Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
honigfarbenem Haar. Die Brüste sind zwar noch klein, aber sie hat gute Hüften. Das Mädchen kommt eher nach der Mutter als nach mir.«
Victarion wusste, das sollte heißen, dass die Kleine keinen Buckel hatte. Doch als er versuchte, sie sich vorzustellen, sah er nur die Frau, die er getötet hatte. Er hatte bei jedem Hieb geschluchzt, und hinterher hatte er sie zu den Felsen hinuntergetragen und sie den Krabben übergeben. »Ich werde mir das Mädchen gern anschauen, wenn ich gekrönt bin«, sagte er. Mehr durfte sich Hotho nicht erhoffen, und er watschelte zufrieden davon.
So leicht hatte er es mit Baelor Schwarzfluth nicht. Er saß, glatt rasiert und ansehnlich, in einem Lammwollgewand mit schwarz-grünem Grauwerk neben Victarion. Sein Mantel war aus Zobel und wurde von einer Fibel in Form eines siebenzackigen Sterns gehalten. Acht Jahre war er als Geisel in Altsass gewesen, und bei seiner Rückkehr hatte er die Sieben Götter
des Grünen Landes verehrt. »Balon war irre, Aeron ist noch irrer, und Euron ist mit Abstand der Irrste«, sagte Lord Baelor. »Was ist mit Euch, Lord Kapitän? Wenn ich Euren Namen rufe, werdet Ihr diesen irrsinnigen Krieg dann beenden?«
Victarion runzelte die Stirn. »Wollt Ihr etwa, dass ich das Knie beuge?«
»Wenn es sein muss. Wir können uns nicht allein gegen ganz Westeros behaupten. König Robert hat das zu unserem Leid bewiesen. Balon wollte den eisernen Preis für die Freiheit bezahlen, sagte er, aber unsere Frauen haben Balons Krone mit leeren Betten erkauft. Meine Mutter gehörte dazu. Der Alte Weg ist tot.«
»Was tot ist, kann niemals sterben; doch erhebt es sich von neuem, härter und stärker. In hundert Jahren werden Männer das Lied von Balon dem Beherzten singen.«
»Nennt ihn Balon den Witwenmacher. Ich würde seine Freiheit gern gegen einen Vater tauschen. Könnt Ihr mir einen geben?« Da Victarion nicht antwortete, schnaubte Schwarzfluth und ging davon.
Im Zelt wurde es heiß und rauchig. Zwei von Gorold Guthbruders Söhnen warfen bei einer Rauferei einen Tisch um, Will Demut verlor eine Wette und musste seinen Stiefel essen, der Kleine Lenwald Tauny fiedelte, während Romny Weber »Der Blutige Becher« und »Regen aus Stahl« und andere alte Räuberlieder sang. Qarl die Jungfrau und Eldred Dorsch tanzten den Fingertanz. Brüllendes Gelächter erhob sich, als einer von Eldreds Fingern im Weinbecher von Ralf dem Hinker landete.
Eine Frau gehörte zu denen, die am lautesten lachten. Victarion stand auf und sah sie am Zelteingang, wo sie Qarl der Jungfrau etwas ins Ohr flüsterte, woraufhin dieser ebenfalls lachte. Victarion hatte gehofft, sie wäre nicht so töricht, sich hier blicken zu lassen, und trotzdem musste er bei ihrem Anblick lächeln. » Asha«, rief er mit gebieterischer Stimme. » Nichte.«
Sie drängte sich zu ihm durch, schlank und geschmeidig
in ihren hohen Lederstiefeln voller Salzflecken, einer grünen Wollhose, einem braunen gesteppten Wams und einer ärmellosen, halb aufgeschnürten Lederweste. »Onkel.« Asha Graufreud war groß für eine Frau, dennoch musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn auf die Wange zu küssen. »Ich freue mich, Euch bei meinem Königinnenthing zu sehen.«
»Königinnenthing?« Victarion lachte. »Bist du betrunken, Nichte? Setz dich. Ich habe deine Schwarzer Wind nicht am Strand gesehen.«
»Ich habe unterhalb von Norne Guthbruders Burg angelegt und bin über die Insel geritten.« Sie setzte sich auf einen Hocker und nahm sich ohne zu fragen den Wein, der vor Nut dem Barbier stand. Nut erhob keinen Einspruch; er war bereits vor einiger Zeit betrunken zusammengesackt. »Wer hält die Stellung im Graben?«
»Ralf Kenning. Da der Junge Wolf tot ist, plagen wir uns nur noch mit den Sumpfteufeln herum.«
»Die Starks waren nicht die einzigen Nordmänner. Der Eiserne Thron hat den Lord von Grauenstein zum Wächter des Nordens ernannt.«
»Willst du mir eine Lektion in Kriegführung erteilen? Ich habe schon Schlachten geschlagen, als du noch die Milch deiner Mutter getrunken hast.«
»Und auch verloren.« Asha trank einen Schluck Wein.
Victarion ließ sich nicht gern an die Schöne Insel erinnern. »Jeder Mann sollte in seiner Jugend eine Schlacht verlieren, damit er keinen Krieg verliert, wenn er alt ist. Du bist doch nicht gekommen, um einen Anspruch geltend zu machen, hoffe ich.«
Sie schenkte ihm ein neckisches Lächeln. »Und wenn doch?«
»Es gibt Männer, die sich noch daran erinnern, wie du
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