Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)
können.
»Ich nehme Denise mit«, flüsterte sie. »Sie hat noch nie ein Badehaus gesehen.«
»Ja, besser Denise als Lore«, bemerkte ihr Gatte trocken, und das entlockte Catrin dann doch ein kleines Lachen.
»Das möchte ich nicht auf mich nehmen.«
Lore war wasserscheu und nur unter Aufbietung aller Kräfte oder großer Versprechungen dazu zu bewegen, ein Bad zu nehmen. Ihr Krakeelen würde das Badehaus in den Grundfesten erschüttern.
Die Pflichten waren am Morgen schnell verteilt, die jungen Männer hatten im Weingarten und im Hof zu tun, Lauryn saß über den Büchern, Hilda und Lore machten die Einkäufe auf dem Markt, Robert und John mussten sich ihren Geschäften widmen, Edward war nach Dellbrück aufgebrochen, und Denise saß in der Kammer vor dem Webstuhl und zog behände das Schiffchen durch die Kettfäden, Benefiz schlummernd zu ihren Füßen.
»Das wird sehr schön gleichmäßig, Denise.«
»Beim Weben kann man träumen«, sagte das Mädchen mit einem Lächeln.
»Ja, das kann man gut – bei einfachen Stoffen. Aber nun unterbrich das Träumen und begleite mich ins Badehaus. Es wird dir gefallen.«
»Bade’aus?«
»Lass dich überraschen.«
Catrin mochte das junge Mädchen, leider etwas mehr als ihren aufsässigen Bruder. Denise war ruhig, ein wenig schüchtern, aber lernbegierig. Und so betrat sie dann kurz darauf mit großen Augen, aber schweigend Pitters Badestube. Sie legten ihre dünnen Hemden an und folgten Susi, der Bademeisterin und Pitters Schwester, in den Raum, in dem die großen Bottiche mit heißem Wasser standen.
»Ich habe eine kleine Bütt für Euch vorgesehen, Frau Catrin. Platz für vier Personen. Und heute ist nicht viel los, Ihr werdet sie für Euch haben.«
»Danke, Susi. Ein leichtes Mahl und ein kühler Wein werden uns erfreuen.«
»Ich bringe Euch ein Brett.«
Catrin stieg in den Zuber, Denise folgte etwas zögerlich, tauchte dann aber mit dem Ausdruck größten Wohlbehagens in das Nass. Auch Catrin fühlte sich leichter, die schwarzen Sorgen, die ihre Muskeln verknotet hatten, wurden lichter, ihr Körper fühlte sich allmählich weicher an.
»Wir baden auch, aber in kaltem Wasser«, flüsterte Denise. »Das hier ist schöner.«
»Wir lassen uns nachher die Haare waschen und ein wenig die Schultern walken. Das ist noch schöner. Ah, Susi, das ist wundervoll.«
Ein Brett wurde zwischen ihnen über den Bottich gelegt, Becher mit weißem, fruchtigem Wein und ein Korb mit kleinen, knusprigen Pasteten darauf gestellt.
»Ruft die Badermägde, wenn Ihr heißes Wasser nachgefüllt haben wollt«, sagte Susi und ließ sie alleine. Catrin nahm eine der Pasteten und sah sich um. Über die niedrige Trennwand hinweg konnte sie die Köpfe einiger Männer erkennen, die in einem langen Zuber saßen und augenscheinlich gewichtige Gespräche führten. Auf der Frauenseite saßen zwei Matronen zusammen, die mit roten Wangen heikle Themen behandelten, eine Gruppe jüngerer Frauen kicherte und planschte ausgelassen in einem größeren Zuber.
Badehausbesuche waren auch für Catrin noch neu. Als Begine war ihr das Vergnügen verwehrt gewesen. Keusche Frauen badeten nicht in der Öffentlichkeit. Allerdings hatte sie gehört, dass sich hin und wieder sogar Nonnen in die Bütt begaben, und ganz gewiss gehörten die beiden tonsurierten Köpfe, die eben einen neuen Krug heißes Wasser verlangten, Mönchen oder Geistlichen. Das erzählte sie Denise jedoch nicht, sondern machte sie auf die anderen Annehmlichkeiten des Badehauses aufmerksam.
Sie hatten einige Pasteten verzehrt, als zwei weitere Frauen zu ihnen kamen. Catrin erkannte die Gattin des Rentmeisters Oldendorp, Ella, deren Begleiterin offensichtlich eine junge Verwandte war. Als auch Ella sie erkannte, trat sie an den Zuber.
»Frau Catrin, ein glücklicher Stern hat Euch heute hierhergeführt.«
»Nun, weniger ein Stern als der Wunsch nach Sauberkeit und Entspannung. Geht es Euch wohl, Frau Ella?«
»So wie es eben geht. Ich bräuchte Euren Rat, Frau Catrin. Wenn Ihr eine kleine Zeit für mich erübrigen könntet?«
»Setzt Euch zu uns in den Zuber, wenn Ihr wollt.«
»Nein, nein, nicht hier. Vielleicht könntet Ihr zur Vesperzeit in meinem Haus vorbeikommen?«
Es hörte sich dringlich und ein wenig ängstlich an, und Catrin ließ ihren Blick über den schlanken Körper der Frau gleiten. Ein Anzeichen von Schwangerschaft gab es nicht, aber das wollte nichts heißen. Vor drei Jahren hatte sie ihr bei der Entbindung ihres
Weitere Kostenlose Bücher