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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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die Hosen herunter. Schnee fiel auf ihre blanken, blassen Ärsche und schmolz. Sie würden überleben, da blätterte nur ein wenig Stolz.
    Ein letztes Mal drehte er sich herum und besah sich jenen, der nie wieder aufstehen würde. Die Pistole lag ein wenig versetzt neben der vernarbten Hand, die in den Schnee gesunken war. Die Waffe sah alt aus, als hätte sie nicht den Schuss überstanden, der ihn hätte töten sollen. Mehr wie etwas, das kurz davor war, sich in seine Bestandteile aufzulösen.
    Anevay.
    Ihr Name hielt ihn fort von dem Schrecken. Als würde sie ihm eine Hand reichen, bevor er den Abgrund erkannte.
    Er ging. Als The Night Captain ! Aber ein Zeichen ließ er da. Ein kleines Mädchen stand oben hinter einem Fenster, hatte alles gesehen, war wach, nannte gute Augen ihr eigen, so, wie sie in der Jugend üblich waren.
     
    Er kotzte die Nacht aus seiner Kehle. Es brannte, er schluchzte, verfiel in Irrsinn, so erschien es ihm, bevor er erneut würgte, doch da kam nichts mehr. Nur noch leere Bilder.
    Robert hob den Kopf, schnappte nach Luft, stützte sich auf dem Klodeckel ab.
    ›Tot! Tot! Tot! Wie sollte er ihr das schreiben?‹
    Eines aber machte ihn schier wahnsinnig - er fühlte keine Scham, keine Reue, da war gar nichts, das er fühlte. ›Das durfte nicht sein, oder? Was hatte er getan?‹
    Wankend stand er auf, aktivierte sein Labyrinth. Seine Hand fühlte sich taub an, als er schrieb:
    Heute habe ich mit meinem Namen einen Mann getötet.
    Robert schluckte heftig.
    Jetzt gehört er für immer mir.
    Ich musste dir das schreiben.
    Verzeih mir.
    R.
     
    Jetzt war es Zeit, mit jemandem zu reden.
     

Sternenkunde
     
    Das Zischen der Kufen machte Liesel nervös, denn es erinnerte sie an die ebenso gezischten Worte, die noch immer in ihrem Kopf waren. Diese schreckliche Nacht, die alles verändert hatte, als man sie in den Schuppen gezogen und …
    Der Ort, an den sie gerufen worden war, machte es auch nicht besser. Die Decke aus schwarzer Schafwolle lag über ihren Beinen, Schneeflocken sammelten sich darauf. Ihre Hände waren fast taub und sie dachte an die kalte, frostige Wohnung, in der ihre Mutter noch immer hustete - immer leiser. Es war wirklich ein Maschinenwinter geworden. Vielleicht nicht so, wie die alten Sagen ihn beschrieben, aber dennoch.
    Die Lichter der wenigen Laternen zogen an ihr vorbei. Die Häuser hier waren dunkel und still, standen neben den Straßen, wie die verhüllten Kulissen eines viel größeren Lebens. Das der Götter.
    Die beiden Rentiere schnaubten dunstige Wolken, zogen brav die Last, der Kutscher ließ dennoch die Peitsche über ihre Rücken knallen, damit die Kutsche bei der Steigung nicht langsamer wurde. Liesel wollte etwas sagen, biss sich aber dann doch auf die Zunge. ›Was konnten die armen Tiere dafür, das der Park höher lag? War das nicht schon immer so gewesen?‹ Sie hielt den Mund, weil jede Gegenwehr sie anstrengte und stattdessen in einem Strudel aus Unsicherheit verschwand. Sie hatte es nicht verdient dort zu sein, wo sie war. 
    Ihre linke Wange schmerzte bei dem bitteren Lächeln, das sie aufgesetzt hatte Dort, wo die Faust sie zuerst getroffen hatte. Als sie den Steg entlang gegangen war, um den Nachhauseweg abzukürzen. Tränen kamen, als sie daran dachte, doch sie wischte sie fort. Sie war am Leben, nichts anders zählte. Nichts anderes.
    Der Schlitten hielt. Die hohen Bäume des Himmelsparks rechts von ihr waren groß, dunkel und schweigsam. Eine kurze Strecke ging es mitten durch den Park, der hier mehr wie ein Wald war und Liesel ballte die Fäuste. Nach wenigen Minuten kamen die Lichter des Planetariums in Sicht, die fahl durch die Schatten der Stämme drangen.
    Die Kutsche bog in den Weg, der zum Haupteingang führte. Der riesige Turm erhob sich düster in den Nachthimmel, umweht von Schneegestöber. Seine von Lichtern umkränzte Kuppel waberte wie die Krone eines Königs. Darüber, einen scharfen Umriss bildend, die allgegenwärtige Gestalt des allmächtigen Odins dessen Statue hier nur in einem metallenen Mantel mit einem Wanderstab verewigt war. Der suchende Gott, der Gott der Weisheit. Der Kutscher schnalzte einen Befehl, die Rentieren trabten aus und blieben stehen.
    Liesel schlug die Decke beiseite, kramte nach Kleingeld, doch der Mann drehte sich um, sein Bart lang und verfilzt, sagte nur, er sei bereits bezahlt worden. Bis genau hierher. Endstation.
    Sie bedankte sich, öffnete den Verschlag und stieg auf den schneeverwehten Weg. Ein

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