Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
man einem treulosen Zwerg gegeben, damit sie ihm seine widerwärtigen Kinder gebiert, meine andere Tochter ist verschollen und vermutlich tot, und mein letzter Sohn sowie mein einziger Bruder zürnen mir. Was soll da nicht stimmen? Aber das alles würde Lady Maegen nicht hören wollen. »Dieser Regen ist böse«, sagte sie stattdessen. »Wir haben schon so viel erlitten, und vor uns liegen weitere Gefahren und weitere Trauer. Dem müssen wir uns tapfer stellen, während die Hörner verwegen erschallen und die Banner wild flattern. Aber dieser Regen trägt den Sieg über uns davon. Die Banner hängen schlaff und durchnässt herab, und die Männer verstecken sich in ihren Mänteln und sprechen kaum miteinander. Nur ein derart bösartiger Regen kann unsere Herzen so abkühlen lassen, wo sie doch eigentlich mit heißer Flamme brennen sollten.«
Derya Mormont blickte zum Himmel empor. »Ich lasse lieber Wasser als Pfeile auf mich herabregnen.«
Catelyn lächelte gegen ihren Willen. »Ihr seid tapferer als ich, scheint mir. Sind die Frauen auf der Bäreninsel alle solche Kriegerinnen?«
»Bärinnen, ja«, antwortete Lady Maegen. »Das müssen wir auch sein. In den alten Zeiten wurden wir häufig von den Eisenmännern in ihren Langbooten oder auch von den Wildlingen von der Eisigen Küste überfallen und ausgeraubt. Die Männer waren die meiste Zeit auf Fischfang draußen. Die Frauen blieben zurück und mussten sich und die Kinder verteidigen, sonst wurden sie verschleppt.«
»Auf unserem Tor gibt es eine Schnitzerei«, erzählte Derya. »Eine Frau in einem Bärenfell, die in einem Arm einen Säugling trägt, der von ihrer Brust trinkt. In der anderen hält sie eine Streitaxt. Gewiss ist sie keine richtige Dame, aber ich habe sie immer gemocht.«
»Mein Neffe Jorah hat einmal eine richtige Dame nach Hause gebracht«, sagte Lady Maegen. »Er hatte sie bei einem Turnier gewonnen. Wie sie diese Schnitzerei gehasst hat.«
»Ja, und überhaupt alles auf unserer Insel«, ergänzte Derya. »Sie hatte Haar wie gesponnenes Gold, diese Lynesse. Haut wie Sahne. Aber ihre weichen Hände waren nicht für die Axt geschaffen.«
»Und ihre Brüste auch nicht zum Stillen«, ergänzte ihre Mutter frei heraus.
Catelyn wusste, von wem sie sprachen; Jorah Mormont hatte seine zweite Frau zu Festen mit nach Winterfell gebracht, und einmal waren sie zwei Wochen zu Gast geblieben. Sie erinnerte sich daran, wie jung Lady Lynesse gewesen war, wie schön und wie unglücklich. Eines Nachts, nach mehreren Bechern Wein, hatte sie Catelyn gestanden, dass der Norden für eine Hohenturm aus Altsass kein Ort zum Leben war. »Es gab einmal eine Tully aus Schnellwasser, die fühlte sich einst genauso«, hatte sie freundlich geantwortet, weil sie die junge Frau trösten wollte, »doch mit der Zeit hat sie viel Liebenswertes entdeckt.«
Was sie alles wieder verloren hat, dachte sie. Winterfell und Ned, Bran und Rickon, Sansa, Arya, alles verloren. Nur Robb bleibt mir noch. Hatte zu viel von Lynesse Hohenturm in ihr gesteckt und zu wenig von den Starks? Ich wünschte, ich hätte gewusst, wie man eine Axt schwingt, vielleicht hätte ich sie dann besser beschützen können.
Ein Tag folgte dem anderen, und der Regen ließ nicht nach. Sie ritten den ganzen Blauen Arm hinauf, an Siebenbächen vorbei, wo der Fluss sich in ein Gewirr aus Bächen und Rinnsalen aufdröselte, dann durch Hexensumpf, wo grüne Teiche darauf lauerten, den Unachtsamen zu verschlucken, und der feuchte Boden an den Hufen der Pferde sog wie ein hungriges Kind an der Brust seiner Mutter. Sie kamen nicht nur äußerst langsam voran, sondern mussten auch die Hälfte der Wagen im Schlamm aufgeben und deren Ladungen auf Maultiere und Zugpferde verteilen.
Lord Jason Mallister holte sie mitten im Moor von Hexensumpf ein. Es blieb ihnen noch über eine Stunde Tageslicht, als er mit seiner Kolonne heranritt, doch Robb ließ sofort Halt machen, und Ser Raynald Westerling kam, um Catelyn zum Zelt des Königs zu geleiten. Ihr Sohn saß mit einer Karte auf dem Schoß neben einem Kohlenbecken, als sie eintrat. Grauwind lag zu seinen Füßen und schlief. Der Großjon war bei ihm, ebenso Galbart Glauer, Maegen Mormont, Edmure und ein Mann, den Catelyn nicht kannte, ein fleischiger Kerl mit kahlem Schädel und kriecherischem Gehabe. Der ist kein Lord, erkannte sie auf den ersten Blick. Nicht einmal ein Krieger.
Jason Mallister erhob sich und bot Catelyn seinen Platz an. In seinem Haar fand sich fast
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