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Das Lied des Achill

Das Lied des Achill

Titel: Das Lied des Achill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeline Miller
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gramgebeugten Schultern herab. Dieser Mann hat fünfzig Söhne gezeugt und die meisten davon verloren.
    »Ich höre«, sagt Achill.
    »Die Götter segnen deine Güte«, sagt Priamos. Seine Hände liegen kühl auf Achills brennender Haut. »Ich habe in dieser Nacht einen langen Weg voller Hoffnung zurückgelegt.« Er zittert unter den nassen Kleidern. »Ich bedaure, dir nur meine Gebete zum Geschenk machen zu können.«
    Achill scheint berührt. »Steh auf«, sagt er. »Ich will dir zu essen und zu trinken geben.« Er reicht dem Alten seine Hand und hilft ihm auf, legt ihm einen trockenen Umhang über die Schulter und lässt ihn auf den weichen Kissen Platz nehmen, auf denen Phoinix am liebsten sitzt. Von der gefurchten Haut und den langsamen Bewegungen abgesehen, wirkt Priamos plötzlich wie verjüngt.
    »Danke für deine Gastfreundschaft«, sagt er mit starkem Akzent. Doch sein Griechisch ist einwandfrei. »Ich habe gehört, du bist ein Mann von Adel, und auf deinen Edelmut vertraue ich, zumal es heißt, dass du, obwohl unser Feind, nie grausam gewesen bist. Ich bitte dich inständig, mir meinen Sohn zurückzugeben, damit ich ihn begraben kann und seine Seele Ruhe findet.« Er hütet sich, seinen Blick auf die im Schatten am Zeltrand mit dem Gesicht nach unten liegende Gestalt zu richten.
    Achill starrt ins Dunkel seiner ineinandergelegten Hände. »Es war mutig von dir, dich allein auf den Weg gemacht zu haben«, sagt er. »Wie bist du ins Lager gekommen?«
    »Die Götter geleiteten mich in ihrer Gnade.«
    Achill blickt auf. »Was gab dir die Zuversicht, dass ich dich nicht töte?«
    »Diese Zuversicht hatte ich nicht.«
    Es bleibt eine Weile still. Das angebotene Brot und den Wein rührt Priamos nicht an. Sein Blick fällt auf den anderen Leichnam, den meinen, ausgestreckt auf dem Bett. Er zögert einen Moment. »Ist das – dein Freund?«
    » Philtatos «, sagt Achill. Der über alles Geliebte. »Der Beste, erschlagen von deinem Sohn.«
    »Ich bedaure deinen Verlust«, entgegnet Priamos. »Und ich bedaure, dass mein Sohn dir den Liebsten entrissen hat. Trotzdem bitte ich dich, gnädig zu sein. Trauernde sollten einander helfen, selbst als Feinde.«
    »Und wenn nicht?« Sein Tonfall ist schärfer geworden.
    »Dann sei es so.«
    Wieder tritt ein Moment der Stille ein. »Ich könnte dich immer noch töten«, sagt Achill.
    Achill.
    »Ich weiß«, antwortet der König ruhig und gelassen. »Aber dafür, dass die Seele meines Sohnes Frieden finden kann, gebe ich mein Leben gerne hin.«
    Achills Augen füllen sich mit Tränen. Er wendet sich ab.
    Priamos spricht mit sanfter Stimme. »Nur dann, wenn die Toten in Frieden ruhen, können auch wir, die noch leben, Frieden finden.«
    »Nein«, flüstert Achill.
    Nichts regt sich im Zelt; die Zeit scheint stillzustehen.
    Schließlich steht Achill auf. »Es dämmert schon, und ich möchte nicht, dass du auf deinem Rückweg in Gefahr gerätst. Ich werde den Leichnam deines Sohnes von meinen Dienern herrichten und überführen lassen.«
    Wieder allein, wirft er sich auf mich und weint bittere Tränen.
    Am nächsten Tag trägt er meinen Leichnam zum Scheiterhaufen, hebt ihn vor den Augen Brisëis’ und der Myrmidonen aufs Holz und legt Feuer. Flammen lodern empor, und ich sehe mich weiter und weiter vom Leben abrücken und in Luft auflösen. Sehnsuchtsvoll zieht es mich hin in die Dunkelheit und Stille der Unterwelt, wo ich endlich ruhen kann.
    Obwohl es das Amt einer Frau ist, sammelt Achill meine Asche ein und gibt sie in eine goldene Urne, die schönste aus unserem Lager. Mit ihr in den Händen wendet er sich den Griechen zu.
    »Wenn ich tot bin, sollt ihr meine Asche unter seine mengen und uns gemeinsam begraben.«
    Hektor und Sarpedon sind gefallen, doch es treten andere Helden an ihre Stelle. Troja hat viele Verbündete. Sie schließen sich zum Kampf gegen die Eindringlinge zusammen, allen voran Memnon, Sohn der Morgenröte Eos und König von Äthiopien, ein hochgewachsener dunkelhäutiger Mann mit stattlichem Heer. Er hat es auf einen bestimmten Mann abgesehen und schmunzelt in froher Erwartung.
    Dieser Mann tritt ihm gegenüber, bewaffnet nur mit einem Speer. Sein Brustpanzer ist liederlich angelegt, und seine einst hellen Haare sind ungewaschen und strähnig. Memnon glaubt leichtes Spiel zu haben und lacht. Als er, vom Schwert durchbohrt, in sich zusammensackt, gefriert ihm das Lachen im Gesicht. Müde entwindet ihm Achill seine Waffe.
    Als Nächstes kommen die Amazonen

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