Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
war, dass er ihm die Tränen in die Augen trieb. »Der Königsweg kann so weit im Norden gefährlich sein«, erklärte ihm der Lord Kommandant, während sie tranken.
»Ich habe Jyck und Morrec«, sagte Tyrion, »und Yoren reitet wieder gen Süden.«
»Yoren ist nur ein einziger Mann. Die Wache wird Euch bis Winterfell begleiten«, verkündete Mormont mit einer Stimme, die keine Widerworte duldete. »Drei Mann sollten genügen. «
»Wenn Ihr darauf besteht, Mylord«, fügte sich Tyrion. »Ihr könntet den jungen Schnee schicken. Er würde sich über die Gelegenheit freuen, seine Brüder wiederzusehen.«
Mormont sah ihn durch seinen dicken, grauen Bart fragend an. »Schnee? Oh, der Stark-Bastard. Ich glaube nicht. Die Jungen müssen das Leben, das sie hinter sich gelassen haben, vergessen, die Brüder und Mütter und all das. Ein Besuch zu Hause würde nur Gefühle wecken, die man am besten unangetastet lässt. Ich kenne das. Meine eigene Blutsverwandtschaft … meine Schwester Maege regiert inzwischen über die Bäreninsel, seit mein Sohn uns Schande gemacht hat. Ich habe Nichten, die ich noch nie gesehen habe.« Er nahm einen Schluck. »Außerdem ist Jon Schnee noch ein Junge. Ihr sollt drei kräftige Schwertkämpfer bekommen, damit Ihr sicher seid.«
»Eure Sorge rührt mich, Lord Mormont.« Der starke Trunk ließ Tyrion übermütig werden, wenn auch nicht zu berauscht, um zu merken, dass der alte Bär etwas von ihm wollte. »Ich hoffe, ich kann mich für Eure Freundlichkeit erkenntlich zeigen.«
»Das könnt Ihr«, sagte Mormont barsch. »Eure Schwester sitzt an der Seite des Königs. Euer Bruder ist ein großer Ritter und Euer Vater der mächtigste Lord in den Sieben Königslanden. Sprecht in unserem Namen mit ihnen. Berichtet ihnen von unseren Nöten. Ihr habt es selbst gesehen, Mylord. Die Nachtwache stirbt. Unsere Stärke liegt inzwischen unter tausend Mann. Sechshundert hier, zweihundert im Schattenturm, weniger noch in Ostwacht, und nur ein knappes Drittel davon sind kämpfende Truppen. Die Mauer ist hundert Wegstunden lang. Überlegt nur. Sollte ein Angriff erfolgen, habe ich drei Mann für jede Meile Mauer.«
»Drei und ein Drittel«, berichtigte Tyrion gähnend.
Mormont schien ihn kaum zu hören. Der alte Mann wärmte seine Hände am Feuer. »Ich habe Benjen Stark auf die Suche nach Yohn Rois’ Sohn geschickt, der seit seiner ersten Patrouille vermisst wird. Der junge Rois war grün hinter den Ohren wie eine Sommerwiese, dennoch bestand er auf der Ehre, sein eigenes Kommando zu führen, meinte, es sei seine Pflicht als Ritter. Ich wollte seinen Hohen Vater nicht beleidigen, daher habe ich ihm nachgegeben. Ich habe ihn mit zwei Mann losgeschickt, die ich zu den besten der Wache zählte. Ich Narr.«
»Narr«, gab der Rabe ihm Recht. Tyrion blickte auf. Der Vogel starrte mit diesen winzigen, schwarzen Augen auf ihn herab und plusterte sich auf. »Narr«, rief er erneut. Zweifelsohne würde der alte Mormont es ihm übel nehmen, wenn er das Vieh erdrosselte. Eine Schande.
Der Lord Kommandant schenkte dem ärgerlichen Vogel keinerlei Beachtung. »Gared war fast so alt wie ich und länger auf der Mauer«, fuhr er fort, »dennoch scheint es, als hätte er uns abgeschworen und sei geflohen. Ich hätte es nie
geglaubt, nicht von ihm, doch Lord Eddard hat mir seinen Kopf von Winterfell geschickt. Von Rois kein Wort. Ein Deserteur und zwei Mann verloren, und jetzt wird auch Benjen Stark vermisst.« Er seufzte schwer. »Wen soll ich auf die Suche nach ihm schicken? In zwei Jahren werde ich siebzig. Zu alt und zu müde für die Last, die ich trage, doch wenn ich sie absetze, wer wird sie aufnehmen? Allisar Thorn? Bowen Marsh? Ich müsste so blind wie Maester Aemon sein, wenn ich nicht sähe, was sie sind. Die Nachtwache ist zu einer Armee trübsinniger Burschen und müder, alter Männer verkommen. Sieht man von den Männern ab, die heute Abend hier an meinem Tisch saßen, habe ich vielleicht noch zwanzig, die lesen können, und sogar noch weniger, die denken oder planen oder führen können. Früher verbrachte die Wache die Sommer beim Bau, und jeder Lord Kommandant hinterließ die Mauer höher, als er sie übernommen hatte. Inzwischen versuchen wir nur noch, am Leben zu bleiben.«
Es war ihm todernst, wie Tyrion merkte. Es war ihm etwas peinlich für den alten Mann. Lord Mormont hatte einen Gutteil seines Lebens auf der Mauer zugebracht, und er brauchte den Glauben daran, dass diese Jahre von Bedeutung
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