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Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der weißen Wölfin: Kanada-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Bouvier
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hier. Es ist nicht klug, gegen einen Feind zu kämpfen, der sich noch nicht gezeigt hat.«
    »Das ist richtig.«
    Als Philipp zu ihnen kam, verstummte Marie.
    »Scheint so, als wollten sich die Krieger auf den Kampf vorbereiten. Jedenfalls, wenn ich alles richtig verstanden habe. Der Chief besteht aber darauf zu warten.«
    Onawah, die ihre Vermutung bestätigt sah, lächelte. »Das ist eine weise Entscheidung von ihm. Es ist nicht gut, Dinge zu schnell zu machen. Aber auch nicht gut, zu lange zu warten.«
    Dabei blickte sie zu Philipp und Marie. Wollte sie ihnen damit etwas sagen?
    In dieser Nacht lag Marie lange wach und starrte an die Zeltbahnen des Tipi. Wie soll es nun weitergehen?, fragte sie sich. Was wird passieren, wenn wir wieder in Selkirk sind?
    Obwohl sich alles in ihr sträubte, in die Stadt zurückzugehen, wusste sie, dass sie es kaum würde vermeiden können zurückzureiten, um einige Dinge zu klären.
    Vielleicht konnte sie Jeremy das Geld, das er für ihre Überfahrt und die Papiere bezahlt hatte, irgendwie zurückzahlen. Sich freikaufen.
    Für sie stand fest, dass sie nicht Mrs Plummer werden würde. Liebevoll blickte sie zu Philipp, der neben ihr leise schnarchte. Er war ihre Zukunft, das wusste sie nun. Und wenn sie mit ihm irgendwo in der Wildnis hausen würde.
    Doch zuvor musste sie dafür sorgen, dass die Cree in Frieden weiterleben konnten. Auf Unterstützung aus der Stadt durfte sie nicht hoffen, aber vielleicht hatte der Gouverneur das Telegramm erhalten. Wenn er sich auch nur einen kleinen Deut um die Cree scherte, würde er Hilfe schicken, irgendwie.
    Als der Mond direkt über ihrem Zelt stand, meinte Marie, das Heulen eines Wolfes zu vernehmen. Sie hätte aus dem Tipi klettern und nachsehen können, ob es wirklich ihr Schutztier war. Stattdessen kuschelte sie sich an Philipp, der wie immer Gentleman geblieben war und trotz ihres Kusses nicht versucht hatte, sie zu mehr zu überreden. Und irgendwann fielen ihr die Augen zu.
    Ich erinnere mich noch gut an den Abend, als ich meinen Vater zum letzten Mal in meinem Leben sah. Peter und ich hatten gerade einen guten Schultag hinter uns gebracht. Aus der zweiten Klasse hatte ich Diktate durchzusehen, außerdem lagen noch Aufsätze aus der vierten auf meinem Schreibtisch, die allerdings noch ein wenig Zeit hatten. Peter schwärmte mir die ganze Zeit über von Lilian vor, die er in ein paar Monaten zu heiraten gedachte.
    »Dann wird es wohl eng im Lehrerhaus«, mutmaßte ich ein wenig ängstlich. »Zu eng für uns drei.«
    »Ach was!« Peter machte eine wegwerfende Bewegung. »Du weißt doch, dass im Schulhaus immer Platz für dich ist, solange du nicht selbst dein Herz verlierst.«
    Er zwinkerte mir vielsagend zu, doch ich errötete nicht, denn ich hatte keinen Grund dazu. Meine Liebe galt meiner Arbeit und meinen Kindern. Im gesamten Dorf gab es keinen Mann, dem ich mein Herz hätte schenken wollen.
    Seit ich Zenker zusammen mit Charlotte gesehen habe, seit ich gesehen habe, wie er die Schule verlassen hatte, war ich sicher, mich nicht mehr verlieben zu können – und zu wollen. Liebe sorgte nur dafür, dass man Schmerzen fühlte, ganz furchtbare Schmerzen. In meine Kinder jedoch, auch wenn sie irgendwann die Schule verließen und einige von ihnen mich vielleicht wegen der Zensuren hassten, konnte ich Gefühle investieren, ohne große Enttäuschungen zu erfahren.
    Peter sah das anders. Sein Herz gehörte voll und ganz Lilian, und er fürchtete keine Verletzung. Ich gönnte ihm diese Liebe von ganzem Herzen, wusste ich doch, dass sie ihn endlich aus dem Dunstkreis von Vater führen würde, dem ich schon seit meiner Zeit am Lyzeum entronnen war.
    Während ich die Hefte durchsah und mich über ein Diktat in wunderschöner Handschrift freute, klopfte es unten an die Tür des Schulhauses. Peter blickte mich verwundert an, dann wanderte sein Blick zur Uhr. Es war kurz vor neun. Sicher verirrte sich kein Kind um diese Zeit hierher. Und auch die Eltern kamen eher am Nachmittag, wenn sie etwas zu besprechen oder eine Beschwerde vorzubringen hatten. Wer konnte das sein? War vielleicht etwas mit Lilian? Hatte sie so große Sehnsucht nach Peter, dass sie im Dunkeln allein durchs Dorf gelaufen war?
    »Ich gehe nachsehen«, erbot sich Peter, damit ich mich nicht von meinem Diktat losreißen musste, und lief die Treppe hinunter.
    Wenig später kehrte er wieder, mit kreidebleichem Gesicht. Zunächst fürchtete ich schon, dass er eine schlimme Nachricht

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