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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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zärtlich angesprochen. Damals, als sie Haithabu verlassen mussten, war sie fast noch ein Kind gewesen. Männer hatten sich nicht für sie interessiert, und in den Jahren, in denen sie zur Frau geworden war, hatte sie im Wald gelebt. Der einzige Mann in ihrer Nähe war Aki gewesen, bis Ketil zu ihnen kam. Der war zwar ein Mönch, aber er hatte dem anderen Geschlecht nicht abgeschworen, wie er es einmal formuliert hatte, auch wenn es vor den Augen seines Gottes eine Sünde war. Doch niemals hatte Ketil Asny so angestarrt, wie Grim es getan hatte und wie viele der anderen Männer auf dem Wattenvogel. Mit Blicken, in denen pure, bedrohliche Lust lag und das Verlangen, Asnys Körper zu besitzen.
    Die Stimme des Grafen riss sie aus ihren Gedanken. «Du brauchst keine Angst zu haben.»
    Seine Hand glitt an ihrer Schulter herab und schob sich unter ihre linke Achsel. Er hatte dünne, kräftige Finger.
    «Komm!», forderte er sie noch einmal auf.
    Sie hatte keine andere Wahl und gab ihren Widerstand auf, lockerte die angespannten Arme und Beine und ließ sich hochziehen. Dabei summte der Graf eine Melodie, die so beruhigend klang, als würde er ein Kind in den Schlaf singen.
    Seine Hand blieb an ihrem Arm, als er sie am Feuer vorbei zum Zuber führte, und dann sagte er das, wovor sich Asny gefürchtet hatte: «Zieh dich aus.»
    Seine Stimme hatte noch immer den freundlichen Ton, der überhaupt nicht zu ihm passte, zu diesem kaltblütigen Mörder. Das wollte sich in ihrem Kopf einfach nicht zu einem Bild zusammenfügen. Der Graf hatte Velva und ihre Kinder ertränken wollen, er hatte Grim, ohne mit der Wimper zu zucken, den Kopf abgeschlagen, und nun behandelte er Asny wie eine …
    «Zieh dich aus, mein Mädchen.»
    «Nein!»
    Sie schloss die Augen. Er würde sie schlagen, ganz sicher würde er das tun. Sie war seine Sklavin und hatte ihm zu gehorchen. Er konnte mit ihr machen, was er wollte. Er hatte alle Rechte, sie hingegen war rechtlos.
    Und wehrlos.
    Sein Gesicht näherte sich ihrem. Barthaare kitzelten ihr linkes Ohr.
    «Das Bad wird dir guttun», flüsterte er.
    Dann hörte sie sich entfernende Schritte und öffnete die Augen wieder. Er hatte sich auf die Truhe gesetzt und kehrte ihr den Rücken zu.
    «Du brauchst keine Angst zu haben», wiederholte er.
    Asnys Blick glitt vom Grafen zum dampfenden Bottich. Es war eine Ewigkeit her, seit sie das letzte Mal gebadet hatte. Sie erinnerte sich an einen sonnigen Tag im vergangenen Herbst und an den Waldbach, dessen Wasser auch im Sommer kühl war. Wie angenehm musste es sein, das warme Wasser auf der Haut zu spüren!
    Sie trat an den Zuber.
    Wenn der Graf mich vergewaltigen will, wird er es tun, egal ob ich gebadet habe oder nicht, dachte sie und erschrak bei diesem Gedanken. Hatte sie sich in ihr Schicksal ergeben?
    Der Graf saß noch immer mit dem Rücken zu ihr und machte keinerlei Anstalten, sich umzudrehen. Vielleicht wollte er ihr wirklich nur ein Bad gönnen …
    Sie begann sich auszuziehen und ließ zunächst die zerschlissene, vor Dreck starrende Tunika zu Boden fallen, dann schlüpfte sie aus dem Unterkleid.
    Das Wasser empfing ihren rechten Fuß mit prickelnder Wärme. Sie stieg hinein, hockte sich mit angezogenen Beinen in den Bottich und genoss das Kribbeln, das ihren Körper durchfuhr. Das Wasser plätscherte leise, warmer Dampf umhüllte sie. Ihr Körper entspannte sich. Sie lehnte sich an und schloss die Augen.
    Im Hintergrund summte der Graf seine Melodie.
     
    Asny schreckte auf, als sie eine Berührung auf ihrer Haut spürte. Sie drehte den Kopf und sah den Grafen hinter dem Bottich stehen. Seine rechte Hand lag auf ihrer linken Schulter, mit der linken reichte er ihr einen Lappen.
    Draußen im Heerlager waren die Stimmen lachender Männer zu hören.
    Der Zauber des Augenblicks war verflogen, und die lähmende Angst kehrte zurück. Schnell beugte sie sich vor, um ihre Brüste zu verbergen, und fuhr sich mit dem Lappen über Ober- und Unterkörper, Arme und Beine. Dann stieg sie tropfnass aus dem Wasser. Doch ihre Kleider waren verschwunden. Stattdessen hielt der Graf ihr ein großes Tuch hin. Sie nahm es, drehte sich weg und trocknete sich damit ab.
    «Zieh dies an», sagte der Graf.
    Sie schlang das Tuch um ihren Körper und wandte sich ihm zu. Er hielt ihr ein frisches Unterkleid hin. Sie nahm es und schlüpfte hinein. Der Stoff war angenehm weich und schmiegte sich wie ein sanfter Frühlingshauch an ihre Haut.
    Währenddessen hatte der Graf ein

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