Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
wäre er nicht so dumm gewesen, Kleinfingers Messer auszusuchen.
Den Grund dafür konnte er noch immer nicht begreifen. Vielleicht schlicht aus Grausamkeit? Damit konnte sein Neffe ja im Überfluss dienen. Tyrion musste sich arg zusammenreißen, um sich nicht zu übergeben oder in die Hose zu pinkeln. Oder beides. Unbehaglich presste er die Beine zusammen. Beim Frühstück hätte er den Mund halten sollen. Jetzt weiß der Junge, was ich weiß. Mein großes Maul wird noch mal mein Tod sein, das könnte ich schwören.
Die sieben Gelübde waren gesprochen, die sieben Segen erteilt und die sieben Versprechen ausgetauscht. Nachdem das Hochzeitslied gesungen war und niemand Einwände gegen die Heirat geäußert hatte, war es an der Zeit, die Mäntel zu tauschen. Tyrion verlagerte sein Gewicht von einem Zwergenbein aufs andere und versuchte zwischen seinem Vater und seinem Onkel Kevan hindurchzuspähen. Wenn die Götter gerecht sind, wird Joff es verpatzen. Er vermied es, Sansa anzuschauen, denn die Verbitterung hätte ihm gewiss in den Augen gestanden. Du hättest dich hinknien können, verdammt. Wäre es denn so verflucht schwer gewesen, diese steifen Starkknie zu beugen und mir damit einen kleinen Rest meiner Würde zu lassen?
Maes Tyrell nahm seiner Tochter sanft den Jungfrauenmantel ab, während Joffrey den gefalteten Brautmantel von seinem Bruder Tommen entgegennahm und mit einem Schwung ausschüttelte. Der Knabenkönig war mit dreizehn ebenso groß wie seine Braut mit sechzehn, und er würde nicht auf den Rücken eines Narren klettern müssen. Er legte Margaery den rotgoldenen Mantel um die Schultern und beugte sich vor, um ihn vorn an ihrem Hals zu schließen. Und so leicht war sie aus dem Schutz ihres Vaters in den ihres Gemahls übergetreten. Bloß, wer wird sie vor Joff schützen? Tyrion warf einen Blick auf den Ritter der Blumen, der bei den anderen Männern der Königsgarde stand. Ihr solltet Euer Schwert nicht stumpf werden lassen, Ser Loras.
»Mit diesem Kuss beteure ich meine Liebe!«, verkündete Joffrey mit lauter Stimme. Nachdem Margaery die Worte wiederholt hatte, zog er sie zu sich heran und küsste sie lange und innig. Erneut tanzten die Regenbögen um die Krone des Hohen Septons, während dieser Joffrey aus den Häusern Baratheon und Lennister und Margaery aus dem Hause Tyrell feierlich zu einem Fleisch, einem Herz und einer Seele erklärte.
Gut, das wäre also geschafft. Kehren wir in die verfluchte Burg zurück, damit ich pissen kann.
Ser Loras und Ser Meryn in ihren weißen Schuppenrüstungen und schneeweißen Mänteln führten die Prozession aus der Septe. Ihnen folgte Prinz Tommen, der aus einem Körbchen Rosenblüten vor König und Königin verstreute. Hinter dem königlichen Paar gingen Königin Cersei und Lord Tyrell, dann die Brautmutter Arm in Arm mit Lord Tywin. Die Dornenkönigin wankte hinter ihnen her und stützte sich mit einer Hand auf Ser Kevan Lennisters Arm und der anderen auf ihren Stock; ihre beiden Zwillingswachen hielten sich dicht hinter ihr, für den Fall, dass sie stolperte. Als Nächste kamen Ser Garlan Tyrell und seine Hohe Gemahlin, und schließlich waren sie selbst an der Reihe.
»Mylady.« Tyrion bot Sansa seinen Arm an. Sie ergriff ihn
pflichtbewusst, doch er spürte, wie steif sie sich machte, während sie durch den Gang zogen. Nicht ein einziges Mal schaute sie zu ihm herunter.
Er hörte den Jubel draußen schon, ehe er die Tür erreichte. Der Pöbel liebte Margaery so sehr, dass dies auf Joffrey abfärbte. Sie hatte Renly gehört, dem stattlichen jungen Prinzen, der das Volk über alles geliebt hatte und sogar aus dem Grab zurückgekehrt war, um es zu retten. Und der Reichtum von Rosengarten war mit ihr aus dem Süden die Rosenstraße hinaufgeflossen. Diese Narren schien sich nicht daran zu erinnern, dass Maes Tyrell es gewesen war, der die Rosenstraße geschlossen und damit die verfluchte Hungersnot erst herbeigeführt hatte.
Sie traten hinaus in die frische Herbstluft. »Ich habe schon gefürchtet, wir würden nie wieder herauskommen«, witzelte Tyrion.
Jetzt blieb Sansa nichts anderes übrig, als ihn anzuschauen. »Ich … ja, Mylord. Wie Ihr meint.« Sie sah traurig aus. »Trotzdem war es eine wunderschöne Zeremonie.«
Was man über unsere eigene Hochzeit nicht sagen kann. »Sie war jedenfalls lang, das gebe ich zu. Ich muss zur Burg zurück und pissen.« Tyrion rieb sich den Stumpf seiner Nase. »Wenn ich mir doch bloß eine Aufgabe ausgedacht
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