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Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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immer gesprochen wird.
    Ob Norden oder Süden, Sänger werden überall gern willkommen geheißen, daher saß Bael am Tisch von Lord Stark und spielte die halbe Nacht lang für den Lord auf seinem hohen Stuhl. Er sang die alten Lieder und die neuen, die er selbst verfasst hatte, und er spielte und sang so schön, dass der Lord ihm, nachdem er geendet hatte, anbot, er möge sich selbst eine Belohnung aussuchen. ›Ich bitte nur um eine Blume‹, antwortete Bael, ›die schönste Blume, die in den Gärten von Winterfell blüht.‹
    Wie es sich zutrug, hatten die Winterrosen gerade zu blühen angefangen, und keine andere Blume ist so selten und so wertvoll. Also schickte der Stark einen Diener in den Glasgarten und befahl, die schönste Winterrose für den Sänger pflücken. Und so geschah es. Aber am Morgen war der Sänger verschwunden … und mit ihm Lord Brandons jungfräuliche Tochter. Ihr Bett wurde leer vorgefunden, bis auf die hellblaue Rose, die Bael auf dem Kopfkissen zurückgelassen hatte.«
    Diese Geschichte hatte Jon noch nie gehört. »Welcher Brandon soll das gewesen sein? Brandon der Erbauer hat im Zeitalter der Helden gelebt, Tausende von Jahren vor Bael. Dann gab es noch Brandon den Verbrenner und seinen Vater Brandon den Schiffsbauer, aber …«
    »Dieser war Brandon der Tochterlose«, entgegnete Ygritte scharf. »Willst du die Geschichte nun hören oder nicht?«
    Er setzte eine finstere Miene auf. »Erzähl weiter.«
    »Lord Brandon hatte keine anderen Kinder. Auf sein Geheiß zogen die schwarzen Krähen zu Hunderten aus ihren Burgen aus, konnten jedoch nirgendwo eine Spur von Bael oder dieser Jungfrau finden. Fast ein Jahr lang suchten sie, bis der Lord den Mut verlor und krank wurde, denn es schien, dass die Linie der Starks mit ihm enden würde. Aber eines Nachts, während er dalag und auf den Tod wartete, hörte Lord Brandon das Schreien eines Kindes. Er folgte dem Laut und fand seine Tochter schlafend und mit einem Säugling an der Brust in ihrem Zimmer.«
    »Hatte Bael sie zurückgebracht?«
    »Nein. Sie waren die ganze Zeit in Winterfell gewesen und hatten sich bei den Toten unter der Burg versteckt. Die Jungfrau habe Bael so sehr geliebt, dass sie ihm einen Sohn schenkte, heißt es in dem Lied … nun, um die Wahrheit zu sagen, liebten ihn in seinen Liedern alle Jungfrauen. Mag es sein, wie es will, sicher ist, dass Bael das Kind als Bezahlung für die Rose zurückließ, die er ungebeten gepflückt hatte, und der Junge wuchs zum nächsten Lord Stark heran. Also fließt Baels Blut in deinen Adern, genauso wie in meinen.«
    »Das ist niemals wirklich passiert«, sagte Jon.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Trotzdem ist es ein hübsches Lied. Meine Mutter hat es mir immer vorgesungen. Sie war auch irgendeine Frau, Jon Schnee, wie deine.« Sie rieb sich die Kehle, wo sein Dolch sie geschnitten hatte. »Das Lied endet, als das Kind gefunden wird, doch die Geschichte hat ein schreckliches Ende. Dreißig Jahre später war Bael König-jenseits-der-Mauer und führte das freie Volk nach Süden, wo sich ihm der junge Lord Stark an der Gefrorenen Furt entgegenstellte … und ihn tötete, denn Bael konnte seinem eigenen Sohn kein Leid zufügen, als sie sich Auge in Auge gegenüberstanden.«
    »Also erschlug der Sohn stattdessen den Vater«, sagte Jon.
    »Genau«, antwortete sie, »aber die Götter hassen Vatermörder,
selbst wenn die Tat in Unwissenheit geschieht. Als Lord Stark aus der Schlacht zurückkehrte und seine Mutter Baels Kopf auf seinem Speer erblickte, stürzte sie sich in ihrem Gram von einem Turm. Ihr Sohn überlebte sie nicht lange. Einer seiner Lords zog ihm die Haut ab und trug sie als Mantel.«
    »Dein Bael war ein Lügner«, sagte Jon, nun vollends davon überzeugt.
    »Nein«, erwiderte Ygritte, »aber die Wahrheit eines Barden unterscheidet sich von deiner oder meiner. Jedenfalls hast du mich gebeten, dir die Geschichte zu erzählen, und das habe ich getan.« Sie wandte sich von ihm ab, schloss die Augen und schien zu schlafen.
    Die Dämmerung und Qhorin Halbhand trafen gleichzeitig ein. Die schwarzen Felsen hatten sich in Grau verwandelt, und der Himmel im Osten wurde indigoblau, als Steinschlange die Grenzer unten im Pass bemerkte, die den gewundenen Pfad hinaufkamen. Jon weckte seine Gefangene und hielt sie am Arm fest, während sie hinabstiegen. Glücklicherweise gab es in nordwestlicher Richtung einen Weg, der weitaus einfacher zurückzulegen war

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