Haut machten sie fast wahnsinnig, es fühlte sich an, als ob unter der obersten Schicht etwas lebendig war. Unbewusst rieb sie die Innenseite ihrer Unterarme. »Das Foto, Faith! Wo ist das Foto?«
    »Oh!« Verständnis. »Ja. Die Partner und ich«, Faith bemerkte Jessicas zunehmende Erregung und sagte schnell, »wir hielten es für besser, es eine Zeit lang wegzustellen, bis Sie … bis … genug Zeit vergangen ist und …«
    »Holen Sie es. Sofort.« Jessica hatte nicht schreien wollen, aber so kam es heraus, gellend, unkontrolliert. Sie bereute ihren Fehler sofort.
    Faith stellte die Kaffeetasse auf den Schreibtisch und ging zum Aktenschrank. Sie öffnete die unterste Schublade und nahm ganz hinten das in braunes Papier gewickelte Foto heraus.
    »Stellen Sie es auf den Schreibtisch.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie das wollen, Jessica?«, fragte Faith, während sie das Foto des vierzehn Monate alten Damian Pearce an die Stelle auf dem Schreibtisch stellte, an der es die letzten drei Monate gestanden hatte. »Es wird Sie ständig an ihn erinnern. Sie werden es sehen, sein Gesicht, jedes Mal, wenn …«
    In Jessicas blauen Augen schwammen Tränen. »Glauben Sie, dass ich sein Gesicht nicht jeden Tag vor mir sehe, Tag und Nacht, jede verdammte Sekunde seine Stimme höre? Glauben Sie das?« Wieder dieses Kreischen. Sie seufzte. Zu hoch. Keine Kontrolle. Sie wischte sich mit der Hand über die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Tief holte sie Luft, kämpfte um das Gleichgewicht, das sie zu verlieren drohte. »Es tut mir leid …« Selbst in ihren eigenen Augen klang die Entschuldigung lahm.
    »Geht es Ihnen gut, Jessica?« Faith runzelte die Brauen.
    Jessica fühlte, dass Faith beobachtete, wie sie um ihre Fassung rang. Die Frau wusste, dass Selbstbeherrschung stets eine ihrer Stärken gewesen war. In der Vergangenheit hatte ihr diese Stärke oftmals geholfen, einen Fall zu gewinnen. Was mochte Faith denken?, fragte sie sich. Dass Jessica kurz vor einem Ausbruch stand von … Sie wusste selbst nicht von was. Oder schimpfte sie im Geiste mit Simon, dass er sie ins Büro gehen ließ, obwohl sie noch nicht dazu in der Lage war? Verdammt, was spielte das für eine Rolle! Sie riss sich aus ihren Gedankenspielen und blickte ihre Sekretärin an.
    »Nein, es geht mir nicht gut.« Jessica nahm einen tiefen, beruhigenden Atemzug. »Aber das wird schon wieder.« Sie betrachtete die Akte, die sie gelesen hatte. »Würden Sie bitte Max fragen, ob er in einer halben Stunde Zeit hat? Ich würde mich gerne mit dem Smithers-Fall vertraut machen und ihn mit ihm besprechen, da er die Vorbereitungen dazu durchgeführt hat.«
    »Ich bin sicher, er hat bis um zwölf keine Termine. Er arbeitet an einer Präsentation für das Gericht morgen. Ich sage ihm zehn Uhr, ist

Weitere Kostenlose Bücher