Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
Schmerzen in meinem Bein, sagte er sich im Stillen. Zuerst jedoch musste er den Tunnel überprüfen und herausfinden, was aus Donal Noye geworden war.
Nach der Schlacht mit den Thenns hatten sie fast einen ganzen Tag gebraucht, um das Eis und die zerborstenen Balken vor dem Tor fortzuräumen. Der Gefleckte Pat, Kegs und ein paar der anderen Baumeister hatten hitzig darüber gestritten, ob sie den Schutt einfach als zusätzliches Hindernis für Manke liegen lassen sollten. Damit hätten sie jedoch die Verteidigung des Tunnels aufgegeben, und Noye wollte nichts davon wissen. Mit einigen Männern über den Mordlöchern und Bogenschützen und Speeren hinter jedem der inneren Gitter
konnten wenige entschlossene Brüder die hundertfache Anzahl Angreifer abwehren und den Weg mit Leichen verstopfen. Noye hatte nicht vor, Manke Rayder einfach so durch das Eis zu lassen. So wurden die zerbrochenen Stufen und das Eis mit Spitzhacke, Spaten und Seilen zur Seite geräumt.
Jon wartete bei den kalten Eisenstangen, während Pyp den Ersatzschlüssel von Maester Aemon holte. Überraschenderweise kehrte der Maester selbst mit ihm und Klydas, der eine Laterne hielt, zurück. »Komm hinterher zu mir, wenn wir hier fertig sind«, forderte der alte Mann Jon auf, während Pyp an der Kette herumfummelte. »Ich muss den Verband erneuern und einen frischen Breiumschlag auflegen, und außerdem möchtest du bestimmt wieder etwas Traumwein gegen die Schmerzen.«
Jon nickte schwach. Die Tür schwang auf. Pyp ging voraus, Klydas folgte ihm mit der Laterne. Jon konnte gerade noch mit Maester Aemon mithalten. Das Eis drängte sich dicht an sie heran, und er spürte, wie ihm die Kälte in die Knochen drang, spürte das Gewicht der Mauer über seinem Kopf. Es war, als betrete man den Schlund eines Eisdrachen. Der Gang machte eine Biegung, dann noch eine. Pyp schloss das zweite Tor auf. Sie gingen um die nächste Biegung und sahen Licht vor sich, das schwach und bleich durch das Eis schien. Das ist schlecht, dachte Jon sofort, das ist sehr schlecht.
Dann sagte Pyp: »Da ist Blut auf dem Boden.«
Ganz am Ende des Tunnels hatten sie gekämpft und den Tod gefunden. Die Außentür aus beschlagener Eiche war zerhackt und geborsten und schließlich aus den Angeln gerissen worden, und einer der Riesen war durch die Splitter hereingekrochen. Die Laterne tauchte eine grässliche Szene in rötliches Licht. Pyp drehte sich um und übergab sich, und Jon beneidete Maester Aemon plötzlich um seine Blindheit.
Noye und seine Männer hatten im Inneren hinter einem Tor aus schweren Eisenstangen gewartet. Die beiden Armbrustschützen hatten ein Dutzend Bolzen auf den Riesen abgeschossen,
während der sich vorwärtskämpfte. Dann mussten die Speerkämpfer angegriffen und durch die Gitterstäbe zugestochen haben. Dennoch hatte der Riese noch die Kraft gefunden, hindurchzugreifen, dem Gefleckten Pat den Kopf abzureißen, das Eisentor zu packen und die Stangen auseinanderzudrücken. Überall lagen die Glieder einer zerfetzten Kette verstreut. Ein Riese. Das alles hat ein einziger Riese angerichtet.
»Sind sie alle tot?«, fragte Maester Aemon leise.
»Ja. Donal war der Letzte.« Noyes Schwert steckte fast bis zum Heft in der Kehle des Riesen. Der Waffenschmied war Jon immer so groß vorgekommen, doch in der festen Umarmung des Riesen wirkte er fast wie ein Kind. »Der Riese hat ihm das Rückgrat gebrochen. Ich weiß nicht, wer zuerst gestorben ist.« Er nahm die Laterne und trat näher, um sich den Giganten genauer anzuschauen. »Mag.« Ich bin der letzte der Riesen. Er verspürte sogar ein wenig Trauer, doch für Trauer hatte er keine Zeit. »Das war Mag der Mächtige. Der König der Riesen.«
Jetzt musste er zurück ans Sonnenlicht. Im Tunnel war es zu kalt und zu dunkel, und der Gestank von Blut und Tod drohte ihn zu ersticken. Jon gab Klydas die Laterne zurück, drängte sich an den Leichen und den verbogenen Stangen vorbei und ging auf den Ausgang zu, um zu sehen, was sich hinter der zersplitterten Tür befand.
Der riesige Kadaver eines verendeten Mammuts versperrte ihm teilweise den Weg. Sein Mantel blieb an einem der Stoßzähne des Tieres hängen und riss ein. Draußen lagen drei weitere Riesen halb begraben unter Steinen, Schnee und hart gewordenem Pech. Er konnte sehen, wo das Feuer die Mauer geschmolzen hatte, wo sich durch die Hitze große Eisbrocken gelöst hatten und auf den geschwärzten Boden gedonnert waren. Er schaute nach oben, von wo sie
Weitere Kostenlose Bücher