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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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bannen. Und so einen Blick haben Sie auch drauf, Miss Blumfeld.«
    Was erzählte er da nur für einen Unsinn? Marie schnupperte unauffällig nach seinem Atem, doch sie machte keine Alkoholfahne aus.
    »Ich bin wohl kaum mit einer Suffragette zu vergleichen, und ich würde nie …«
    »Es geht nicht darum, was Sie tun würden, Miss«, fiel ihr Johnston ins Wort, senkte dann aber peinlich berührt den Blick. »Es geht um den Willen, etwas zu tun. Diese Frauen dort wurden letztlich von den Polizisten auseinandergeknüppelt, aber für einige Momente siegte ihr Wille über die Gewalt. Mit dem Willen, der aus ihren Augen strahlte, hatten sie die Männer im Griff.«
    Marie wollte schon anmerken, dass der Wille dieser Frauen nicht besonders groß gewesen sein konnte, wenn sie letztlich doch angegriffen worden waren. Doch Johnston fügte hinzu: »Ich glaube, Sie haben diesen Willen auch. Vielleicht noch mehr als die Suffragetten. Wenn Sie wollen, können Sie Berge versetzen, glauben Sie mir. Und egal, welches Ziel Sie auch haben, Sie werden es erreichen.«
    Der Mann faltete die Hände vor dem Körper, als wollte er beten, dann schüttelte er den Kopf, als sei er fassungslos über das, was er soeben gesagt hatte.
    »Die Nacht macht uns manchmal zu Schwätzern, nicht wahr?«
    Marie antwortete nicht darauf. Seine Worte hatten ihre Gedanken in Bewegung gesetzt. Nach einer Weile erreichte sie wieder den Punkt, an dem sie sich fragte, ob sie im Begriff war, das Richtige zu tun. Wollte sie denn überhaupt heiraten? Oder wollte sie eigentlich etwas ganz anderes?
    Mit einem tiefen Durchatmen vertrieb Angus schließlich ihre Gedanken. »Aber wer weiß, wie alles kommt, Miss Blumfeld«, sagte er, als wollte er auf einen seiner eigenen Gedanken antworten. »Nur wenigen Menschen ist es vergönnt, die Zukunft zu kennen.«
    »Ich glaube nicht, dass auch nur ein Mensch weiß, welche Zukunft auf ihn zukommt.«
    Der Treckchief wirkte durchaus ernst, als er entgegnete: »Meiner Großmutter wurde nachgesagt, hellsehen zu können. Es heißt auch, dass die Fähigkeiten einer Hellseherin auf ihren ersten Enkel übergehen.«
    »Sie können einem Menschen also die Zukunft vorhersagen?«
    Johnstons Lächeln verriet, dass er es nicht ernst meinte, doch in diesem Augenblick reizte es Marie, das Spiel mitzuspielen. Auch wenn es sich nicht gehörte. Wer sah ihnen schon zu?
    »Wenn mir dieser Mensch seine Hand gibt, sicher.«
    Johnston streckte seine Hand aus. Obgleich sie kräftig wirkte und den Umgang mit der Waffe verriet, sah sie nicht rau oder abstoßend aus. Der Gedanke, sie zu berühren, ließ Marie angenehm erschaudern.
    »Kommen Sie, Miss, ich beiße nicht. Außerdem, was ist schon dabei? Ich will Ihnen doch nur die Zukunft voraussagen.«
    Nach kurzem Zögern legte Marie ihre rechte Hand in seine.
    Johnston zog eine gewichtige Miene, während er die Linien in ihrer Handfläche betrachtete.
    »Sie haben in der Vergangenheit viel durchmachen müssen, jedenfalls deutet das Durcheinander der Linien im oberen Bereich der Lebenslinie darauf hin.«
    »Das haben Sie sich ausgedacht, oder?« Marie lachte unsicher. Sicher hat er geraten. Jeder, der ein neues Leben beginnen wollte, hatte in seinem bisherigen Leben etwas Unangenehmes durchgemacht.
    »Und es stehen Ihnen noch viele Prüfungen ins Haus.«
    Das hätte mir auch ein Jahrmarktswahrsager erzählen können, ging es Marie durch den Kopf; dann beschloss sie, das Ganze als das Spiel zu nehmen, das es war.
    »Steht in meiner Hand auch, wann ich heirate und wie viele Kinder ich bekommen werde?«
    »So etwas verrät die Lebenslinie nie. Aber auf jeden Fall werden Sie kein geruhsames Leben führen. Die Verästelungen weiter unten zeigen an, dass Sie kämpfen müssen. Und sehr viel Abwechslung haben werden.«
    Vielleicht besteht die Gemeinde des Reverends aus einem Haufen unverbesserlicher Sturköpfe, dachte sie, wagte es aber nicht laut auszusprechen, denn sie wollte Johnston nicht in eine längere Diskussion verwickeln. Auf einmal wurde ihr unwohl, und sie wünschte sich, im Wagen geblieben zu sein. Der Mann hielt noch immer ihre Hand in seiner und betrachtete sie aufmerksam.
    »Sehen Sie noch etwas?«, fragte Marie in der Hoffnung, dass er von ihr ablassen würde.
    »Vieles«, antwortete Angus gedankenverloren, während er den Finger seiner freien Hand kurz über ihre Lebenslinie gleiten ließ. »Aber um das genau deuten zu können, müsste ich meine Großmutter sein.«
    Gänsehaut überlief Maries

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