Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
brennen? Dies ist ebenso dein Werk wie meins. Irgendwo aus der Menschenmenge südlich des Schwarzwassers schaute Stannis zu, das wusste Tyrion. Er hatte nie das gleiche Verlangen danach gehabt, an einer Schlacht teilzunehmen, wie sein Bruder Robert. Stattdessen würde er hinter den Schlachtreihen Befehle erteilen, von der Nachhut oder aus der Reserve heraus. So war es auch Lord Tywin Lennister gewohnt. Vermutlich saß Stannis gerade auf einem Streitross, war in eine glänzende Rüstung gehüllt und trug seine Krone auf dem Kopf. Eine Krone aus rotem Gold, sagt Varys, deren Zacken in Form von Flammen gestaltet sind.
»Meine Schiffe.« Joffreys Stimme überschlug sich, als er vom Wehrgang hinaufschrie, wo er sich mit seinen Wachen hinter den Zinnen duckte. Die goldene Krone der Königswürde zierte seinen Schlachthelm. »Meine Königsländer brennt, meine Königin Cersei, meine Treuer Mann. Und dort, die Seeblume.« Er zeigte mit seinem neuen Schwert darauf, dorthin, wo die grünen Flammen am goldenen Rumpf der Seeblume leckten und über ihre Ruder krochen. Ihr Kapitän
floh flussaufwärts, jedoch nicht schnell genug, um dem Seefeuer zu entkommen.
Das Schicksal des Schiffes war besiegelt. Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Wären wir nicht herausgekommen, um gegen sie zu kämpfen, hätte Stannis die Falle gerochen. Mit einem Pfeil konnte man zielen, genauso mit einem Speer oder einem Stein von einem Katapult, doch Seefeuer hatte einen eigenen Willen. Einmal losgelassen, ließ es sich von Menschen nicht mehr kontrollieren. »Das war nicht zu vermeiden«, sagte er zu seinem Neffen. »Unsere Flotte wäre in jedem Fall vernichtet worden.«
Selbst hier oben von der Zinne – er war zu klein, um über die Kante der Mauer zu blicken, daher hatte er sich hinaufheben lassen – machten die Flammen und der Rauch es Tyrion unmöglich, das Geschehen unten am Fluss vor der Burg zu verfolgen, doch vor seinem inneren Auge hatte er es schon tausend Mal gesehen. Bronn würde die Ochsen angetrieben haben, sobald Stannis’ Flaggschiff unter dem Roten Bergfried hindurchgefahren wäre. Die Kette war unglaublich schwer, und die großen Winden bewegten sich unter lautem Rumpeln und Knarren nur sehr langsam. Die ganze Flotte des Usurpators würde die Stelle passiert haben, ehe man das erste Metall unter dem Wasser glänzen sehen konnte. Tropfend würden die Glieder auftauchen, einige mit Schlamm bedeckt, ein Glied nach dem anderen würde zum Vorschein kommen, bis die ganze riesige Kette straff gespannt war. König Stannis hatte seine Flotte in den Schwarzwasser hineinrudern lassen, doch sie würde nicht wieder hinausrudern.
Trotzdem konnten einige fliehen. Die Strömung eines Flusses ließ sich nicht berechnen, und das Seefeuer verteilte sich nicht so gleichmäßig, wie Tyrion gehofft hatte. Die Hauptfahrrinne stand vollständig in Flammen, doch ein großer Teil der myrischen Schiffe hatte auf das Südufer zugehalten und schien unversehrt davonzukommen, und mindestens acht Schiffe waren unterhalb der Stadtmauern gelandet.
Gelandet oder gesunken, es macht keinen Unterschied: Sie haben Männer an Land gebracht. Und schlimmer noch, ein großer Teil der südlichen Flanke der beiden ersten Schlachtreihen des Feindes befand sich bereits ein gutes Stück flussaufwärts von den Schiffen mit dem Seefeuer, als das Inferno losbrach. Dreißig bis vierzig Galeeren würden Stannis wahrscheinlich bleiben; das genügte, um sein ganzes Heer überzusetzen, nachdem seine Männer erst einmal neuen Mut gefasst hätten.
Allerdings würde das vielleicht eine Weile dauern, denn selbst die tapfersten Soldaten würde es erschüttern zuzusehen, wie tausend oder mehr Kameraden vom Seefeuer verschlungen wurden. Hallyn hatte gesagt, die Substanz brenne manchmal so heiß, dass Fleisch wie Talg schmelze. Und doch, und doch …
Tyrion machte sich keine Illusionen, was seine eigenen Männer betraf. Sobald die Schlacht jedoch ernsthaft beginnt, oder die Dinge schlecht für uns aussehen, werden sie den Mut verlieren, und zwar auf übelste Weise. Jaslyn Amwasser hatte ihn davor gewarnt, und die einzige Möglichkeit, den Sieg davonzutragen, war, in der Schlacht von Anfang bis Ende die Oberhand zu behalten.
Er sah dunkle Schemen, die durch die verkohlten Ruinen der Kais am Flussufer strichen. Zeit für den nächsten Ausfall, dachte er. Die Männer waren nie so verwundbar wie zu dem Zeitpunkt, wenn sie aus dem Wasser ans Ufer taumelten. Er durfte dem Feind keine Zeit
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