Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
mich.« Joffrey ließ Witwenklage mit beiden Händen auf das Buch niedersausen, das Tyrion ihm geschenkt hatte. Der schwere Ledereinband war mit einem Hieb durchtrennt. »Scharf! Ich habe Euch ja gesagt, valyrischer Stahl ist mir nicht fremd.« Mit einem halben Dutzend weiterer Hiebe war der dicke Band zerhackt, und der Junge war außer Atem. Sansa spürte, wie mühsam ihr Gemahl seinen Zorn im Zaum hielt, als Ser Osmund Schwarzkessel rief: »Ich bete, dass Ihr diese böse Klinge niemals gegen mich einsetzen werdet, Herr.«
»Dann gebt mir nie Anlass dazu, Ser.« Joffrey fegte einen Teil des Lebens vierer Könige mit der Schwertspitze vom Tisch, daraufhin schob er Witwenklage zurück in die Scheide.
»Euer Gnaden«, sagte Ser Garlan Tyrell, »vielleicht habt Ihr es nicht gewusst, aber in ganz Westeros gab es nur vier Abschriften dieses Buches, die Kaeth eigenhändig illustriert hat.«
»Jetzt gibt es nur noch drei.« Joffrey nahm seinen alten Schwertgurt ab und legte den neuen an. »Ihr und Lady Sansa schuldet mir ein besseres Geschenk, Onkel Gnom. Dieses ist völlig zerhackt.«
Tyrion starrte seinen Neffen mit seinen ungleichen Augen an. »Vielleicht ein Messer, Herr. Das zu Eurem Schwert passt.
Einen Dolch aus dem gleichen feinen valyrischen Stahl … vielleicht mit einem Heft aus Drachenknochen?«
Joff warf ihm einen scharfen Blick zu. »Ihr … ja, ein Dolch, der zu meinem Schwert passt, gut.« Er nickte. »Ein … ein goldenes Heft, mit Rubinen besetzt. Drachenbein ist zu gewöhnlich. «
»Wie Ihr wünscht, Euer Gnaden.« Tyrion trank einen weiteren Becher Wein. Er hätte genauso gut allein in seinem Solar sein können, so wenig beachtete er Sansa. Doch als die Zeit gekommen war, zur Hochzeit aufzubrechen, nahm er sie bei der Hand.
Während sie den Hof überquerten, gesellte sich Prinz Oberyn von Dorne mit seiner schwarzhaarigen Mätresse zu ihnen. Sansa betrachtete die Frau neugierig. Sie war von unehelicher Geburt und nicht verheiratet, und sie hatte dem Prinzen zwei Bastardtöchter geschenkt, dennoch schien sie keine Hemmungen zu haben, selbst der Königin offen in die Augen zu blicken. Shae hatte ihr erzählt, Ellaria verehre irgendeine Liebesgöttin aus Lys. »Sie war beinahe eine Hure, als er ihr begegnet ist, M’lady«, hatte die Zofe ihr anvertraut. »Und jetzt ist sie beinahe eine Prinzessin.« Sansa war der Dornischen noch nie so nahe gekommen. Eigentlich ist sie gar nicht so schön, dachte sie, aber trotzdem zieht sie irgendwie die Blicke auf sich.
»Ich hatte einmal das große Glück, die Abschrift von Leben vierer Könige zu sehen, die in der Citadel steht«, erzählte Prinz Oberyn ihrem Gemahl. »Die Buchmalereien waren wunderschön anzuschauen, aber Kaeth hat König Viserys viel zu gnädig beurteilt.«
Tyrion warf ihm einen scharfen Blick zu. »Zu gnädig? Er missachtet Viserys in meinen Augen aufs Schandbarste. Das Buch hätte das Leben fünfer Könige heißen sollen.«
Der Prinz lachte. »Viserys hat kaum vierzehn Tage lang geherrscht. «
»Er herrschte länger als ein Jahr«, entgegnete Tyrion.
Oberyn zuckte mit den Schultern. »Ein Jahr oder zwei Wochen,
was macht das schon? Er hat seinen eigenen Neffen vergiftet, um den Thron zu erobern, und anschließend hat er die Hände in den Schoß gelegt.«
»Baelor hatte sich mit seinem Fasten zu Tode gehungert«, meinte Tyrion. »Sein Onkel diente ihm treu als Hand, wie er zuvor bereits dem Jungen Drachen gedient hatte. Viserys hat vielleicht nur ein Jahr lang geherrscht, aber dafür hat er fünfzehn Jahre lang regiert, während Daeron Krieg geführt und Baelor gebetet hat.« Er schnitt ein säuerliches Gesicht. »Und selbst wenn er seinen Neffen aus dem Weg geräumt hat, könnt Ihr ihm daraus einen Vorwurf machen? Jemand musste das Reich schließlich vor Baelors Torheiten retten.«
Sansa war schockiert. »Aber Baelor der Selige war doch ein großer König. Er ist barfuß über den Knochenweg geschritten, um mit Dorne Frieden zu schließen, und er hat den Drachenritter aus einer Schlangengrube gerettet. Die Vipern haben ihn nicht gebissen, weil er so rein und heilig war.«
Prinz Oberyn lächelte. »Wenn Ihr eine Viper wärt, Mylady, würdet Ihr dann eine blutleere Bohnenstange wie Baelor den Seligen beißen wollen? Ich würde meine Giftzähne lieber in etwas Saftigerem versenken …«
»Mein Prinz beliebt mit Euch zu scherzen, Lady Sansa«, sagte die Frau, Ellaria Sand. »Die Septone und Sänger erzählen gern, dass die Schlangen
Weitere Kostenlose Bücher