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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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Ser Allisar stand auf, sein Mund ein schmaler Strich. »Kommt und reißt Eure Scherze mit Stahl in der Hand.«
    Tyrion blickte auf seine rechte Hand. »Aber ich habe Stahl in meiner Hand, Ser Allisar, auch wenn es mir eine Krebsgabel zu sein scheint. Sollen wir uns duellieren?« Er sprang auf seinen Stuhl und begann, mit seiner winzigen Gabel an Thorns Brust herumzustechen. Brüllendes Gelächter erfüllte das Turmzimmer. Krebsstücke fielen dem Lord Kommandant aus dem Mund, während er hustete und würgte. Selbst sein Rabe stimmte mit ein und krächzte laut vom Fenster her.
    »Duell! Duell! Duell!«
    Ser Allisar Thorn stolzierte derart steif hinaus, als steckte ein Dolch in seinem Hintern.
    Noch immer rang Mormont um Atem. Tyrion klopfte ihm auf den Rücken. »Dem Sieger gebührt die Beute«, rief er aus. »Ich verlange Thorns Anteil an den Krebsen.«
    Endlich erholte sich der Lord Kommandant. »Ihr seid ein böser Mensch, unseren Ser Allisar derart zu provozieren«, schalt er Tyrion.
    Dieser setzte sich und nahm einen Schluck Wein. »Wenn sich jemand eine Zielscheibe auf die Brust malt, sollte er davon ausgehen, dass früher oder später ein Pfeil auf ihn abgeschossen wird. Ich habe tote Männer gesehen, die mehr Humor hatten als Euer Ser Allisar.«
    »Stimmt nicht«, wandte Bowen Marsh, der Lord Haushofmeister, ein, dessen Gesicht rund und rot wie ein Granatapfel war. »Ihr solltet die drolligen Namen hören, die er den Knaben gibt, wenn er sie ausbildet.«
    Tyrion hatte einige dieser drolligen Namen gehört. »Ich wette, dass die Knaben auch für ihn den einen oder anderen Namen kennen«, sagte er. »Reibt Euch das Eis aus den Augen, edle Herren. Ser Allisar Thorn sollte Eure Ställe ausmisten, nicht Eure jungen Krieger ausbilden.«
    »In der Wache herrscht kein Mangel an Stallburschen«, knurrte Lord Mormont. »Das scheint heutzutage alles zu
sein, was man uns schickt. Stallburschen, Diebe und Vergewaltiger. Ser Allisar ist ein gesalbter Ritter, einer der wenigen, die das Schwarz angelegt haben, seit ich Lord Kommandant bin. In Königsmund hat er tapfer gekämpft.«
    »Auf der falschen Seite«, bemerkte Ser Jaremy Rykker trocken. »Ich muss es wissen, ich stand neben ihm auf den Zinnen. Tywin Lennister ließ uns die Wahl. Geht in Schwarz oder tragt Eure Köpfe noch vor Einbruch der Dunkelheit auf Spießen. Ohne Euch zu nahe treten zu wollen, Tyrion.«
    »Das tut Ihr nicht, Ser Jaremy. Mein Vater ist ein großer Freund von aufgespießten Köpfen, besonders jener Leute, die ihn auf die eine oder andere Weise verärgert haben. Und ein edles Gesicht wie das Eure, nun, zweifelsohne sah er schon vor sich, wie Ihr die Stadtmauer über dem Königstor ziert. Ich glaube, Ihr hättet dort atemberaubend ausgesehen.«
    »Danke sehr«, erwiderte Ser Jaremy sarkastisch.
    Lord Kommandant Mormont räusperte sich. »Manchmal fürchte ich, Ser Allisar hätte Euch durchschaut, Tyrion. Ihr verspottet uns und unsere edle Aufgabe hier tatsächlich .«
    Tyrion zuckte mit den Schultern. »Wir alle müssen von Zeit zu Zeit verspottet werden, damit wir uns nicht allzu ernst nehmen. Mehr Wein bitte.« Er hielt seinen Becher hin.
    Während Rykker diesen für ihn füllte, sagte Bowen Marsh: »Ihr habt großen Durst für einen so kleinen Mann.«
    »Oh, ich denke, dass Lord Tyrion ein ziemlich großer Mann ist«, sagte Maester Aemon vom anderen Ende des Tisches her. Er sprach leise, und die hohen Offiziere der Nachtwache schwiegen, um besser zu hören, was der Greis zu sagen hatte. »Ich denke, er ist ein Riese unter uns, hier am Ende der Welt.«
    Tyrion antwortete freundlich: »Man hat mich schon vieles genannt, Mylord, doch Riese war nur selten darunter.«
    »Nichtsdestoweniger«, sagte Maester Aemon, während sich seine trüben, milchweißen Augen Tyrion zuwandten: »Ich denke, es stimmt.«
    Dieses eine Mal fehlten Tyrion Lennister die Worte. Er
konnte sich nur höflich verneigen. »Ihr seid zu gütig, Maester Aemon.«
    Der blinde Mann lächelte. Er war winzig, faltig und haarlos, eingesunken unter dem Gewicht von einhundert Jahren, sodass die Ordenskette aus den vielen Metallen lose um seinen Hals hing. »Man hat mich schon vieles genannt, Mylord«, sagte er, »doch gütig war nur selten darunter.« Diesmal lachte Tyrion selbst als Erster.
    Viel später, als das ernste Geschäft des Essens beendet war und die anderen sie verlassen hatten, bot Mormont Tyrion einen Stuhl beim Feuer und einen Becher mit gewürztem Weingeist an, der so stark

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