Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
versuchte es ihr zu erklären. »Niemand außer Maester Aemon darf ihn besuchen, Mylady.«
»Wenn es in meiner Macht stünde, dürfte Manke seinen Sohn in die Arme nehmen.« Jons Lächeln war verschwunden. »Es tut mir leid, Val.« Er wandte sich von ihr ab. »Sam und ich müssen uns wieder unseren Pflichten zuwenden. Nun, jedenfalls Sam. Wir werden fragen, ob du Manke besuchen darfst. Mehr kann ich dir nicht versprechen.«
Sam blieb noch, um Goldys Hand zu drücken und ihr zu sagen, dass er sie nach dem Abendessen besuchen werde. Dann eilte er hinter Jon her. Vor der Tür standen Wachen, Männer der Königin mit Speeren. Jon war schon halb die Treppe hinunter, doch er wartete auf Sam, der ihm schnaufend folgte. »Du magst Goldy ziemlich gern, nicht wahr. Mehr als gern, oder?«
Sam errötete. »Goldy ist nett. Sie ist nett und hat ein gutes Herz.« Er war froh, dass dieser entsetzlich lange Albtraum hinter ihm lag, froh, dass er wieder bei seinen Brüdern in der Schwarzen Festung war … Doch in manchen Nächten lag er allein in seiner Zelle und dachte daran, wie warm Goldy gewesen war, wenn sie sich unter den Fellen aneinandergeschmiegt hatten, das Kind zwischen ihnen. »Sie … sie hat mich mutiger gemacht, Jon. Zwar nicht mutig , aber … mutiger eben.«
»Du kannst sie nicht hierbehalten, und das weißt du auch«, sagte Jon sanft. »Genauso, wie ich nicht bei Ygritte bleiben konnte. Du hast das Gelübde gesprochen, Sam, und ich auch. Wir alle haben es abgelegt.«
»Ich weiß. Goldy hat gesagt, sie wolle meine Frau werden, aber … ich habe ihr von unserem Gelübde erzählt und was es bedeutet. Ich weiß nicht, ob sie traurig oder glücklich darüber ist, aber jedenfalls habe ich es ihr erklärt.« Er schluckte nervös. »Jon, könnte nicht auch eine Lüge ehrenhaft sein, wenn … wenn sie einem guten Zweck dient?«
»Das käme auf die Lüge und auf den Zweck an, nehme ich an.« Jon blickte Sam an. »Ich würde es dir nicht raten. Du bist nicht zum Lügen geschaffen, Sam. Du wirst rot, deine Stimme wird schrill, und du fängst an zu stottern.«
»Das stimmt«, räumte Sam ein, »aber in einem Brief könnte ich lügen. Mit der Feder in der Hand bin ich viel besser. Ich hatte eine … eine Idee. Wenn sich die Lage wieder beruhigt hat, ist es vielleicht das Beste für Goldy … Ich dachte, ich könnte sie nach Hornberg schicken. Zu meiner Mutter und meinen Schwestern und meinem … meinem V-V-Vater. Wenn Goldy behaupten würde, das Kind stamme von m-mir …« Erneut wurde er rot. »Meine Mutter würde den Jungen aufnehmen, da bin ich mir sicher. Sie würde einen Platz für Goldy finden, als Dienstmagd; die Arbeit wäre nicht so hart wie bei Craster. Und Lord R-Randyll, er … er würde es zwar niemals zugeben , aber trotzdem wäre er vielleicht stolz, dass ich einen Bastard von einem Wildlingsmädchen habe. Zumindest würde
es beweisen, dass ich Manns genug bin, bei einer Frau zu liegen und ein Kind zu zeugen. Er hat mir mal gesagt, seiner Meinung nach würde ich bestimmt als Jungfrau sterben, denn keine Frau würde mich jemals … Du weißt schon … Jon, wenn ich das täte, wenn ich diese Lüge schreiben würde, wäre das nicht eine gute Tat? Das Leben, das der Junge hätte …«
»Wenn er als Bastard in der Burg seines Großvaters aufwächst ?« Jon zuckte mit den Schultern. »Das hängt in großem Maße von deinem Vater ab und natürlich von dem Jungen. Sollte er nach dir geraten sein …«
»Nein, bestimmt nicht. Schließlich ist ja Craster sein richtiger Vater. Du hast ihn gesehen, er war hart wie ein alter Baumstumpf, und Goldy ist zäher, als es aussieht.«
»Sollte der Junge im Umgang mit Lanze oder Schwert begabt sein, könnte er zumindest einen Platz in der Hauswache deines Vaters finden«, sagte Jon. »Es ist schon vorgekommen, dass Bastarde zu Knappen ausgebildet worden sind und es sogar bis zur Ritterschaft gebracht haben. Aber zunächst solltest du dich vergewissern, ob Goldy dieses Spiel auch überzeugend mitspielen kann. Nach dem, was du mir von Lord Randyll erzählt hast, bezweifle ich, dass er auf einen Betrug allzu freundlich reagieren würde.«
Auf der Treppe vor dem Turm waren weitere Wachen postiert. Dies waren allerdings Männer des Königs; den Unterschied hatte Sam rasch begriffen. Die Männer der Königs waren ebenso derb und gottlos wie die meisten anderen Soldaten, die Leute der Königin hingegen verehrten diese Melisandre aus Asshai und ihren Herrn des Lichts voller Hingabe.
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