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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Mann saß und vier weitere standen.
    Aki wurde unruhig.
    Als sie eintraten, sah der Mann am Tisch von einem Pergament auf, das er im Schein von zwei brennenden Wachskerzen gelesen hatte. In der rechten Hand hielt er einen Federkiel neben ein mit Galltinte gefülltes Gefäß.
    «Herr Brun», sagte der Feldherr, und der Mann am Tisch nickte.
    Von der Kielspitze tropfte Tinte auf die Tischplatte.
    Aus Ketils Erzählungen hatte Aki versucht, sich ein Bild des Erzbischofs zu machen. Nun musste er feststellen, dass er vollkommen falschgelegen hatte. Zumindest äußerlich bot Brun das absolute Gegenteil dessen, was Aki sich vorgestellt hatte. Er hatte einen großen, kräftigen Mann in kostbaren Gewändern erwartet. Der Erzbischof war jedoch hager und mit einer einfachen Kutte bekleidet, über der er einen Schafspelz trug. In das bartlose Gesicht hatten sich tiefe Falten gegraben, und unter den Augen lagen schwere Tränensäcke. Brun wirkte alt und erschöpft.
    Aber der Blick ließ Aki die Macht dieses Mannes erahnen. Eine Schärfe lag darin, eine wissende, alles durchdringende Schärfe.
    Der Erzbischof sagte etwas in einer Sprache, die Aki nicht verstand. Es klang nicht unfreundlich, aber auch nicht übermäßig begeistert. Brun legte den Federkiel ab, erhob sich und kam auf die beiden zu.
    Ketil sank sofort auf die Knie, und als Aki zögerte, zog der Mönch ihn zu sich herunter. Er ergriff die Hand des Erzbischofs und berührte mit den Lippen einen großen Ring.
    «Bitte entschuldigt sein Verhalten, Herr», sagte Ketil. «Er ist Däne, aus der Mark, und er weiß noch nicht, was sich gehört. Aber er versteht die lateinische Sprache.»
    An Aki gewandt, flüsterte er: «Küss den Ring.»
    Aki tat es, auch wenn es ihm widerstrebte. Was hätte wohl Velva dazu gesagt, dass er sich einem Christen unterwarf?
    «Ein Däne?», erwiderte Brun, nun ebenfalls auf Latein, und musterte Aki mit einem Blick, der mit einem Mal hellwach war.
    «Ja, Herr!», antwortete Ketil.
    «Das ist interessant.» Brun ging zum Tisch zurück.
    Ketil und Aki erhoben sich wieder.
    Der Erzbischof ließ einen Mann vortreten, der mit einem dunkelblauen Mantel bekleidet war. Er legte ein weiteres Pergament auf den Tisch. Brun las es. Dann tunkte er den Federkiel in das Tintenfass und schrieb etwas auf das Pergament. Der Blaumantel nahm beide Pergamente an sich, rollte sie zusammen und verstaute sie in einer Tasche. Nachdem Brun in der anderen Sprache etwas zu ihm gesagt hatte, wandten sich der Blaumantel und ein zweiter Mann der Tür zu.
    Der Erzbischof wartete, bis die beiden die Hütte verlassen und die Tür wieder geschlossen hatten. Dann fragte er: «Ist der junge Däne der Grund, warum du mich so dringend sprechen musst, Ketil?»
    «Ja, Herr! Er gehört zu der Familie, bei der ich den Winter verbracht habe. Er – sein Name ist Aki – möchte Euch um Eure Hilfe …»
    Ketil verstummte, als Brun eine Hand hob und sich an Aki wandte. «Du stammst also aus der Mark.»
    Aki nickte.
    «Und du beherrschst die lateinische Sprache.»
    «Ja, ein wenig.»
    «Eine sehr seltene, dafür aber umso lobenswertere Kombination. Ich nehme an, Ketil hat dich unterrichtet. Nun, bevor du mir erklärst, in welcher Sache du meine Hilfe brauchst, möchte ich, dass du mir alles erzählst, was du über euren Markgrafen weißt.»
    «Wir mussten uns vor ihm verstecken.»
    «Davon hat Ketil mir bereits berichtet. Ich möchte eine Antwort auf die Frage haben, woher Thankmar die Reichtümer besitzt, mit denen er ein ganzes Heer ausheben konnte. Selbst wenn er mit unchristlichen Methoden das letzte Silber aus deinem Volk presst, würde dies kaum dafür ausreichen.»
    Aki erinnerte sich an ein Gespräch zwischen Grim und Geirmund auf dem Schiff. «Ich habe gehört, dass der Graf die Stadt eines Seeräubers geplündert haben soll. Der Seeräuber ist der Feind unseres Königs Harald.»
    Bruns Augen glänzten wie feuchte Steine. «Wie lautet der Name des Seeräubers?»
    Aki erinnerte sich dunkel daran, dass dieser Name auch vor vielen Jahren bei der Verhandlung in Haithabu gefallen war. «Ich glaube, er heißt Sigurd.»
    Brun wandte sich an den Mann, dem das Ohr fehlte. «Sagt Euch dieser Sigurd etwas, Ricwin?»
    «Er ist der Jarl der Normannenstadt Hladir. Hin und wieder gibt es Berichte, dass er hinter Überfällen auf fränkische oder sächsische Schiffe steckt. Mir scheint, dieser Sigurd ist ein gefährlicher Mann.»
    Brun richtete seinen Blick wieder auf Aki. «Und diesen Seeräuber

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